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Parsifal

Ein Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner

in deutscher Sprache
Aufführungsdauer: ca. 6 h (zwei Pausen)

Premiere im Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia am 25.Oktober 2008
(rezensierte Aufführung: 27. Oktober 2008)


Homepage

Palau de les Arts Reina Sofia, Valencia
(Homepage)
Gral an Erde….

Von Jochachim Lange / Fotos von Tato Baeza / Palau de les Arts Reina Sofia

Das futuristisch kühne Opernhaus in Valencia steht als architektonisches Kunstwerk längst für sich selbst. Der heimische Architekt Santiago Calatrava hat es dort im trocken gelegten Flussbett landen lassen. Und die aus Österreich stammende Intendantin des Palau de les Arts Reina Sofia, Helga Schmidt, versucht nun künstlerisch damit abzuheben, um ihr Haus nicht nur in Spanien neben Madrid und Barcelona zu platzieren, sondern auch zu einem Anziehungspunkt für reiselustige auswärtige Opernfans zu machen. Bei den Wagnerianern hat sie damit gute Chancen. Schon im dritten Betriebsjahr der neuen Oper steht der hauseigene Nibelungen-Ring, den La Fura dels Baus zumindest als bildmächtige Show in Szene setzen und für den Zubin Mehta ein konkurrenzfähiges Ensemble beisammen hat, kurz vor dem Abschluss. Mitte nächsten Jahres wird er dann zweimal als Gesamtzyklus durchlaufen.

Foto kommt später

Und nun gibt es auch noch einen Parsifal, der auf eine überraschende Art überzeugte. Lorin Maazel demonstrierte damit nämlich nicht nur das mittlerweile erreichte (Wagner-)Niveau des Orquestra de la Comunidad de Valencia. Wie Daniele Gatti gerade in Bayreuth gehört auch Maazel zu den Dirigenten, die sehr bedächtigen Schrittes das Gralsgebiet ausschreiten. Bei ihm währt der erste Akt (noch länger als bei Gatti) etwa zwei Stunden. Doch was dabei herauskommt, ist kein esoterisch vergrübeltes Zelebrieren, sondern ein sinnlich opulentes Durchpflügen der Musik, die weder den großen, auftrumpfenden Paukenschlag scheut, noch den Beinahestillstand. Dabei zügelt Maazel die Klangmassen, die aus dem offenen Graben aufsteigen, stets so, dass sie sich nie gegen die Sänger richten. Obwohl mehrheitlich ja vor einem nichtdeutschsprachigen Publikum liefern die ein geradezu referenzverdächtiges Muster an deutlicher Artikulation ab, das seinesgleichen sucht. Was sich vor allem im zweiten Aufzug (sängerisch) zwischen Kundry und Parsifal abspielt, hatte etwas von einer Sternstunde eines schon nicht mehr für möglich gehaltenen Wagnergesang. Während bei Christopher Ventris seinen aktuellen Bayreuther Parsifal an Intensität übertraf, konnte man bei Violeta Urmana miterleben, wie eine Sängerin da offenbar ihre Rolle gefunden hat. Vom höchsten erzählend melodischen Aufschwingen bis ins letzte Aufstöhnen hinein, kann dieser Kundry derzeit wohl niemand das Wasser reichen! Doch auch Evgueni Nikitins Amfortas verströmt sein Leiden geradezu, Stephen Millings läuft als Gurnemanz zur Hochform auf und Sergei Leiferkus hat genügend schräge Bosheit für einen überzeugenden Klingsor. Jedes Blumenmädchen individuell wahrnehmbar, der Chor exzellent.

Foto kommt später

Da aber Lorin Maazel (neben dem Quasihausdirigenten Zubin Mehta) in Valencia ohnehin (noch) der musikalische Chef ist, war es wohl der Name Werner Herzog, der zusätzliche Aufmerksamkeitspunkte einbringen sollte. Hat der Fitzcarraldo- Regisseur auch. Denn der Filmemacher mit den gelegentlichen Ausflügen auf die Opernbühne (Lohengrin 1987 in Bayreuth etwa) polterte kurz vor der Premiere erwartungsgemäß gegen die Oper, das Feuilleton, vor allem aber gegen das Regietheater los, was das Zeug hielt. Ließ die Personenregie dann über weite Stecken auch hübsch einfach bleiben (so aufgereiht und unbeteiligt hat im dritten Aufzug schon lange keine Ritterschaft das Aufbegehren ihres Königs verfolgt), verkniff sich dann aber doch ausgerechnet die da üblichen selbstreferenziellen Pointen nicht. Der brav von der Seite wie mit einer Sänfte hereingetragenen Kelch ist eine Nachbildung des vor Ort in der Kathedrale von Valencia verehrten Gefäßes und am Ende ist es das Opernhaus selbst, das wie ein Raumschiff im sternenfunkelnden All entschwindet. Die Bühne beherrschen die riesigen Eisschollen, für die sich Bühnenbildner Maurizio Baló von Herzogs Antarktis-Dokumentarfilm Encounters at the End of the World inspirieren ließ. Dazwischen senkt sich bei der Gralsenthüllung eine Art Empfangsschüssel fürs Überirdische. Auch die dunkle Klingsorhöhle, bei der man sich am Grunde eines Kraters wähnt, ist zwar einigermaßen eindrucksvoll, vermittelt aber zumindest eine Atmosphäre von Kälte und Einsamkeit. Doch darin dominiert dann konventionelles Rampenstehen oder lauschend und leidendes Hinstrecken der Akteure, das pure Herein- und Herausmarschieren des Chores, das nett arrangierte Blumenmädchenwogen im roten Korallenriff oder der schlichte Theatertrick. Wenn der enthüllte Kelch leuchtet und es im Lichtkegel nach oben zu dampft, der von Klingsor geworfene Speer dann plötzlich in Parsifals Händen ist oder die Bauteile des Kraters beim Untergang der Klingsor-Burg einfach ein Stück auseinanderrücken. Besonders originell ist das alles nicht, war aber auch nicht versprochen. So verdampft denn das angedeutete Mystische bei der Gralsenthüllung im Effekt, bleibt das kosmisch Universelle ein Blick ins All und das Untergründige die dunkle Tiefe eines Kulissenkraters. Die Sänger freilich schlagen aus ihrer spielerischen Unterforderung hemmungslos jede Menge Kapital! Und machen diesen Parsifal vor allem zu einem musikalischen Erfolg!


FAZIT

Für ein wagemutiges Unternehmen hat man in Valencia szenisch auf einen vermeintlich provozierenden Namen gesetzt, doch vor allem musikalisch gewonnen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Lorin Maazel

Inszenierung
Werner Herzog

Bühne und Kostüme
Maurizio Balò

Kostüme
Franz Blumaer

Licht
Guido Levi


Orquesta de la
Comunitat Valenciana


Solisten

Amfortas
Evgueni Nikitin

Titurel
Alexander Tsymbalyuk

Gurnemanz
Stephen Milling

Parsifal
Christopher Ventris

Klingsor
Sergei Leiferkus

Kundry
Violeta Urmana

1. Gralsritter
Andreas Scheibner

2. Gralsritter
Vicec Esteve

Blumenmädchen
Talia Or
Deborah van Reterghem
Mireia Pintó
Silvia Vázquez
Eugenia Behencourt
Lani Radner

Vier Knappen
Slivia Vázquez
Lani Poulson
Antonio Lozano
Saverio Fiore

Stimme aus der Höhe
Maria Radner






Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Palau de les Arts
Reina Sofia, Valencia

(Homepage)



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