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The lustige Veuve
Von Joachim Lange
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Fotos von Monika Rittershaus
Wenn die Lustige Witwe am Genfer See absteigt, dann wird natürlich international parliert. Im Grand Théâtre kommt zum OperettenPondevedrinisch eine flotte Sprachmelange aus Französisch, Englisch und Deutsch hinzu. Wie die echten Diplomaten in ihrem sprichwörtlichen Schweizer Eldorado bewegt sich diesmal das Operetten-Personal problemlos zwischen all diesen Sprachen. Wenn in dem seit 1905 unverwüstlichen Dauerbrenner von Franz Lehár das Französisch dominiert, dann gibt es die willigsten Reaktionen im Publikum. Aber in Christof Loys Neu-Inszenierung springt der Funke einfach nicht über. Selbst da nicht, wo Szenenapplaus eigentlich von selbst kommt oder die Gefahr lauert, dass mitgesungen wird. In der pondevedrinischen Botschaft
Bühnenbildner Christian Schmidt hat die pondevedrinische Gesandtschaft ein realistisches Großfoyer mit dem kühlen Charme eines hiesigen Verwaltungspalastes verlegt; kommt also über gut helvetische Biederkeit nicht hinaus. Hier ist der Liebes- Pavillon ein Nebenraum mit Jalousie. Der für alles (vom Staubsaugen bis zur Intrige) zuständige Sekretär Nejgus, den Silvia Fenz wunderbar kauzig durch den Tumult balanciert, ist der Herr über einen kleinen Kühlschrank voller Bierflaschen unter der Treppe, gleich neben den Türen zum WC. Und das ist irgendwie symptomatisch für den ganzen Abend. Auch musikalisch. Hier wird weder Champagner getrunken, noch perlt er musikalisch aus dem Graben herauf. Unter der Leitung von Rainer Mühlbach vermag sich das Orchestre de la Suisse Romande nicht einmal beim Studium der Weiber oder Danilos Bericht von seinen Damenbekanntschaften bei Maxims in jenen sprühenden Leichtsinn abzuheben, der die Lustige Witwe eigentlich so attraktiv macht. Hanna und Danilo
Was nicht nur, aber auch, an Annette Daschs Hanna Glawari liegt. Sie bleibt stimmlich meist eine Spur zu schmal und in ihrer darstellerischen Präsenz immer etwas zu grob. Loy gönnt ihr zwar den großen Auftritt in Ball-Robe und einen effektvollen Walzer mit Graf Danilo. Er mutet ihr dann aber einen nicht enden wollenden Auftritt in knappen Dessous zu, der in diesem Ambiente völlig deplatziert wirkt. The lustige Veuve halbnackt - das ist dann doch nicht mehr witzig. Und es möbelt ebenso wenig den an sich kreuzbrav erzählten Versuch auf, die ererbten Millionen der Glawari fürs bankrotte Land Pondevedrino zu sichern. Im Grunde genommen erzählt Loy eigentlich nur auf den Happyend-Kuss zwischen Danilo und Hanna zu. An dem hier, von Anfang an, nicht der geringste Zweifel besteht. Und an dem auch die Einlage der Hobby-Grisetten im XL Format (mehr Salon als Cabaret) nichts ändern können, die nur ziemlich müde den ziemlich unverhüllten Sexismus der Herren der Schöpfung konterkarieren. Charmante Gastgeber: Baron Zita und seine Frau
Aber die sind als Schwerenöter unter der Obhut von Opernveteran José van Dams Baron Zeta auch nur mit dem Esprit mittlerer Bankbeamter ausgestattet. Und doch gibt es große Lichtblicke: Johannes Martin Kränzle ist nämlich ein nahezu idealtypischer Graf Danilo. Wohl einem Ensemble, wie dem der Oper Frankfurt, das einen Sänger zu den Seinen zählen kann, der wie Kränzle bei Wagner genauso glänzt wie bei Lehár! Auch Jennifer Larmore bastelt mit spürbarer Lust und stimmlicher Verve als attraktive und mit allen Wassern gewaschene Zeta-Gattin Valencienne überzeugend am Verhältnis mit ihrem Verehrer Camille de Rosillon, in Gestalt des smarten Bernard Richter. Etwas füllige Grisetten auf karger Bühne
Doch diese darstellerischen Glanzlichter erhellen den etwas lauen Gesamteindruck des Abends nicht wirklich. Offensichtlich wollte Loy der Operette im Allgemeinen und der Lustigen Witwe im Besonderen nicht durch irgendeine ambitionierte Überfrachtung zu nahe treten. Ganz klassische entfesseln wollte oder konnte er sie aber nicht. So ist sie im Beamtenmilieu von heute gelandet. Das funktioniert offensichtlich aber nur dann, wenn einer wie Christoph Marthaler die Strippen zieht. Kein Wunder, dass das Publikum Mühe hatte, beim Schluss-Applaus durchzuhalten.
In Genf haben Christof Loys und Rainer Mühlbachs aus Franz Lehárs Dauerbrenner einer ziemlich unlustige Witwe gemacht. Auch wenn es Lichtblicke wie den famosen Danilo gibt, enttäuscht diese Produktion szenisch und musikalisch eher. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Choreographie
Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Solisten
Baron Mirko Zeta
Valencienne
Danilo
Hanna Glawari
Camille de Rosillon
Cascada
Raoul de St. Brioche
Njegus
Bogdanowitsch
Sylviane
Kromow
Olga
Pritschitsch
Praskowia
Lolo
Dodo
Jou-Jou
Frou-Frou
Clo-Clo
Margot
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