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Arabella

Lyrische Komödie in drei Aufzügen
Dichtung von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal
am 5. März 2011


Logo: Wuppertaler Bühnen

Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Arabella mit dem richtigen Schuss Psychologie


Von Thomas Tillmann / Fotos von Sonja Rothweiler

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Arabella (Banu Böke) amüsiert sich mit den drei Grafen (von links nach rechts: Miljan Milovic als Dominik, Thomas Schobert als Lamoral und Boris Leisenheimer als Elemer).

Zurecht bezeichnet der Pressetext Georg Köhls Wuppertaler Neuinszenierung von Richard Strauss' und Hugo von Hofmannsthals "zwischen Operette und Psychodrama changierende" Arabella als "raffiniert psychologisierte Sitten- und Milieuschilderung"; nicht ganz passen will allerdings der Zusatz "des mittleren 19. Jahrhunderts", denn weder in diese Zeit noch in eine andere klar definierbare weisen die das Barmer Opernhaus selber zitierende Bühne von Peter Werner noch die Kostüme von Claus Stump, von denen einige auch in der Jetztzeit denkbar wären (einer der Grafen trägt Puma-Sneaker), die Frisuren auf dem Ball dagegen erinnerten an die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Regisseur nimmt das häufig als zweitklassig bewertete Werk sehr ernst, erzählt es mit großer Liebe zum Detail fesselnd-vielschichtig und arbeitet dabei die "geradezu tragischen Personen- und Persönlichkeitskonflikte" im Verbund mit seinen sehr engagierten, natürlich agierenden Darstellern hervorragend heraus. Zentraler Gedanke ist dabei für ihn die "Erlösungssehnsucht" nahezu aller Figuren und ihr "Wunsch, die aktuelle Situation durch Hilfe von außen positiv verändern zu können. So instrumentalisiert jeder den anderen für seine Zwecke und nähert sich dabei nur immer weiter der persönlichen Katastrophe, bis ein vermeintliches Rendezvous schließlich zur Eskalation führt". Für das verschuldete Ehepaar Waldner ist Geld zur Triebfeder jeden Handelns geworden, nur noch im Glücksspiel und im Alkoholgenuss findet es zweifelhafte Erfüllung, da wird das Glück der beiden Töchter völlig ausgeblendet, von denen die eine in Jungenkleidung gesteckt wird und sich mitunter gar in den als Möbel dienenden Pappkartons verstecken muss, wenn sie nicht gerade neue Rosen von Matteo pflegt, den sie mehr liebt als die ältere Schwester, die sich im letzten verbliebenen Abendkleid - die anderen Schneiderpuppen sind bereits leer, die Tagesgarderobe Arabellas stammt schon nicht mehr von ersten Couturiers - auf dem Fiaker-, nicht auf dem Opernball für einen reichen Freier entscheiden muss, damit die überall im Zimmer verstreut herumliegenden Rechnungen bezahlt werden können. Der plötzlich auftauchende Fremde, der bereits im Schwesternduett hinter der Gardine in strahlendem, unwirklichen Weiß zu sehen ist, wird zur Projektionsfläche für ihre fixe Idee vom "Richtigen", aber er ist nicht frei für eine neue Beziehung, die früh gestorbene Ehefrau geistert in dieser Inszenierung immer wieder über die Bühne (für meinen Geschmack übrigens ein paar Mal zu oft, man begreift ja, was der Regisseur will). Sie ist wohl auch der Grund dafür, dass Arabella und Mandryka sich auch am Ende nicht bekommen - Arabella ist nicht wie die erste idealisierte Frau und auch nicht so engelsgleich wie auf der Fotografie, die in seine Hände geraten ist, die er hat rahmen lassen und die wie eine Reliquie am Bühnenrand stehen bleibt. Das alles ist schlüssig, geht gut auf und wirkt an keiner Stelle dem Werk aufgepfropft. Und viele schöne Bilder, von Sebastian Ahrens toll ausgeleuchtet, gibt es auch.

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Zdenko-Zdenka (Dorothea Brandt) beruhigt Matteo (Oliver Ringelhahn), dessen Rosen bei Arabella nicht mehr so recht ankommen.

Dass das ganz große Straussglück sich über weite Strecken nicht einstellte, lag vor allem am Sinfonieorchester Wuppertal, das sich allzu häufig mit Bläserpatzern zu Wort meldete und mit der reinen Bewältigung des Werkes so beschäftigt war, dass von einer mehr als allgemein zu nennenden Interpretation nicht die Rede sein kann und sich nur selten wahrer Glanz entfaltete. Immerhin, Hilary Griffiths, seit 2009 Chefdirigent der Wuppertaler Bühnen, machte im Wissen um die Grenzen seinen Protagonisten die Sache nicht unnötig schwer und begleitete so sensibel wie möglich.

