Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Giulio Cesare in Egitto
(Julius Caesar)


Oper in drei Akten, HWV 17
Text von Nicola Francesca Haym
nach einem Libretto von Giacomo Francesco Bussani
Musik von Georg Friedrich Händel


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Aufführungsdauer: ca. 3 h 40' (zwei Pausen)

Premiere an der Sächsischen Staatsoper Dresden am 13. Dezember 2009


Homepage

Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Cleopatra im Schaumbad

Von Joachim Lange / Fotos von Matthias Creutziger

Gerade noch rechtzeitig, kurz vorm Ende des großen Gedenkjahres, brach jetzt in der Dresdner Semperoper Händels Giulio Cesare nach Ägypten auf. Diese populärste Oper des europäischen Barockmeisters liefert nicht nur wunderbaren, wie an einer Perlenschnur aufgefädelten Arien-Genuss der eher elegisch schwelgerischen Art, sondern eben auch eine Story, die den Zusammenprall der Kulturen auf geradezu beklemmend aktuelle Weise vorweg nimmt. Schon hier interveniert eine Führungsmacht, um ihre Weltherrschaft zu sichern; und an der Peripherie Ordnung zu schaffen. Dieser Giulio Cesare ist nach seiner Ankunft am Nil nämlich, ob er will oder nicht, in den Machtkampf zwischen Cleopatra und ihrem Bruder verwickelt.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Geschwisterliebe auf ägyptisch: Tolomeo und seine Schwester Cleopatra

Dass es hier tatsächlich eher um einen Clash der Kulturen geht und weniger um ein Multikulti-Happening, ist für den Regisseur Jens-Daniel Herzog das Thema seiner Inszenierung. Dabei langt er tief in die Kiste mit den cineastischen Klischee-Vorräten, versucht sich an der vor allem choreographierten Parodie der Da-Capo Arien und hat offenbar keine Scheu davor, sie in die pure Albernheit eskalieren zu lassen. Manchmal behauptet er dann aber auch eine Fallhöhe von Ernst, die aber im nächsten Moment gleich wieder kassiert wird.

Dafür hat Ausstatter Mathis Neidhardt Allzweck-Wände mit blätterndem Putz in warmen mediterranen Farben auf die Bühne gestellt, die den Einheits-Raum im Handumdrehen unterteilen und damit verwandeln können. Wenn die Römer, die hier aussehen wie kurzbehoste britische Kolonial-Soldaten aus dem vorigen Jahrhundert, am Nil landen, dann haben sie es ziemlich eilig, während der ägyptische Straßenkehrer in aller Ruhe seinem Tagwerk nachgeht. Diese eher harmlose Differenz zweier Kulturen in ihrem Verhältnis zur Zeit wird auf den poltischen Punkt gebracht, wenn die Ägypter ihren hohen Gast damit zu erfreuen hoffen, dass sie ihm seinen, innenpolitischen Gegner Pompeo übergeben, der zu ihnen geflohen war. Dass sie ihm freilich nur den Kopf überreichen, löst bei den Römern Entsetzen aus, während sich die ägyptischen Herrscher darüber vor Lachen ausschütten.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Cleopatra kämpft um die Macht

Die Inszenierung von Herzog hat da ihre starken Momente, wo es gelingt, diese kulturelle Differenz schlüssig in ein Bild zu übersetzten. So wie bei der offiziellen Begegnung von Cäsar und Tolomeo, die sich zwar für die Pressebilder anlächeln, aber das, was sie denken, offensichtlich für sich behalten, während ihre Begleitung eine Art Staatsbesuchsballett aufführt. So schlüssig freilich bleibt es nicht immer. Cleopatra im Schaumbad - das kriegte Liz Taylor eben doch besser hin und der drollige Witz des zahmen Haus-Löwen zu ihren Füssen, der wird mit der Zeit auch zum Kalauer. Gänzlich vom immerhin atmosphärisch stimmigen cineastischen Klischee zum Comic wechselt die Szenerie, wenn Cäsar in Cleopatras Badezimmer ein halbes Dutzend Attentäter mit links erledigt und dann geradewegs durch die Wand verschwindet.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Cleopatra nach dem Bade….. Cesar ist durch die Wand auf und davon

Um richtig klar zu machen, wer hier der eigentliche schlimmer Finger ist, erschießt Cleopatras böser Bruder bei seinem Putschversuch nacheinander sämtliche Gefolgsleute der gefangenen Schwester per Kopfschuss. Was da schon reichlich bemüht wirkt, wird aber nachträglich zum puren Gag, wenn Cleopatra diese Toten nacheinander durch Ohrfeigen oder energisches Aufstampfen mit dem Fuß wieder ins Leben zurückholt. Außer den verräterischen Achilla (Christian Pohl), der nicht nur vergeblich die Seiten wechselt und die versprochene Witwe Pompeos, Cornelia, nicht bekommt, sondern auch noch seinen Skalp verliert. Vorher hatte er noch einen Bombenkoffer für einen großen finalen Knall scharf gemacht. In der Schlussszene dann bei der politisch privaten Versöhnung, die mit gegenseitigen Geschenken und einer öffentlich zelebrierten Staatsliebschaft zwischen Cesare und Cleopatra in einem großen Prunkbett begangen wird, kann diese Koffer-Bombe zwar gerade noch entschärft werden, aber das gegenseitige Misstrauen explodiert dafür umso handgreiflicher. Barockoper als Diagnose für die heutige Weltlage. In Dresden greift die zumindest da, wo sie sich nicht in allzu blödelnder Albernheit verliert.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Cesar in der Mitte seiner Truppen

Musikalisch bewältigt die Sächsische Staatskapelle den Ausflug auf das ihr ja doch eher fremde musikalische Terrain unter Alessandro De Marchis kenntnisreicher Leitung mit zunehmender Innigkeit. Anfangs etwas zu großgedacht, findet das Orchester auch jenseits der mittlerweile üblichen historischen Musizierweise zu einer überzeugenden Form. Auch wenn Anke Vondungs Stimme nicht immer die für die Semperoper eigentlich nötige Durchschlagskraft hat, ist sie doch ein geschmeidiger, technisch höchst überzeugender Cesare. Mit stimmlicher und darstellerischer Vehemenz profiliert Laura Aikin ihre Cleopatra. Herausragend ist Janja Vuletic als rachedurstiger Pompeo-Sohn Sesto an der Seite seiner Mutter Cornelia, die Christa Mayer mit dunkel leuchtenden Leidenstönen ausstattet. Sowohl Christopher Field als Cleopatras Vertrauter Nireno, vor allem aber Max Emanuel Cencic als Tolomeo steuern erstklassige Counterpartien bei.


FAZIT

Auch wenn diese Dresdner Händelproduktion nicht ganz die Möglichkeiten ausschöpft, die man heute im Umgang mit der Barockoper hat, ist sie doch eine insgesamt lohnende Ergänzung für ein Haus, in dem sonst Wagner und Strauss das Sagen haben.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alessandro De Marchi

Inszenierung
Jens-Daniel Herzog

Ausstattung
Mathis Neidhardt

Choreographie
Ramses Sigl

Licht
Stefan Bolliger

Choreinstudierung
Christof Bauer



Chor der Sächsischen
Staatsoper Dresden

Sächsische Staatskapelle
Dresden


Solisten

Giulio Cesare
Anke Vondung

Cornelia
Christa Mayer

Sesto
Janja Vuletic

Cleopatra
Laura Aikin

Tolomeo
Max Emanuel Cencic

Achilla
Christoph Pohl

Curio
Steffen Rössler

Nireno
Christopher Field



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2009 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -