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Musiktheater
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Die Walküre

Erster Tag aus dem Bühnenfestspiel Der Ring des Nibelungen
Musik und Text von Richard Wagner

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 5h (zwei Pausen)

Premiere im Großen Haus des Staatstheaters Darmstadt am 26. Juni 2011
 

 

 



Staatstheater Darmstadt
(Homepage)

Walkürenritt in Fliegermontur

Von Thomas Molke / Fotos von Barbara Aumüller

Drei Wochen ist es her, dass in Darmstadt John Dews Auftakt zu Richard Wagners Ring des Nibelungen mit dem Einzug der Götter in ein Atomkraftwerk begleitet von zahlreichen demonstrierenden Atomkraftgegnern endete. Nun wurde mit Spannung Die Walküre erwartet, und während die Rheingold-Inszenierung das Publikum spaltete, zeigte sich der Generalintendant mit der Premiere der Walküre am letzten Tag vor der wohlverdienten Sommerpause des Staatstheaters Darmstadt wesentlich zahmer.

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Sieglinde (Susanne Serfling) bedient Siegmund (Christian Elsner, links) und Hunding (John In Eichen, rechts) beim Mahl.

Das Orchestervorspiel überlässt Dew ganz dem Staatsorchester Darmstadt unter der musikalischen Leitung von Constantin Trinks, der die in der Musik liegende bedrohliche Atmosphäre sehr bildlich herausarbeitet. Man sieht vor dem geistigen Auge den waffenlosen Siegmund regelrecht durch die Wälder irren, bis er erschöpft in Hundings Hütte landet. Die entspricht mit braunem Ledersofa und dunklem Eichenschrank mit goldenen Götterstatuen darauf nicht so ganz der Vorstellung einer einfachen Waldhütte. Auch Herd und Esche in der Mitte der Hütte sucht man vergeblich. Dafür rahmen die schon aus dem Rheingold bekannten quaderförmigen Stellwände, die wie rechteckige Baumrinden wirken, die Hütte ein. Auf der linken Seite steckt in einer Stellwand Nothung. Auch Sieglindes Kostüm (José-Manuel Vázquez) erinnert an die deutsche Mode der Nachkriegszeit. Gesungen wird auf recht hohem Niveau. Christian Elsner legt den Siegmund fast baritonal an, gefällt durch eine sehr deutliche Diktion und verfügt auch bei den "Wälse"-Rufen über enorme Kraftreserven. Die im Vergleich zu ihm recht zierliche Susanne Serfling steht ihm mit ihrem strahlenden Sopran als Zwillingsschwester Sieglinde in nichts nach, so dass die beiden in jeder Hinsicht ein überzeugendes Wälsungenpaar abgeben. John In Eichen stattet Hunding mit einem sehr markanten Bass aus, dem aber in den Tiefen teilweise die Schwärze fehlt. Da wirkt er dann nicht so bedrohlich, wie man ihn sich gewünscht hätte. Bei Siegmunds "Winterstürme wichen dem Wonnemond" lässt Dew Wotan als Drahtzieher auftreten, der mit einem Wink die Stellwände sich öffnen lässt. So romantisch wie die Musik ist, stellt die Ausleuchtung den Wonnemond aber dann doch nicht dar. Da gelingen im zweiten und dritten Akt wesentliche eindringlichere Lichtstimmungen.

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Wotan (Ralf Lukas) hat Stress mit Fricka (Gundula Hintz).

Ungewöhnlich ist es, den zweiten Aufzug mit dem Wälsungenpaar zu beginnen, das sich immer noch in Hundings Hütte liebt, während Wotan und Brünnhilde bereits auftreten und die beiden beobachten, bevor Siegmund und Sieglinde mit gepacktem Koffer das Weite suchen. Nahezu die komplette Walhall-Szene des zweiten Aufzugs findet in Hundings Hütte statt. Dabei werden Katrin Gerstenberger als Brünnhilde auch akrobatische Fähigkeiten abverlangt, wenn sie bei ihrem "Hojotoho" auf der braunen Sofalehne balancieren muss, was sie aber ebenso wie die stimmlichen Anforderungen mit Bravour bewältigt. Ganz großartig gelingt die Auseinandersetzung zwischen Gundula Hintz als Fricka und Ralf Lukas als Wotan. Mit dramatischem Mezzo und sehr sauberer Diktion verleiht Gundula Hintz Frickas Anliegen Autorität, um als Siegerin den Kampfplatz zu verlassen. Wotan bleibt geschlagen zurück, was Ralf Lukas stimmlich und szenisch sehr überzeugend darstellt. Dew richtet nun das Augenmerk auf Wotans allmählich bröckelnde Macht, indem im folgenden Gespräch mit Brünnhilde Hundings Hütte nahezu unmerklich im Dunkel verschwindet und der Göttervater mit der Walküre auf einer leeren Bühne vor einem schwarzen Vorhang zurückbleibt. Dass er gar nicht mehr genau weiß, was er eigentlich will, manifestiert sich in der Inszenierung, indem er erst die Bühne auf der rechten Seite verlassen will, von Brünnhilde aber daran gehindert wird, sie zwar abschüttelt, für den Abgang dann aber doch die andere Bühnenseite wählt.

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Wotan (Ralf Lukas) klagt seiner Lieblingstochter Brünnhilde (Katrin Gerstenberger) sein Leid.

