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Restaurantbesuch beim Spanier
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Thilo Beu Carmen im spanischen Restaurant mitten im Ruhrpott: Die Spanien-Sehnsucht in dieser französischen Oper wird auf die trübe Gegenwart projiziert, aus den Soldaten werden die Bediensteten eines Wachdienstes, Arbeiterinnen und Schmuggler gibt's auch in der nordrheinwestfälischen Gegenwart. Dietrich Hilsdorfs inzwischen fast 12 Jahre altes Regiekonzept trägt im Repertoire immer noch, auch wenn es an Schärfe und Überraschungsmomenten verloren hat. Abnutzungserscheinungen zeigen sich weniger daran, dass in der hier besprochenen Aufführung nur hinter zwei von drei Fenstern Regen fällt, sondern in der ziemlich unscharf gewordenen Personenregie, deren Genauigkeit bei Premieren ja eines von Hilsdorfs Markenzeichen ist. Recht gut funktionieren immer noch die Ensembleszenen (was allerdings machen dazwischen die beiden völlig deplatziert wirkenden klassischen Tänzerinnen? War die Choreographie bei der Premiere auch schon so gruselig schlecht?), die Hauptdarsteller stehen aber oft recht konventionell an der Rampe herum. Ort der Handlung: Ein mediterranes Restaurant in Gelsenkirchen, Bochumer Str. 99
Bea Robein, die Sängerin der Titelpartie, lies sich als indisponiert ankündigen, was eine angestrengt klingende hohe Lage und vielleicht auch noch die teilweise sehr ungenaue Intonation entschuldigen mag. Sie hat eine attraktive Stimme, deren für die Partie eingedunkeltes Timbre nicht sehr natürlich wirkt. Für die femme fatale fehlt es ihr aber entschieden an vokaler, noch mehr an szenischer Souveränität. In dem steifen und hölzern geradeaus gesungenen Escamillo von Almas Svilpa (der in diversen Wagner-Partien sehr viel bessere Eindrücke hinterlassen hat) findet sie auch keinen wirklich attraktiven Gegenpart. So ist andere Paar das deutlich überzeugendere: Thomass Piffka stattet den Don José zwar nicht gerade mit französischer Eleganz und Geschmeidigkeit aus, imponiert aber mit glanzvoller und klangschöner tenoraler Präsenz. Inna Los gestaltet eine feurige und zupackende Micaëla mit voller, mitunter auch dramatisch auflodernder Stimme (die sich in der hohen Lage ein wenig verengt) das ist nicht wie so oft das unscheinbare und langweilig brave Mädchen vom Land, sondern eine sehr präsente junge Frau, die musikalisch wie szenisch die Titelfigur locker in den Schatten stellt. Den Stierkampf muss man im Ruhrgebiet schon selbst nachspielen.
Durchweg überzeugend sind die übrigen Partien besetzt, wobei Anett Fritsch als Frasquita sich (nicht immer ensemblefreundlich) mit großer Stimme für höhere Aufgaben empfiehlt. Sehr souverän singt und spielt auch der Chor, auf gewohnt hohem Niveau spielen die Essener Philharmoniker. Kapellmeister Noam Zur beginnt mit einer vordergründig knalligen Overtüre, findet dann aber bei den leisen Stellen einen berückend schönen Mischklang. Insgesamt wird daraus keine unbedingt große Interpretation, aber eine bis auf ein paar kleine Wackler sehr solide geleitete Aufführung auf gutem Niveau.
Keine glanzvolle, aber eine sehr ordentliche Repertoireaufführung, ein wenig getrübt durch die nicht sehr glücklichen Besetzungen der Titelpartie und des Escamillo. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild und Kostüme
Choreinstudierung
Kinderchor
Choreographie
Szenische Leitung
Solisten
Lillas Pastia, Wirt
Inez, seine Tochter, Kellnerin
Isabella, ihre Schwester, Kellnerin
Frasquita, Köchin
Mercédès, Köchin
Carmen
Don José
Micaela
Zuniga, Wachmann
Moralès, Wachmann
Dancairo, Schmuggler
Remendado, Schmuggler
Escamillo, genannt "Torero"
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