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Musiktheater
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Der Rosenkavalier

Komödie für Musik in drei Aufzügen
Text von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss


Aufführungsdauer: ca. 4h 30' (zwei Pausen)

Premiere im Opernhaus Köln am 5. Oktober 2002

Besuchte Aufführung: 17. April 2010

Logo: Oper Köln

Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)

Ist halt vorbei

Von Thomas Tillmann / Fotos: Paul Leclaire



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"Ist halt vorbei" - mit leichten Händen lässt Kiri Te Kanawa als Marschallin Sophies Taschentuch fallen, das ihr Mohamed gereicht hatte, und man hat das Gefühl, dass die neuseeländische Sopranistin mit ähnlich leichten Händen von ihrer Opernkarriere Abschied nimmt, um noch mehr Zeit für ihre vielfältigen anderen Aktivitäten zu haben. Die in Neuseeland geborene Sopranistin erwarb 1971 fast über Nacht Kult-Status mit ihrem Debüt als Figaro-Gräfin am Royal Opera House Covent Garden, ihre Laufbahn hat sie an alle großen Opernhäuser der Welt geführt, darunter die Metropolitan Opera New York, die Chicago Lyric Opera, die Pariser Opéra, das Sydney Opera House, die Wiener Staatsoper, die Mailänder Scala, die Opernhäuser von San Francisco und München, an denen sie vor allem in den Opern von Mozart (als Fiordiligi, Donna Elvira - die sie auch in den berühmten Film von Joseph Losey gab -, Pamina und Figaro-Gräfin), Strauss (als Arabella, Capriccio-Gräfin und eben als Marschallin), Verdi (Violetta, Desdemona und Amelia in Simone Boccanegra) und Puccini (als Mimì, Manon Lescaut und Tosca), aber auch als Micaela, Marguerite in Faust, Tatjana in Eugen Onegin oder als Rosalinde in der Fledermaus reüssierte. An der Oper Köln war sie unter anderem im Mozart-Zyklus der achtziger Jahre als Donna Elvira in Don Giovanni, als Gräfin in Le nozze di Figaro und als Arabella in der Strauss-Oper zu hören, mancher erinnert sich auch an ein konzertantes Capriccio in der Philharmonie unter André Previn. 1982 wurde ihr in Würdigung ihrer besonderen Leistungen der Titel einer »Dame Commander of British Empire« verliehen.


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Ziemlich lieblos eingerichtet war die damals trotz mancher Eigenwilligkeiten und ungewohnter Optik insgesamt überzeugende Inszenierung von Günter Krämer (vgl. unsere Rezensionen), viel mehr als Rampensteherei und Selbstgemachtes des Bühnenpersonals war da nicht mehr zu erkennen (immerhin, die neue Intendanz hat inzwischen für Übertitel gesorgt, was doch ein großer Vorteil ist), aber das Hauptaugenmerk der meisten Zuschauer lag ja auch bei der Frage, ob der berühmte Gast die Partie noch würde singen können und wie sie den Bühnenabschied bewältigen würde. Natürlich ist die Stimme nicht mehr die einer Dreißig- oder Vierzigjährigen und damit die, die man von den zahlreichen Platten kennt, vor allem die Mittellage ist ein wenig blasser geworden, es fehlt an der einen oder anderen Stelle an Durschschlagskraft (aber erinnern wir uns, eine Riesenstimme hat die Neuseeländerin nie besessen), aber man bewundert doch die enorme Atemkontrolle, die exzellente, geschmackvoll eingesetzte messa di voce, die hohe Pianokultur und hört nicht einen wirklich prekären Ton. Dass ihr Sopran völlig intakt ist, konnte man auch beim Besuch des öffentlichen Meisterkurses zwei Tage später überprüfen, als Dame Kiri immer wieder einzelne Phrasen aus den Arien vorsang, die die jungen Kolleginnen und Kollegen mitgebracht hatten. Und trotz des ingesamt bemerkenswerten Niveaus des Sängernachwuchses waren es diese Phrasen, die daran erinnerten, welch traumhaft schöne Ausnahmestimme man da über vier Jahrzehnte hat hören dürfen.

Aber auch das muss bei aller Verehrung gesagt werden: In interpretatorischer wie darstellerischer Hinsicht kam die Künstlerin trotz großer Momente am Ende des ersten Aufzugs, als sie die Weisheiten der Marschallin direkt mit dem Publikum zu teilen schien, nicht an die Leistung der ganz großen Vorgängerinnen der Vergangenheit oder auch einer Angela Denoke heran, die 2007 die Fürstin von Werdenberg gab (in dieser Wiederaufnahmeserie sind Nancy Weißbach und Camilla Nylund besetzt), und dem aufmerksamen Zuschauer sind vielleicht auch einige Text- und Einsatzfehler nicht entgangen.


