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Lucia di Lammermoor

Oper in drei Akten
Dichtung von Salvatore Cammarano
nach dem Roman The Bride of Lammermoor  von Walter Scott
Musik von Gaetano Donizetti

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln  

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Dortmund am 5. März 2011  

 


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Theater Dortmund
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Passend zum Weltfrauentag

 Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Thomas M. Jauk / Stage Pictures


Wie sehr die am Teatro San Carlo in Neapel 1835 uraufgeführte Oper Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti die zeitgenössischen Gemüter bewegte, zeigt u.a. ihre Rezeption in literarischen Werken des 19. Jahrhunderts. Madame Bovary, eine emanzipierte Frau, die sich in Flauberts Roman mit heimlichen Liebschaften gegen die Langeweile ihrer Vernunftehe zu wehren versucht, besucht eine Aufführung der Lucia di Lammermoor mit ihrem Ehemann. Dieser Opernbesuch hält ihr den Spiegel vor. Letztendlich nimmt sie sich das Leben. Auch der Emanzipationsversuch von Tolstois Anna Karenina endet tragisch - auch sie besucht die Oper, bricht öffentlich mit ihrem Mann, um mit ihrem Liebhaber zusammensein zu können.                                            

Donizettis Lucia, die ihre Zwangsverheiratung lange hinauszuzögern sucht, hält ihrem Liebsten die Treue, indem sie ihren Ehemann in der Hochzeitnacht ermordet. Als sie als Mörderin im blutüberströmten Brautkleid erscheint, wird sie von Niemandem zur Rechenschaft gezogen. Sie sucht auch nicht den Freitod, um die Schuld über die erste Straftat mit einer weiteren, "für alle sichtbaren Todsünde" zu bereinigen. Ihr Weg ist die Flucht in den Wahnsinn. Schreiber kommt zu der interessanten These, dass Lucia in der Oper - ähnlich ihrer Namensheiligen - weit über die Wirklichkeit hinaus zu einer patriarchalisch motivierten Kultfigur stilisiert wird. "Das Licht, das sie bringt, ist nicht von dieser Welt, und deshalb muss die Lichtbringerin in dieser Welt auch nicht für gleichberechtigt genommen werden".

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Enrico (Simon Neal, vorne links) lässt seine Aggressionen an Normanno (Stephan Boving, vorne rechts) aus.

Auch in der Dortmunder Inszenierung von Christian Pade ist Lucia die Reine, Unschuldige, mit romantischem Lebenspessimismus ausgestattete Liebende, ein Objekt männlicher  Begehrlichkeit, deren Ehe für politische Zwecke missbraucht wird. Alexander Lintl hat für diese Mixtur symbolisch eine aus verschiedenen Teilen bestehende  Wand konstruiert, deren Fläche lamellenartig durchbrochen ist und Raum für vor allem im dritten Akt romantische Lichtinstallationen in blau-, weiß-, roten Farbschattierungen bietet. Auf einer Drehbühne platziert, kann dieses abstrakte Kunstobjekt in verschiedensten Formen und Perspektiven bewundert werden, deutet Szenenwechsel an, wird jedoch wenig in das Spiel auf der Bühne miteinbezogen. Umrahmt wird die Drehbühne von einer scherenschnittartigen schwarzen Berglandschaft, deren Umrisse von einem leuchtend grünen Band hervorgehoben werden.

Während Pade in den ersten Bildern erzählende Handlungselemente einbaut - z.B. sticht  Enrico, der Bruder Lucias, aggressiv beim Ausweiden des bei der Jagd erlegten Hirsches zu, ergötzt sich am Blut, lässt Hass und aufgestaute Aggressionen an Untergebenen aus - verliert sich die Personenregie immer mehr in einer sich auf das Wesentliche beschränkenden, symbolisch aufgeladenen Bildersprache. Da tragen die Protagonisten z.B. ihr musikalisches Emotionenspiel auf alten und modernen Stühlen sitzend aus. Da werden Ringe, gepresste Blumen als Unterpfand der Liebe getauscht. Ehe- und sonstige Verträge wechseln in roter, bzw. dunklen Unterschriftsmappen den Besitzer. Edgardo überreicht Lucia symbolisch einen Strauss weißer Lilien, Raimondo, ihr geistlicher Erzieher, hängt ihr die  Goldkette der verstorbenen Mutter um, um sie auf die Familienpflichten einzuschwören.

