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drei-mal-tanz

Ballettabend von Marcelo Moraes, Young Soon Hue und Can Arslan
 

Augen (Uraufführung)

Ballett von Marcelo Moraes, Musik von Simon Panter

 

Wave of Emotions

Ballett von Young Soon Hue, Musik von Philip Glass und Johann Sebastian Bach

A Far Cry (Uraufführung)

Ballett von Can Arslan, Musik von Yoko Kanno, Ludovico Einaudi und Armand Amar

 

Aufführungsdauer: ca. 2 h 10' (zwei Pausen)

Premiere im Theater Hagen am 5. Februar 2011
(rezensierte Aufführung: 11.03.2011)


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Tanz in den Olymp

Von Thomas Molke / Fotos vom Theater Hagen

Ballettdirektor Ricardo Fernando hat es sich zum Ziel gemacht, dem Hagener Ballettpublikum nicht nur eigene Choreographien zu präsentieren, sondern auch Gastchoreographen zu engagieren, die zum einen dem Ballettensemble die Möglichkeit bieten, immer wieder neue Tanzstile und verschiedene Arbeitsweisen kennen zu lernen, zum anderen dem Publikum die Vielseitigkeit des Hagener Balletts zeigen. Nach Three Faces und Nighthawks in den letzten beiden Spielzeiten gibt es in dieser Spielzeit erneut einen dreiteiligen Ballettabend, allerdings das erste Mal, ohne eine eigene Choreographie des Ballettdirektors. Stattdessen präsentiert das Ensemblemitglied Marcelo Moraes nach seiner umjubelten ersten Choreographie Behind the Wall, die für den Abend der jungen Choreographen kreiert wurde, nun seine erste Uraufführung  im Großen Haus. Betrachtet man die hohe Platzauslastung bei der rezensierten (sechsten) Aufführung lässt sich feststellen, dass Fernandos Konzept aufgeht und beim Hagener Publikum großen Anklang findet.

Marcelo Moraes hat sich in seinem Ballett Augen von den Bildern des Hagener Malers Emil Schumacher (1912 - 1999) inspirieren lassen. So wie Schumachers Werke in einem Dialog des Malers mit seinem Bild entstanden und umsetzten, was Schumachers Augen gesehen haben, versucht Moraes nun das, was seine eigenen Augen in den Bildern sehen, in Tanz umzusetzen. Dazu hat er sich vor allem von den Werken Palau, Alumet, Palmarum 1991 und Hoher Bogen inspirieren lassen, die im Bühnenbild auf großen Wänden nachgestellt sind. Auch die Lichtregie spiegelt mit roten, blauen und gelben Farbeffekten die sinnliche Leuchtkraft von Schumachers Werken wider.

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Augen: Das Ensemble löst sich aus der Leinwand.

Zum Beginn des Stückes lösen sich die Tänzer langsam aus einer riesigen Leinwand. Wie Ideen, die geboren werden und einige Zeit benötigen, um zu reifen, rollen sie zunächst über den Boden und scheinen noch nicht in der Lage zu sein, auf eigenen Beinen zu stehen. Die Kostüme deuten dabei an, dass sie immer noch Teil der Leinwand sind, durch die Farbspritzer und die blauen Handschuhe aber auch als Farbkleckse interpretiert werden können, die die Bilder Schumachers entstehen lassen. Erst in der zweiten Szene "lernen" die Tänzer zu laufen, wenn auf Band Schumachers Stimme eingespielt wird, der die Motivation für seine Werke erläutert. Jetzt gewinnt auch die von Simon Panter eigens für dieses Stück komponierte Musik an Konturen. Zu elektronischen Klängen entsteht das blaue Bild Palau, wobei an dieser Stelle der Choreographie Anklänge an Fernandos Underground aus Nighthawks erkennbar werden, wenn Andre Baeta, Malthe Clemens, Leszek Januszewski, Vladimir de Freitas und Matthew Williams in sehr geschmeidigen und homogenen Bewegungen eine Art Street Dance und Hiphop präsentieren. Danach wird die Musik weicher. In Gelb entsteht zu den fließenden Bewegungen der Tänzerinnen Giulia Fabris, Yoko Furihata, Clémentine Herveux, Hayley Macri und Noemi Martone das Bild Palmarum. Dann verbinden sich Männer und Frauen zu einem grandiosen Ensemble, bevor die Musik verstummt. Eine Frau wird in einem weißen Lichtkegel sichtbar. Sind dies die letzten Korrekturen an dem Bild? Das Ensemble blickt auf das fertige Werk. Großer Applaus nach dem ersten Teil des Abends für alle Beteiligten.

