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Musiktheater
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Die Liebe zu den drei Orangen

Oper in vier Akten und einem Vorspiel
Text von Sergej Prokofjew nach einem Märchenspiel von Carlo Gozzi
Deutsche Fassung von Jürgen Beythien und Eberhard Sprink
Musik von Sergej Prokofjew


in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 29. Januar  2011
Rezensierte Vorstellung am 10. Februar 2011


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Musiktheater im Revier
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Von Harlekinen, Zauberern, Trotteln und anderen Autoritäten  

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Pedro Malinowski

Ob man sie als gegenwartsbezogene Gaunerkomödie inszeniert wie András Fricsay  in Bremen (1989) oder sie mit der Atmosphäre des Stummfilm verbindet und mit Lichteffekten ausstattet wie in der Regie von Juri Ljubimow (München 1991), die Oper Die Liebe zu den 3 Orangen von Sergej Prokofjew ist vielschichtig und lässt vielfältige Interpretationsmöglichkeiten zu.

Als Auftragsarbeit der Chicago Opera Company wurde die Oper im Dezember 1921 mit großem Erfolg in französischer Sprache uraufgeführt und gilt als  weiterer Karriere-Meilenstein des russischen Komponisten im Westen. Musikalisch erinnert das bewegungsfreudige Werk bspw. an die neoklassizistischen, kompositorischen Neuerungen seines Freundes Igor Strawinsky , an die neue Sprache des Ballet russe seines Freundes Djagilew sowie an die Ästhetik der Futuristen.

Foto kommt späterTruffaldino und der Prinz in der Küche des Schlosses von Kreonta                                                                                                                                      
Die Handlung, die häufig durchbrochen ist von magischen Tänzen, teuflischen Kommentaren und anderen Wirklichkeitsebenen, erzählt von einem an hypochondrischer Melancholie erkrankten Prinzen. Sein Vater erinnert sich – nachdem alle medizinischen Heilungsversuche nicht fruchten – an den alten Satz, dass Lachen gesund mache. Aus Schadenfreude gesund geworden, wird der Prinz verflucht, in Liebe zu den drei Orangen zu entbrennen. Er macht sich mit dem Spassmacher Truffaldino auf den Weg, widersteht Abenteuern und Untugenden und darf zur Belohnung die wieder in eine schöne Prinzessin zurückverwandelte Ratte heiraten....

Regisseur und Bühnenbildner Elmar Gehlen führt uns in ein buntes Märchenallerlei anhand einer großen, im weiteren Verlauf als Spielfläche dienenden Treppe ein. An ihrem Ende erhebt sich ein Eingangsportal, das zunächst den Blick auf eine farbig beleuchtete Wand bzw. einen Sommerwolkenhimmel freigibt. Später wird der hinter der Treppe liegende, hintere Bühnenbereich als Spielraum für die Wüstenszene bzw. magische Unter- und Oberwelten dienen und mit Spiegelkonstruktionen an die Wand projiziert werden. Es ist einerseits ein genialer Einfall, weil Gehlen mit stürmischen Wüstenwinden und bewegtem Wasser Theater als Spiel mit einfachen Mitteln durchschaubar macht und die Absurditäten und Wirklichkeitsebenen der Oper verdeutlicht. Andererseits wird dadurch eine das Verständnis der Oper erschwerende, konstruierte Raumtrennung vollzogen. Dinge, die musikalisch zusammengehören und die jeweilige Szenenatmosphäre prägen, werden auseinanderdividiert.

Foto kommt später

  Die von Truffaldino organisierten Belustigungen vermögen den Prinzen nicht zu heilen.

Auch die Szene des wetteifernden Kartenspiels der Hexe Fata Morgana und des Zauberers Célio über das Schicksal der ihnen Anvertrauten zerfällt in zur Dramatik der Musik nicht passende magisch beschwörende Gesten der Kartenspieler und an Derwische erinnernde Drehbewegungen der kleinen Teufelchen auf der zweiten Ebene. Unklar bleibt auch die Funktion der Tragiker, Lyriker, Komiker, Hohlköpfe und zehn Lächerlichen, stimmlich ganz unterschiedlich zusammengesetzte Chöre, die im Prolog wie eine graue Zuschauermasse unbeweglich die Treppe bevölkern, sich über die Ausrichtung der Oper streiten und sich - je nach Szene - immer wieder in das weitere Märchengeschehen einmischen, Kommentare abgeben.