In der dritten Szene des zweiten Aufzugs suggerieren die Stellwände einen weit nach hinten offenen Raum, der den Fluchtweg des Wälsungenpaars darstellt. Brünnhildes Todverkündung wird zu einem Glanzpunkt der Lichtregie, weil ihr Auftritt in dem kalten Licht absolut surreal erscheint. Während Dews Personenregie bei Siegmunds Weigerung, Brünnhilde nach Walhall zu begleiten, und Brünnhildes Versprechen, Siegmund gegen den Willen Wotans im Kampf gegen Hunding beizustehen, szenisch sehr intensiv gelingt, ist die nachfolgende Kampfszene zwischen Siegmund und Hunding sehr unterkühlt. Wie von Zauberhand zerbricht Siegmunds Schwert, ohne dass Wotan einen Speer einsetzt - weder er noch Brünnhilde verfügen über irgendwelche Waffen - und Hunding erschießt Siegmund. Das hat man zwar schon häufiger gesehen, logischer wird dieser Regieeinfall dadurch aber trotzdem nicht.

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Die Walküren im Flugzeugtower: von links: Roßweiße (Gundula Schulte), Siegrune (Anja Vincken), Waltraute (Erica Brookhyser), Ortlinde (Maria Victoria Jorge Hernándiz), Helmwige (Carola Glaser), Gerhilde (Bernadette Flaitz) und Schwertleite (Elisabeth Hornung).

Beim Walkürenritt im dritten Aufzug versteht man auch endlich, wieso Brünnhildes Kostüm im zweiten Aufzug eine Fliegermontur der 30er Jahre ist. Die fliegenden Rösser sind nämlich Doppeldecker. Deswegen tragen die Walküren auch einteilige Pilotenanzüge mit Lederhelm und Schutzbrille. Gerhilde, Waltraute und Ortlinde befinden sich beim Walkürenritt als Fluglotsen in grauen Kostümen in einem Tower und beobachten über Flachbildschirme die ankommenden anderen Walküren. Im Hintergrund sieht man auf einer großen Videoprojektion (Karl-Heinz Christmann) Flugzeuge, die auf einer Rollbahn landen. Dass die Walküren sich nach erledigter Arbeit erst einmal eine Flasche Bier gönnen, hätte man als Regiegag nicht gebraucht. Wotans Nahen wird durch ein bedrohliches Donnern untermalt. Nachdem er die Walküren vom Felsen verjagt hat, folgt die Aussprache mit Brünnhilde, die sehr statisch auf zwei Schreibtischstühlen rechts und links vorne an der Bühnenrampe stattfindet. Wie dabei der Tower nahezu unmerklich im Bühnenhintergrund verschwindet, ist wiederum eine Glanzleistung der Beleuchtung.

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Wotan (Ralf Lukas) und Brünnhilde (Katrin Gerstenberger) beim Feuerzauber.

Für den Feuerzauber wird mit einem roten Vorhang gearbeitet, der auf der rechten Seite vom Bühnenhimmel herabgelassen wird und sich dann auf einer Schiene allmählich um die in der Mitte auf der leeren Bühne liegende schlafende Brünnhilde zieht. Durch Windmaschinen vermittelt dieser Vorhang den Eindruck von züngelnden Flammen, so dass auch ohne echtes Feuer am Ende ein beeindruckender Zauber entstehen kann. Leider zeigt Ralf Lukas zum Ende hin leichte Ermüdungserscheinungen in der Stimme, die sich besonders in Unsicherheiten in den Höhen bemerkbar machen. Katrin Gerstenberger hingegen stattet Brünnhilde bis zum letzten Takt mit sehr kräftigem dramatischem Sopran aus, wobei ihre Textverständlichkeit nicht immer ganz so deutlich ist wie beispielsweise bei Susanne Serflings Sieglinde. Aber dafür gibt es ja Übertitel. Auch die acht Walküren gefallen mit sehr kräftigen und im Zusammenspiel sehr homogen klingenden Stimmen. Star des Abends ist aber Constantin Trinks mit dem großartig aufspielenden Staatsorchester Darmstadt, der Wagners Klangvielfalt sehr differenziert auffächert und die verschiedenen Nuancen sehr pointiert herausarbeitet. Verdienter Applaus am Ende der Aufführung für alle Beteiligten.

FAZIT

Mit einem Paukenschlag verabschiedet sich das Staatstheater Darmstadt in die Theaterferien und macht jetzt schon neugierig auf die Fortsetzung im Oktober.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Constantin Trinks

Inszenierung
John Dew

Bühne
Heinz Balthes

Kostüme
José-Manuel Vázquez

Videoprojektion
Karl-Heinz Christmann

Licht
Dieter Göckel

 

 

Statisterie des
Staatstheaters Darmstadt

Staatsorchester Darmstadt


Solisten

Siegmund
Christian Elsner

Hunding
John In Eichen

Wotan
Ralf Lukas

Sieglinde
Susanne Serfling

Brünnhilde
Katrin Gerstenberger

Fricka
Gundula Hintz

Helmwige
Carola Glaser

Gerhilde
Bernadette Flaitz

Ortlinde
Maria Victoria Jorge Hernándiz

Waltraute
Erica Brookhyser

Siegrune
Anja Vincken

Roßweiße
Gundula Schulte

Grimgerde
Hye-Young Choi

Schwertleite
Elisabeth Hornung

 


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Staatstheater Darmstadt
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