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Augen: Ensemble.

Young Soon Hue, die bereits in dem Ballettabend Three Fraces ihre Choreographie Glashaus präsentierte, hat mit dem Hagener Ballettensemble ihre 2009 mit dem Seoul Ballet Theatre in Korea uraufgeführte und von der Tanzkritik in Korea zum besten Stück gekürte Choreographie Wave of Emotions neu erarbeitet. Inspiriert wurde sie nach eigenen Worten vom Meer, das sie als Kind häufig beobachtete und das mit seinem Wechselspiel von Ruhe, Wellen und Sturm eine ungeheure Faszination auf sie ausübte. Diese Wellen, die mal klein waren, sich dann zu großen ineinander schlagenden Wogen vermischten und bis zu einem großen Sturm aufbrausen konnten, erinnerten sie an menschliche Empfindungen, so dass sie in ihrer Choreographie dieses Naturschauspiel in Tanz umgesetzt hat. Das Bühnenbild, welches sie gemeinsam mit Peer Palmowski konzipiert hat, besteht aus drei großen angeschrägten Torbögen. Zur Musik von Philip Glass und Johann Sebastian Bach werden die Bewegungen des Meeres nahezu hörbar. In diesem Klang von aufbrausenden Wellen und leisem Geplätscher, entwickeln sich zwischen den Tänzern Beziehungen.

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Wave of Emotions: Carla Silva und Malthe Clemens als das 1. Paar.

Da ist zum einen das Paar (Carla Silva und Malthe Clemens), welches in einer Art Hassliebe verbunden ist. Mit sehr ausdrucksstarken Bewegungen zur recht hektischen Musik von Glass machen Silva und Clemens deutlich, dass sie zwar nicht miteinander auskommen können, aber eine Trennung dennoch nicht denkbar ist. Immer wieder verketten sie sich, quälen sich, finden jedoch keine Lösung. Noch aggressiver ist das Auftreten der beiden Männer (Marcelo Moraes und Vladimir de Freitas), denen es um berufliche Karriere und Macht geht. Mit schnellen und sehr harten Bewegungen wollen sie überall der erste und der bessere sein. Dabei ist die Körpersprache von Moraes und de Freitas grandios. In ihrer Beweglichkeit und Biegsamkeit scheinen sie nahezu keine Knochen im Körper zu haben. Zur Musik von Bach kommen nun die kleineren seichten Wogen. Ein weibliches Zwillingspaar (Clémentine Herveux und Yoko Furihata) empfindet eine große Zuneigung zueinander. Beide haben aber eine grundverschiedene Auffassung vom Leben. Gelenkt von zwei Männern (Leszek Januszewski und Andre Baeta), die Young Soon Hue als Schutzengel sieht, versucht die eine, ihre Träume und Fantasien auszuleben, während die andere sich immer wieder in ein Schneckenhaus zurückzieht. Neben diesen Paaren gibt es dann auch noch die einzelne Frau (Giulia Fabris), deren Gefühle in den Zwängen, denen sie ausgesetzt ist, zur Musik von Glass nahezu explodieren. Nachdem alle Protagonisten ihre Emotionen ausgedrückt haben, kehren sie wieder in die Position des Anfangsbildes zurück. Das Meer hat seine Ruhe zurückgefunden, so als ob nichts geschehen wäre. Auch nach dem zweiten Teil, ließ das Publikum das Ensemble erst nach mehreren Vorhängen in die wohlverdiente Pause.

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Wave of Emotions: Yoko Furihata und Clémentine Herveux als das Zwillingspaar.