Unterstützt von Frisuren und Kostümen präsentiert Gehlen die Opernfiguren wie heitere Charaktermasken im Sinne der Commedia dell’arte, deren Benehmen und Allüren je nach sozialer Rolle wechseln. Spassmacher Truffaldino erscheint im Harlekin-Kostüm; der an hypochondrischer Melancholie erkrankte Prinz bspw. betritt zunächst als mit Medikamentenkästchen, rosa Schlafanzug, Bettdecke und Kopfkissen ausgestatteter Trottel die Bühne, blickt angstvoll zusammengekauert von seinem Krankenlager aus ins Publikum, während neben ihm karnevaleske Umzüge und hinter ihm unterhaltende Spiele geboten werden. Anschließend bekommt er - vor seiner Reise - einen mattgoldenen Brustpanzer übergestülpt und mutiert während derselben zu Held, Don Quichote und Liebhaber. Was an Gehlens Personenregie allerdings häufig fehlt, sind die vielen zur Commedia dell’arte gehörenden, quirligen, turbulenten, schnell wechselnden, belebenden Gesten, Körperhaltungen und schlagfertigen Kommentare, die das Publikum zum Lachen bringen.

Foto kommt späterPrinzessin Ninette (Alfia Kamalova) und der Prinz (Lars-Oliver Rühl) haben sich gesehen und gefunden.

Mit lyrischen Passagen, scharfen Kontrasten und  Akzentuierungen, mit effektvollen Spielweisen, synkopischen Rhythmen und rhythmischen Ostinati, die sich über den gesamten orchestralen Klangapparat ausdehnen, führen uns die Neue Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Rasmus Baumann die vielfältige, irrationale Welt des Gozzischen Märchens klanglich vor Augen und lassen die bizarr groteske Komik der Komposition Prokofjews durchscheinen.

Die passend ausgewählten Gesangssolisten präsentieren ihre breitgefächerten Vokalparts durchgängig textverständlich. Ob Lamento, Lachstaccato oder jugendlich, heldenhaft - Lars-Oliver Rühl bringt mit kräftiger, klarer Stimmführung die verschiedenen Facetten seiner Rolle zum Ausdruck.. Alfia Kamalovas klangvoll schwingender Sopran stellt dynamisch differenziert die zerbrechliche Prinzessin Ninetta dar. Überzeugend auch Nikolai Miassojedov als trauernder, liebender Vater und autoritärer Tyrann sowie der wunderbar grimassierende William Saetre als Truffaldino.


FAZIT

Eine die verschiedenen Ebenen und das Spielerische betonende Inszenierung, deren Interpretation jedoch die vielfältige Musik und Doppelbödigkeit der Oper zu wenig berücksichtigt


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rasmus Baumann

Inszenierung und Bühne
Elmar Gehlen

Kostüme
Martina Feldmann

Licht
Jürgen Rudolph 

Choreinstudierung
Christian Jeub

Dramaturgie
Anna Grundmeier


Opern- und Extrachor des
Musiktheater im Revier

Statisterie des
Musiktheater im Revier

Neue Philharmonie Westfalen


Solisten

König Treff
Nikolai Miassojedov

Der Prinz
Lars-Oliver Rühl

Clarice
Gudrun Pelker

Leander
Dong-Won Seo 

Truffaldino
William Saetre

Pantalone
Piotr Prochera/
Mohsen Rashidkhan

Célio
Björn Waag

Fata Morgana
Majken Bjerno /
Noriko Ogawa-Yatake

Linetta
Engjellushe Duka 

Nicoletta
Dorin Rahardja 

Ninetta
Alfia Kamalova

Die Köchin  
Joachim G. Maas

Farfarello  
Charles E.J. Moulton

Smeraldine
Almuth Herbst

Der Zeremonienmeister
Georg Hansen

Der Herold
Dong-Won Seo






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Da capo al Fine

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