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Musiktheater
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The Tempest (Der Sturm)

Oper in drei Akten
Text von Meredith Oakes
nach dem gleichnamigen Schauspiel von William Shakespeare
Musik von Thomas Adès


In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Premiere an der Oper Frankfurt am 10. Januar 2010

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Oper Frankfurt
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Die Welt als Würfel und Vorstellung

Von Joachim Lange / Fotos von Monika Rittershaus

Dieser Abend in Frankfurter Oper war in mehrfacher Hinsicht very british. Nicht nur, weil der 1971 in London geborene, vielseitig begabte und erfolgreiche Thomas Adès mit erheblichem Komponistenmut vor Dichterthronen nichts Geringeres als William Shakespeares vielschichtiges Spätwerk The Tempest (Der Sturm) zur Oper gemacht hat. Mit Keith Warner inszeniert auch ein in Frankfurt fast schon zum Haus gehörender Brite diese gelungene und durchaus repertoireträchtige Shakespeare-Veroperung fünf Jahre nach der Uraufführung in Covent Garden die deutsche Erstaufführung.

Vergrößerung in neuem Fenster Adrian Eröd (Prospero)

Für die sinnlich ausladende, virtuos und wirkungssicher auf die Prachtentfaltung des großen Orchesters setzende Komposition von Adès bietet Meredith Oakes dreiaktiges Libretto jede Menge poesievollen Text. Sie hat Shakespeares Schauspiel verdichtet, aber dessen vertrautes Personal und den Kern der Handlung beibehalten.

Mit einem Sturm der Töne, Worte und Figuren beginnt dieses nicht nur dunkel poetische, sondern auch politisch relevante Inselexperiment des aus dem Amt vertriebenen Mailänder Herzogs Prospero. Der will sich für erlittenes Unrecht an seinen Feinden rächen, indem er sie durch einen Sturm mit daraus folgendem Schiffbruch in seine Gewalt bringt. Im weiten Mantel sitzt dieser gestürzte Herrscher auf Zauberer- und Rächerabwegen, ganz so wie ein Dichter-Alter Ego an einer Schreibmaschine in der Mitte eines Riesenwürfels, und imaginiert sich seine Welt.

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v.l.n.r.: Richard Cox (Alonso) und Michael McCown (Antonio; oben) sowie Adrian Eröd (Prospero; im Hintergrund sitzend)

Die Wände dieses Arbeitszimmer- oder Zauberwürfels haben riesige kreisrunde Öffnungen. Hin zu der Welt, die er sich in Gestalt des Luftgeistes Ariel und des notdürftig domestizierten Wilden Caliban unterworfen hat. Oder die er sich mit seinen Zauberkräften erfindet. Hinter dem Würfel hat Boris Kudlièka eine im Halbrund eine gewaltige Bibliothek für Prosperos Bücher gesetzt. Auch der gelegentlich auftauchende Chor aus merkwürdig geisterhaften Lesern verweist auf das magisch in die Wirklichkeit eingreifende Potenzial dieses Bücherwissens. Prospero beherrscht diese selbstgeschaffene Welt so lange, bis seine Macht ausgerechnet an der erwachenden Liebe seiner Tochter Miranda zum gestrandeten Königssohn Ferdinand zerbricht.

Vergrößerung in neuem Fenster Adrian Eröd (Prospero) und Cyndia Sieden (Ariel)

So wie anfangs die Gesellschaft der Schiffbrüchigen aus dem Bühnenhimmel in den Würfel gepurzelt waren, so dringen jetzt, mit der schwindenden Macht Prosperos die Naturkräfte in Gestalt eines archaisch, amorphen Gesteinsbrockens übermächtig in seinen geistigen Raum. Die zentrale Stellung die Herzogs auf Zauberer-Abwegen füllt Adrian Eröd mit imponierend kraftvoller Artikulation und darstellersicher Präsenz aus. Im Habitus ähnelt der Ariel von Cyndia Sieden zwar mehr seiner Sekretärin, doch vermag sie dessen luftige Natur vor allem durch ihre treffsicher schwindelerregenden Koloraturhöhen nachvollziehbar zu machen. Während Claudia Mahnke als Miranda und Carsten Süß als Ferdinand ihr Liebesglück blumenbekränzt in der Tonne melodiös auskosten dürfen, profilieren sich vom übrigen Ensemble vor allem Peter Marsh mit dem Widerstandsgeist seines Insel-Wilden Caliban und Richard Cox als historisch ausstaffierter König Alonso vor allem mit dem Leid des unglücklichen Vaters über den vermeintlichen Verlust seines Sohnes.

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Peter Marsh (Caliban)

Am Pult des Museumsorchesters schließlich vermag es Johannes Debus, mit Umsicht und Leidenschaft die vielschichtig sinnliche Musik von Adès vor allem in ihrer dramatischen Poesie aufleuchten zu lassen. Berührend in den versöhnlichen Ensembleszenen des dritten Aktes, betörend im Verdämmern, wenn Caliban und Ariel allein zurückbleiben.


FAZIT

Der Oper Frankfurt wurde die szenisch angemessene und musikalisch beeindruckende deutsche Erstaufführung einer neueren Oper bejubelt, deren Nachspielen sich auch in anderen Häusern lohnen würde. Jubel in Frankfurt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Johannes Debus

Regie
Keith Warner

Bühnenbild
Boris Kudlièka

Kostüme
Jorge Jara

Videosequenzen
Bibi Abel

Licht
Davy Cunningham

Chor
Michael Clark

Dramaturgie
Norbert Abels


Chor der Oper Frankfurt

Frankfurter Museumsorchester


Solisten

Miranda, Prosperos Tochter
Claudia Mahnke

Prospero, Herzog von Mailand
Adrian Eröd

Ariel, ein Geist
Cyndia Sieden

Caliban, ein Wilder
Peter Marsh

Ferdinand, Sohn König Alonsos
Carsten Süß

Stefano, betrunkener Diener
Magnus Baldvinsson

Trinculo, Narr
Christopher Robson

Antonio, Prosperos Bruder
Michael McCown

Sebastian, Bruder König Alonsos
Sungkon Kim

Gonzalo, ehrlicher Ratsherr
Simon Bailey

Alonso, König von Neapel
Richard Cox



Weitere Informationen


Oper Frankfurt
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