Der dritte Teil des Abends, A Far Cry, ist eine Uraufführung des Tänzers und Choreographen Can Arslan, der zum ersten Mal in Hagen arbeitet. Gemäß des Programmheftes soll seine Choreographie eine Geschichte aus dem griechischen Mythos um den Titanen Atlas erzählen, der das Himmelsgewölbe zu tragen hatte und dessen Töchter, die Plejaden, als Sternbild an den Himmel versetzt wurden. Ohne Vorabinformation aus dem Programmheft erschließt sich diese Geschichte aber nicht. Dennoch hinterlässt Peer Palmowskis Bühnenbild vielleicht den bleibendsten Eindruck des Abends. So präsentiert er zum Beginn einen wunderbaren Sternenhimmel vor dem die Tänzerinnen (Giulia Fabris, Yoko Furihata, Naho Jo, Hayley Macri und Noemi Martone) in kurzen hellen Kleidern - die Plejaden? - stehen. Am Ende wird dieses Bild wieder aufgenommen, wobei durch den Sternenhimmel eine große weiße Treppe mit Säulen scheint, die in den Bühnenhimmel emporführt. Ist das die Milchstraße, die zum Olymp hinaufführt? Jedenfalls ist es ein grandioses Bild, wenn die Tänzer am Ende die Tänzerinnen ins Universum tragen.

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A Far Cry: Andre Baeta (links) und Vladimir de Freitas (rechts) tragen Yoko Furihata (links) und Clémentine Herveux (rechts).

Die Musik zu A Far Cry stammt von der japanischen Komponistin Yoko Kanno, dem italienischen Komponisten und Pianisten Ludovico Einaudi und dem in Jerusalem geborenen und in Marokko aufgewachsenen Komponisten Armand Amar und stellt durch die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse ein sehr breites Spektrum dar. Zu dieser teils elektronisch, teils klassisch anmutenden Musik zeigen die Tänzer Andre Baeta, Shaw Coleman, Malthe Clemens, Marcelo Moraes, Leszek Januszewski, Vladimir de Freitas und Matthew Williams mit nackten Oberkörpern, die ansatzweise von Brustpanzern bedeckt sind - soll das für die Titanen stehen? - eine sehr kraftvolle und homogene Ensembleleistung. Auch Clémentine Herveux schafft in ihrem Solo zum Beginn des Stückes sehr innige Momente. Nach einem sehr synchronen Paartanz von sechs Paaren, sinken die Frauen wie leblos zu Boden, bevor sie dann am Ende von den Männern wie Sterne an den Sternenhimmel getragen werden. Ein sehr eindrucksvolles Schlussbild, das erneut mit frenetischem Applaus der Zuschauer belohnt wird.

Auch wenn sich das letzte Stück inhaltlich nicht erschließt, legt das Ballettensemble in allen drei Teilen Zeugnis seines breiten Könnens ab und zeigt erneut, welches Potenzial und welche Begeisterungsfähigkeit in ihm steckt.


FAZIT

Ballettdirektor Ricardo Fernando hat mit seinem Ensemble erneut unter Beweis gestellt, warum diese Compagnie unbedingt erhalten werden sollte. Die Ballettfreunde Hagen und die Zuschauer unterstützen dieses Bemühen mit allen Kräften.



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Produktionsteam

Ausstattung
Peer Palmowski

Dramaturgie
Maria Hilchenbach

Augen

Choreographie
Marcelo Moraes

Tänzerinnen und Tänzer

Giulia Fabris
Yoko Furihata
Clémentine Herveux
Hayley Macri
Noemi Martone
Andre Baeta
Malthe Clemens
Vladimir de Freitas
Leszek Januszewski
Matthew Williams

 

Solo
Giulia Fabris

 

Duo
Carla Silva
Vladimir de Freitas

 

Wave of Emotions

Choreographie und Ausstattung
Young Soon Hue

Tänzerinnen und Tänzer

Solo

Giulia Fabris

1. Paar
Carla Silva
Malthe Clemens

Männer
Marcelo Moraes
Vladimir de Freitas

Zwillingspaar
Clémentine Herveux
Yoko Furihata

Schutzengel
Andre Baeta
Leszek Januszewski

 

A Far Cry

Choreographie
Can Arslan

Tänzerinnen und Tänzer

Giulia Fabris
Yoko Furihata
Clémentine Herveux
Naho Jo
Hayley Macri
Noemi Martone
Andre Baeta
Malthe Clemens
Shaw Coleman
Vladimir de Freitas
Marcelo Moraes
Leszek Januszewski
Matthew Williams


 


Weitere Informationen
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Theater Hagen (Homepage)




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