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Die Flucht in den Wahnsinn: Lucia (Christina Rümann) nach ihrem Mord

Aber Lucia di Lammermoor ist in erster Linie die Belcanto-Oper schlechthin. Exzellent  besetzt und umsichtig von Motonori Kobayashi geleitet, präsentieren Chor, Orchester und Solistenensemble musikalisch differenziert und auf hohem Niveau Emotionen pur.

Auch schauspielerisch die glühenden Leidenschaften, den Hass und die Aggressionen immer wieder mit Handgreiflichkeiten und Drohgebärden untermalend, überzeugt Simon Neals hell timbrierter, leicht metallisch schwingender, flexibler und klangvoller Bariton. In Prades Interpretation ist Enrico auch ausschlaggebend für den Tod Edgardos, der nach dem Tod Lucias die tödliche Liebesvereinigung geradezu sucht, aber von Enrico den finalen Todesstoß erhält. Charles Kim in der Rolle des jugendlichen Liebhabers Edgardo steigerte sich nach einem die Stimme leicht forcierenden Beginn im Laufe der Akte und fand in der letzten Arie zu dem lyrisch warmen Timbre des Tenore di grazia. Bart Driessens mit klangvoller Tiefe ausgestatteter Bassbariton stellt einen kraftvollen, mit angemessener Grandezza ausgestatteten Raimondo dar, Fausto Reinhart einen klangschönen, hell und klar timbrierten Arturo. Lyrisch und hell schwingend, textverständlich singend präsentiert sich Stephan Boving in der Rolle des Normanno, während Gritt Gnauck in klangschönem, tiefgründig schwingenden Mezzosopran die Rolle der Lucia begleitenden  Hofdame Alisa verkörpert.

Star des Abend und direkt nach ihrer Auftrittsarie heftig umjubelt war Christina Rümann in der Titelpartie der Lucia. Wie sie klangvoll, warm grundiert, mal dramatisch schwingend, mal schlank geführt, das Publikum zu verzaubern vermag, geschmeidig die Tonsprünge und -läufe dynamisch variiert, mühelos die höchsten Höhen im Pianissimo erklingen lässt, um sie dann - einem freudigen Gedankenblitz gleich - aufleuchten zu lassen, Töne mit leichten Schleifern und Glissandi verbindet und lange Haltetöne dynamisch an- und abschwellen lässt....Wie sie mit all ihrer musikalischen Charakterisierungskunst nicht nur das emotionale Geflecht sondern vor allem auch die Zerbrechlichkeit der Lucia darstellt, wird in ihrer letzten Glanznummer, der Wahnsinnsarie,  noch einmal berührend und fantastisch zugleich vor Augen geführt.

FAZIT

Ein in Regie und Kostümen weniger, musikalisch dafür umso überzeugenderes Opernerlebnis            


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Motonori Kobayashi

Inszenierung
Christian Pade

Bühne
Alexander Lintl    

Kostüme
Alexander Lintl    

Choreinstudierung
Granville Walker

Dramaturgie
Daniel Schindler  


Statisterie des Theater Dortmund

Opernchor des Theater Dortmund

Dortmunder Philharmoniker


Solisten

* Premierenbesetzung  
 

Enrico
*Simon Neal /
Brian Dore


Lucia
*Christina Rümann /
Julia Amos


Edgardo
Charles Kim


Arturo
Fausto Reinhart

Raimondo
*Bart Driessen /
Taras Konoshchenko


Alisa
*Grit Gnauck /
Ji-Young Mennekes


Normanno
Stephan Boving



Weitere
Informationen

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Theater Dortmund
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