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Rigoletto
Oper in drei Akten
Libretto von Francesco Maria Piave nach Victor Hugo Le roi s'amuse
Deutsche Übertragung von Bettina Bartz und Werner Hintze
Musik von Giuseppe Verdi


In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden 15 Minuten (keine Pause)

Premiere am 20. September 2009 an der Komischen Oper Berlin
(rezensierte Aufführung: 10. Dezember 2009)


Homepage

Komische Oper Berlin
(Homepage)
„Es ist wie ein Lachen, das stirbt“

Von Ursula Decker-Bönniger

Neben der 1986 an der Deutschen Oper Berlin entstandenen Rigoletto-Inszenierung von Hans Neuenfels und dem an Verdi und Hugo erinnernden „Vatikan-Krimi“, dem „Fall Rigoletto“ an der Oper Neukölln, brilliert vor allem die Komische Oper in Berlin mit einer auch melodramatische Elemente der Volksbühne des 19.Jahrhunderts aufgreifenden Neuinszenierung ihres designierten Intendanten Barrie Kosky.

Wenn nach dem Orchestervorspiel die Einleitungsszene dieser 1851 im Teatro Fenice in Venedig uraufgeführten Oper mit den Festklängen am Hofe des Herzogs von Mantua beginnt, bleibt die Bühne ein leerer, alptraumatischer Raum ohne Ecken, Türen und Fenster, in dem sich ein gigantisches, ausgestelltes, weißes Kleid mit Rüschen und silbrig glitzernden Verzierungen erhebt. Aufgesteckt ist eine dieser clownesken, segelohrigen Pappmaché-Köpfe, die man aus diversen Karnevalsumzügen kennt. Anstelle lustiger Festgesellschaftsunterhaltung hört man herzzerreißendes Kinderschreien.
Abgedrehte Unterhaltungskomik am absolutistischen Hofe oder Psychodrama eines ein Doppelleben führenden, entfremdeten Hofnarren, der mit tragischer Blindheit an der Entführung, Entehrung seiner eigenen Tochter mithilft, Rache schwört und schließlich seine fatale Vernichtung erkennen muss?

Der australische Regisseur Barrie Kosky rückt in seinen ästhetischen, choreographisch ausgefeilten bewegten Bildern die musikdramatischen Elemente des Rigoletto eindrucksvoll in den Vordergrund. Zwischen Wirklichkeit und Groteske bzw. ihrer emotionalen Verarbeitung wechselnd wird das Operngeschehen aus der Perspektive der von Verdi differenziert gestalteten Figur des Rigoletto dargestellt. Aus seinem gigantischen Rock purzeln die weiteren Figuren der Oper, in ihn kehren sie wieder zurück.

Zugleich beschränkt sich das Spiel auf der Bühne auf wenige, multifunktionale Requisiten: z.B. die Zauberkiste, die Figuren entstehen und verschwinden lässt, auf der man sich im Duett erzählend niederlässt, in die Gilda vor dem Herzog flieht bzw. von ihrem Vater eingesperrt wird oder das schwarze Tuch, mal Umhang, mit dem der Herzog Gilda zu verführen weiß, mal Zaubertuch, mit dem Rigoletto am Schluss verzweifelt seine Tochter zum Leben erwecken will. Ebenso mutiert der auch von Verdi funktional eingesetzte Chor der Höflinge grotesk mal zu tanzenden Affen, mal zu clownesken Monstern. Und es ist ein grandioses Opernerlebnis, wie Kosky dadurch Verdis an Montage erinnernden Kompositionstechnik, die Vielschichtigkeit und Kontrastivität, die emotionale und atmosphärische Dichte seiner Musik ins Blickfeld rückt, ja geradezu akzentuiert, z.B. wenn im zweiten Akt die Höflinge in spannungsvoller Erwartung auf die Reaktion Rigolettos ungeduldig stampfen oder wenn die durch Lautsprecher ertönende, von Becken- und Trommelschlägen konterkarierte Bühnenmusik-Einlage die Emotionalität expressiv auf die Spitze treibt.

Engagiert, transparent, ausdrucksstark und spannungsvoll gestaltend präsentierten sich Chor und Orchester der Komischen Oper Berlin unter der Leitung des jungen Patrick Lange. Vor allem der Chor überzeugte mit seiner transparenten, dynamisch variierenden, sehr artikuliert und rhythmisch akzentuierten Darbietung. Hector Sandoval ist ein dramatischer Herzog von Mantua, der auch die lyrischen Momente in Arien und Duetten hervorzuheben weiß. Dass auch seine Arien - abgesehen von „La donna è mobile“- in deutscher Sprache gesungen werden, mag der Tradition der Komischen Oper entsprechen, nicht aber dem tenoralen Glanz und der melodischen Süße seiner Arien, für die auch die Sprachmelodie des Italienischen nicht unbedeutend ist.

Christopher Robertson stellte dem dramatischen Rächer Rigoletto die Empfindsamkeit des Menschen gegenüber. Besonders anrührend gestaltete er die schluchzenden, flehenden, schreienden, tragischen Gefühlsausbrüche im zweiten Akt bzw. am Schluss der Oper. Mit viel Szenenapplaus vor allem auch in den Duetten bedacht war Brigitte Geller als Gilda. Wie sie die Phrase „willst du mir niemals Vertrauen schenken“ weich ansetzt, leise und doch farblich schillernd gestaltet und der Gilda neben dramatischen auch zarte, zerbrechlich leichte Farben entlockt, ist ein Genuss.


FAZIT

Ein faszinierendes, rundum stimmiges, nicht nur Verdi-Liebhaber begeisterndes Opernerlebnis. (Die ca. 1340 Sitzplätze der Komischen Oper waren übrigens bis auf wenige Restplätze mit überwiegend jungen Leuten gefüllt.)


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrick Lange

Inszenierung
Barrie Kosky

Bühnenbild und Kostüme
Alice Babidge

Chöre
Robert Heimann

Dramaturgie
Ingo Gerlach



Chor und Chorsolisten der
Komischen Oper Berlin

Orchester der
Komischen Oper Berlin


Solisten

Herzog von Mantua
Hector Sandoval

Rigoletto
Christopher Robertson

Gilda
Brigitte Geller

Sparafucile/ Monterone
Tilmann Rönnebeck

Graf von Ceprano/
Gerichtsdiener
David Willias

Gräfin von Ceprano/
Maddalena/Giovanna/Page
Christiane Oertel

Marullo
Mirko Janiska

Borsa
Thomas Ebenstein



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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