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Die Frau ohne Schatten

Libretto von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

In deutscher Sprache mit italienischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h (zwei Pausen)

Premiere am Teatro Comunale Florenz am 29. April 2010
im Rahmen des 73. Maggio Musicale Fiorentino


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Maggio Musicale Fiorentino
(Homepage)
Musikalischer Glanz im szenischen Halbschatten

Von Joachim Lange / Fotos vonm Maggio Musicale Fiorentino



Was in Mailand im Dezember die Inaugurazione, also die Saisoneröffnung der Scala ist, das ist in Florenz der Maggio Musicale. So ungefähr jedenfalls. Zwar auch mit Tamtam, Schauspiel- und sonstiger Prominenz, inklusive Gardesoldaten am roten Teppich. Ob das so bleibt, wird sich zeigen, schon die Folgevorstellungen nach der hier besprochenen Premiere wurden bestreikt und zwar als Reaktion auf einen gesetzlichen Vorstoß der Regierung, der den verbliebenden 14 Opernhäusern in Italien das Wasser abzugraben droht und die Theaterlandschaft, so wie sie ist, drastisch verändern wird.

Doch auch bislang war der Maggio Musicale eher ein regionales Ereignis, das nicht an das nationale Großspektakel in Mailand heranreicht. Schon weil die traditionsreiche Scala bislang eine Sonderstellung hatte. In Florenz versuchte gleichwohl der musikalische spiritus rector Zubin Mehta hier an den etwas verblichenen, früheren Glanz des mittlerweile schon zum 73. Mal stattfindenden Musiksommers anzuknüpfen, indem er voll auf Wagner und Strauss setzt. So hat er in den letzten Jahren, in Koproduktion mit Valencia, einen in seiner Bilderübermacht zwar kontroversen, aber musikalisch unstrittigen Ring gestemmt. Und auch die Opern von Richard Strauss gehören in Florenz nicht etwa zu den exotischen Ausnahmen, sondern sogar zu den Programm-Favoriten. Was im Lande Verdis und des Belcanto ja durchaus nicht selbstverständlich ist. Die aktuelle Frau ohne Schatten jedenfalls ist immerhin schon die 15. Strauss-Produktion nach dem Krieg.

Vergrößerung Die Kaiserin und die Amme

Wirklich überzeugende Interpreten für die anspruchsvollen Partien zu finden, scheint auch hier ein Problem zu sein. So kommt man hier jedenfalls an das hervorragende Standardniveau eines Opernhauses wie Frankfurt nur ansatzweise heran. Albert Dohmen etwa investiert zwar viel Erfahrung, aber auch einige Mühe in seinen eher schemenhaft bleibenden Barak, während Elena Pankratova eine streckenweise durchschlagende, im Ganzen aber unausgeglichene Färbersfrau liefert und Lioba Braun die Amme zwar mit einer übertreibenden Bühnenhexen-Gestik profilierte, aber stimmlich eher diffus bleibt. Als Kaiserin überzeugte Adrianne Pieczonka da schon eher, während Torsten Kerl mit seinem fokussiert eingesetzten Tenor als Kaiser nicht nur die schmetternde Emphase, sondern auch die eher nachsinnenden Passagen erstaunlich souverän bewältigt.

Vergrößerung

Daheim beim Färber und seiner Frau

Das lag vor allem am eigentlichen Star des Abends. Zubin Mehta verleiht nämlich am Pult des transparent und sicher aufspielenden Orchesters des Maggio Musicale Fioretino dieser märchenhaften Menschenoper ihr eigentliches Profil. Er verzichtete auf jede Bedeutungshuberei, setzt stattdessen unverhohlen auf die Schönheit der Musik und erreicht mit samtweichen Streichern und wunderbar dosierten Bläsern eine fast schon heitere und abgeklärte Klangnoblesse. Er fand mit seinem Sinn fürs erzählende Detail und den großen Bogen der Botschaft zu jener Suggestionskraft, die die Szene in ihrer illustrierenden Bebilderung im Grunde durchweg umgeht.

Vergrößerung Die höheren Mächte sind am Werk

Regisseur und Ausstatter Yannis Kokkos setzt nämlich zunächst auf eine märchenhafte Scherenschnitt-Ästhetik. Wobei das Videowabern im Hintergrund zwischen Farbspielen und kosmischen Assoziationen nur eine atmosphärische Illustration der Kaiserwelt bleibt und der stilisierte Armeleute-Realismus die Welt von Barak und seiner Frau nur andeutet. In Sichtweite der psychologisierenden Schichten von Hofmannsthals und Strauss' parabelhafter Geschichte gerät er dabei nicht. Immerhin verschwindet der metaphorische Schatten der Kaiserin erst durch einen von unten leuchtenden Weg zur Rampe und das meistens herrschende Halbdunkel tatsächlich, um dann übergroß aufzutauchen. Am Ende, wenn die allzu konventionelle und rampenorientierte Personenregie in einem symmetrischen Tableau kulminiert, soll das wohl auf die fortan glückliche Zukunft der beiden Paare verweisen.

Vergrößerung

Das Trugbild des schönen Jünglings

Diese Oper, in ihrer anspielungsreichen Komplexität auf eine beglückend klangleichte Art wirklich ernst zu nehmen, das blieb dem zu Recht gefeierten Zubin Mehta vorbehalten, dem sein Orchester und Ensemble ein „Happy Birthday“- Ständchen hinzufügte. Dass der Szene jede echte Ambition fehlte, störte in Florenz offenbar niemanden.


FAZIT

Diese Frau ohne Schatten war vor allem ein Ereignis, das im Graben stattfand und von dort aus faszinierte. Immerhin hatte zumindest das Premierenpublikum das Glück, der gerade beginnenden Streikwelle zuvor zu kommen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Zubin Mehta

Inszenierung und Ausstattung
Yannis Kokkos

Video
Eric Duranteau

Choreografie
Marco Berriel

Chor
Piero Monti

Dramaturgie
Anne Blancard



Orchestra e Coro del
Maggio Musicale Fiorentino


Solisten

Der Kaiser
Torsten Kerl

Die Kaiserin
Adrianne Pieczonka

Die Amme
Lioba Braun

Der Geisterbote
Samuel Youn

Ein Hüter der Schwelle des Tempels
Daniella Schillaci

Die Erscheinung eines Jünglings
Emanuele D'Aguanno

Die Stimme des Falken
Chen Reiss

Eine Stimme von oben
Manuela Bress

Barak
der Färber
Albert Dohmen

Seine Frau
Elena Pankratova

Der Einäugige
Rolf Haunstein

Der Einarmige
Markus Hollop

Der Bucklige
Karl Michael Ebner

Drei Dienerinnen
Sabrina Testa
Sonia Peruzzo
Elena Borin

Fünf Kinderstimmen
Sabrina Testa
Sonia Peruzzo
Silvia Colombini
Elena Borin
Raffaella Ambrosino

Stimmen der Ungeborenen
Sabrina Testa
Sonia Peruzzo
Silvia Colombini
Elena Borin
Raffaella Ambrosino
Elisa Fortunati

Wächter der Stadt
Nicolò Ayroldi
Egidio Massimo
Naccarato
Gabriele Spina
Bernardo Romano Martinuzzi
Leonardo Melani



Weitere
Informationen

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Maggio Musicale Fiorentino
(Homepage)



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