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Bjarni Thor Kristinsson konnte sich im Lauf der Vorstellung erheblich steigern und war insgesamt kein uninteressanter Ochs, vor allem auch wegen seines Muts zur Häßlichkeit; manchem indes wird der Isländer ein bisschen zu derb und bürgerlich gewesen sein, von der Standsperson, die er ja immerhin noch ist, war da wenig zu sehen und zu hören, aber er warf sich mit großer Verve in die Rolle und ließ auch stimmlich kaum Wünsche offen. Claudia Mahnke war mit vibrierendem, frischen, attraktiven Mezzo ein rundherum überzeugender, sehr natürlich agierender Octavian und ein wirklich komisches Mariandl, Jutta Böhnert gab die Sophie ohne spürbare Nervosität mit souveränen Tönen oberhalb des Systems, viel Charme und großer Spielfreude. Daneben war Jan Buchwald ein Faninal, der anders als mancher Rollenkollege vokal aus dem Vollen schöpfen konnte, Martin Koch und Katrin Wundsam ein in jeder Hinsicht sehr blasses Intrigantenpaar, Machiko Obata eine völlig unverständliche, überforderte Leitmetzerin, Ulrich Hielscher ein trotz stimmlicher Verschleißerscheinungen immer noch präsenter Notar und Polizeikommissar, Alexander Fedin ein prägnanter Wirt. Die heikle Partie des Sängers einem Opernstudiomitglied anzuvertrauen, ist gewagt, aber Jeongki Cho rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen trotz einiger gepresster hoher Töne (und überzeugte im weiteren Verlauf auch mit den paar Stichwörtern des Haushofmeisters bei Faninal).

Keine Freude machte auch in dieser Vorstellung das Gürzenich-Orchester, das war bei der Premiere unter Philippe Auguin und bei der Wiederaufnahme 2007 unter Enrico Dovico nicht anders, als ich das Spiel des Kollektivs als "pauschal und ohne das nötige Raffinement" empfand. Da dieser Vorstellung bereits einige seit dem 28. Februar vorausgegangen sind, hätte man aber doch eine gewisse Entwicklung und Positivroutine und weniger ungestümes Poltern erwarten dürfen. Patrik Ringborg, Generalmusikdirektor am Staatstheater Kassel, ist indes auch nicht der inspirierendste musikalische Leiter. Immerhin, er nahm die gebotene Rücksicht auf die Protagonistin, indem er bei ihren zentralen Stellen das Orchester wirklich sehr, sehr leise spielen ließ, und behielt auch bei Patzern auf der Bühne die Übersicht.


FAZIT

Danke, Dame Kiri, für viele unvergessliche Momente auf der Opernbühne, im Konzertsaal und auf Tonträgern!

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrik Ringborg

Inszenierung
nach Günter Krämer

Bühnenbild
Jürgen Bäckmann

Kostüme
Falk Bauer

Licht
Manfred Voss

Choreinstudierung
Andrew Ollivant

Dramaturgie
Christoph Schwandt



Kölner Domchor
Einstudierung: Oliver Sperling

Opernchor und Statisterie der
Bühnen der Stadt Köln

Gürzenich-Orchester
Köln


Solisten

Die Feldmarschallin
Fürstin von Werdenberg
Dame Kiri Te Kanawa

Baron Ochs auf Lerchenau
Bjarni Thor Kristinsson

Octavian
Claudia Mahnke

Herr von Faninal
Jan Buchwald

Sophie
Jutta Böhnert

Jungfer Marianne
Machiko Obata

Valzacchi
Martin Koch

Annina
Katrin Wundsam

Ein Polizeikommissar
Ulrich Hielscher

Der Haushofmeister
bei der Feldmarschallin
Werner Sindemann

Der Haushofmeister
bei Faninal
Jeongki Cho

Ein Notar
Ulrich Hielscher

Ein Wirt
Alexander Fedin

Ein Sänger
Jeongki Cho

Drei adelige Waisen
Maike Raschke
Hanna Larissa Naujoks
Heike Wagner

Eine Modistin
Csilla Csövári

Ein Tierhändler
Raphael Widmer

Leopold
Avram Sturz


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)




Da capo al Fine

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