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U

Klingonische Oper in drei Akten
Libretto von Marc Okrand und Kees Ligtelijn
Musik von Eef van Breen

in klingonischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h (keine Pause)


Uraufführung im Theater Zeebelt, Den Haag, am 10. September 2010
(rezensierte Aufführung: 12. September 2010)

Logo: Theater Hagen

Theater Zeebelt, Den Haag
(Homepage)
Ein Opernerlebnis zwischen distanzierter Betrachtung und expressiver Nähe

Von Ursula Decker-Bönniger

Bestimmt haben Sie schon einmal während einer gelungenen Darbietung von Aidas und Radames' Liebestod innerlich geweint oder eine kleine Träne verdrückt. Aber haben Sie auch schon einmal mit Anderen aus dem Publikum laut geschrien? Zum Beispiel um den Protagonisten bei seiner schweren Aufgabe, Selbstmord zu verüben zu stärken, um ihm – angesichts von Leid und Schmerz - Ihr Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen? Theatertod als gemeinsam erlebte Erfahrung nennt Floris Schönfeld, der künstlerische Leiter der klingonischen Oper „U“ dieses an die aristotelische Katharsis erinnernde ästhetische Prinzip.

„U“ wurde am 10. September 2010 im Theater Zeebelt in Den Haag uraufgeführt. Die erste „authentische“, dreiaktige Oper in klingonischer Sprache dauert eine gute Stunde und wurde aus einem mehrjährigen Forschungsprojekt Floris Schönfelds entwickelt. Den Titel könnte man mit dem deutschen Wort „Universum“ oder „universell“ übersetzen. Er verweist auf weitere in der Oper stilisiert dargebotene sozio-kulturelle Prinzipien aus der Welt der Klingonen, dem auf dem Planeten Kronos beheimateten Volk des StarTrek-Universums.

Im Wechsel von kurzen Szenen, die überwiegend aus immer wieder eingefrorenen, stilisierten Kampfhaltungen bestehen – ja, auch in der Liebesumarmung stehen sich Kahless und Lukara distanziert, den Hinterkopf des Liebhabers in der rechten Hand haltend starr gegenüber - und Berichten, die mit dramatischer Sprechstimme vorgetragen werden, erzählt die Oper vom Mythos um das ruhmreiche Leben und Sterben des unvergesslichen Urvaters Kahless.

Morath, der die erzieherischen Ermahnungen seines Bruders Kahless während der Jagd als Erniedrigung erfährt, schließt sich dem Tyrann Molor an, verrät seine Familie und tötet seinen Vater. Kahless stellt seinen Bruder, sodass dieser – um seine Ehre zu retten – sich das Leben nimmt. Anschließend betritt der Protagonist mit einem kunstvoll gefertigten, neuen Schwert die Unterwelt, findet die Seelen von Vater und Bruder und zeigt ihnen, nachdem er seinem Bruder verziehen hat, wie sie zu menschlicher Existenz zurückfinden. Mit Unterstützung von Lady Lukara wird ein Angriff der Feinde erfolgreich abgewehrt. Vater und Bruder, erneut ehrenvoll gefallenen im gemeinsamen Kampf gegen den Tyrann, werden in den neu geschaffenen Himmel für ehrenvolle, klingonische Krieger aufgenommen. Kahless begeht mithilfe der Lady Lukara rituellen Selbstmord, nachdem er die Ehre des Feindes wiederhergestellt hat, indem er dessen Herz im Fluss Skral reinigt.

Während Schauspieler Henri van Zanten mit Pathos und Begeisterung die Erzählpassagen anschaulich vorträgt und Kahles von der klangvollen Mezzosopranistin Taru Huotari dargestellt wird, teilen sich Jeannette Huizinga und Ben Kropp die übrigen fünf Rollen. Zwar wissen die Darsteller - vor allem Jeannette Huizinga als Bruder Morath und Lady Lukara - in Gestik, Ausdruck und Klang unterschiedliche Charaktere zu zeichnen, ein gewisses Verwirrspiel bleibt jedoch für den des Klingonischen nicht mächtigen Opernliebhaber. Zudem tragen alle Beteiligten die gleichen langen, grauen, mit Leder abgesetzten Mäntel. Die cremefarbenen, bleichen, oberhalb der Nase angesetzten Masken und grauen, bzw. roten Langhaar-Perücken sind den Sängern vorbehalten. Sie werden nach Beendigung der Rollendarbietung im Sinne des epischen Theaters deutlich sichtbar abgelegt.

Das Bühnenbild beschränkt sich auf zunächst am Boden symbolisch angeordnete, beige farbene, runde, abstrakte Elemente, die z.B. im zweiten Akt von den Darstellern zu einem stilisierten Höllentor aufgestellt, im dritten dagegen zu einem weiteren Symbol zusammengelegt werden.

Einführungsvortrag im Foyer und Musik sind in das zwischen distanzierter Betrachtung und Identifikation schwankende Theaterspiel einbezogen. Zu Beginn erklingt in längeren zeitlichen Abständen ein lautes, dumpfes Geräusch, das sich beim Betreten des Theaterraumes als markerschütternder Aufprall zweier von Hand gehobener dicker, langer Holstämme erweist und sich nach und nach zu einem dynamisch differenzierten, rhythmischen Herzschlag verdichtet.

Zum weiteren Klangfarbenspektrum des aus nur drei Musikern bestehenden „Orchesters“ gehören: ein selbstkonstruiertes zupf- und streichbares Saiteninstrument, das einen Hals aus Holz und Klangkörper aus Metall hat; ein Blasinstrument, das mit seinen aufgestellten Plastikrohren äußerlich an einen Dudelsack, klanglich eher an ein Fagott, Kontrafagott oder eine Bassklarinette erinnert; eine Obertonflöte sowie mehrere singende Schläuche; verschiedenste Percussions- und Schlaginstrumente wie Xylophon, Metallo- bzw. Vibraphon, Trommeln, Becken etc. Virtuos, effektvoll, differenziert im Ausdruck und ohne Dirigent klangmalen und improvisieren die drei vor allem Battle-Atmosphären, die zusammen mit den fließenden, stilisierten, eingefrorenen Haltungen ein fremd anmutendes, futuristisches Ballett ergeben. Zudem unterstützen sie rhythmisch-melodisch den über weite Strecken rezitativen Gesang, variieren einzelne Gesangsmotive in klangfarblich feinsten Schattierungen oder entwickeln sie z.B. zu einem polyphonen Netz.


FAZIT

Eine interessante, experimentelle Opernkreation



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Eef van Breen

Instrumentarium
Xavier van Wersch

Inszenierung
Floris Schönfeld

Ausstattung
Piia Maria

Licht
Michiel Pijpe

Dramaturgie
Céline Buren


Schlag- bzw. Perkussionsinstrumente
Niels Meliefste

Blasinstrumente
Anne La Berge

Streichinstrument
James Hewitt


Solisten

Master of Scream
Henri van Zanten

Kahless
Taru Huotari

Kotar, Vater von Kahless, Molor
Ben Kropp

Morath, Lukara
Jeanette Huizinga


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Zeebelt Theater Den Haag
(Homepage)




Da capo al Fine

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