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Arabella (Banu Böke) ist die Königin des Fiakerballs.

Banu Böke erweitert, seit sie in der Spielzeit 2007/08 ihr Festengagement in Wuppertal angetreten hat, "ihr Repertoire um Partien des jugendlich-dramatischen Fachs", liest man in ihrer Biografie auf der Homepage des Hauses, aber wenn man die Rollen durchgeht, so sind es doch eher solche, die man einem vollen lyrischen Sopran anvertraut. Man bewunderte ihren schlanken, flirrenden, glanzvoll-leuchtenden, schimmernden Ton, man war berührt von der Ernsthaftigkeit ihrer Gestaltung und der unverkrampften Mädchenhaftigkeit, man bewunderte die hohe Pianokultur ihres Singens, aber bei dem einen oder anderen "lyrischen Erguss" (wie Richard Strauss es nannte), bei den langen Bögen hörte man dann doch die Grenzen, da fehlte es der Stimme an Expansionsmöglichkeiten, dann stellten sich doch kleinere Schärfen bei Fortetönen ein (dabei war es sehr nett vom Regisseur, dass sie viele dieser Stellen direkt an der Rampe ausführen durfte). Trotz ihres eher kleinen Wuchses, für den sie nun wirklich nichts kann, sah die Künstlerin in der tiefroten Traumrobe von Claus Stump mit der langen Schleppe, mit der sie problemlos umzugehen verstand, hinreißend aus - wie es sich für eine Arabella gehört. Dorothea Brandts höhenstarken, luftigen, aber durchdringenden Sopran lag die Partie der Zdenka ganz hervorragend, auch darstellerisch ging sie ganz in dieser Hosenrolle auf und wurde mühelos zur Sympathieträgerin, und auch ihre glänzende Diktion verdient Erwähnung.

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Arabella (Banu Böke) und Mandryka (Kay Stiefermann) kriegen sich auch am Schluss nicht, denn Mandrykas verstorbene Frau (Isabel Bartnik) steht zwischen ihnen.

Kay Stiefermann ist seit fast zehn Jahren Mitglied der Wuppertaler Bühnen und hat neben wichtigen Partien des lyrischen und des Kavalierbaritonfachs auch erste Versuche unternommen, dramatischere Partien zu singen - in diese Kategorie gehört auch der Mandryka, für den er einfach nicht genug Stimme hat, sein Bariton klingt nach wie vor sehr leicht und metallisch, er hat kein Problem mit hohen Tönen, er geht auch mit großem Ernst und Emphase an die Sache, aber es fehlt erheblich an Farben, an Nuancen, an Kraft, Wärme und dem klanglichen Reichtum, den man von einem gestandenen Mandryka einfach erwartet.

Michael Tews, den man aus seiner Zeit in Krefeld/Mönchengladbach und Gelsenkirchen kennt, ist seit der Spielzeit 2010/2011 an den Wuppertaler Bühnen engagiert und reüssierte mit reifem, aber doch intaktem Bass und guter Textverständlichkeit (ohne Wiener Akzent allerdings) als Graf Waldner, Joslyn Rechter ist vielleicht ein bisschen jung für die Adelaide, aber sie sang sie völlig unangestrengt und ging mit viel Witz, köstlicher Mimik und vielen Zwischentönen in dieser Partie auf. Oliver Ringelhahn hatte sich mit dem Matteo, für den man eine Menge Stamina und Höhensicherheit braucht, hörbar übernommen, Forcieren ist keine gute Lösung, wenn einem eine Partie zu schwer ist. Boris Leisenheimer gab mit guter Höhe einen sehr präsenten Elemer, Miljan Milovic war in einem nahezu aus native speakern sich zusammensetzenden Ensemble als Dominik einer der wenigen, die man nicht besonders gut verstehen konnte, über Thomas Schoberts sehr schwachen Lamoral möchte ich kein weiteres Wort verlieren. Elena Fink gab als Fiaker-Milli mit Dominaallüre und tadellosem Koloraturfeuerwerk dem Affen ordentlich Zucker, Marina Edelhagen ergänzte mit etwas dünnen Ton als Kartenaufschlägerin das Ensemble, dem auch Philipp Werner als Welko, Marco Agostini als engagierter Zimmerkellner und andere mehr angehörten; Jens Bingert hatte die Damen und Herren des Chores gut vorbereitet.


FAZIT

Das war dank der intelligenten Regie ein sehenswerter Straussabend, die nicht unerheblichen Abstriche, die man im Musikalischen machen musste, lassen aber doch fragen, warum man sich nun gerade für dieses Stück entschieden hatte, das das Orchester und manchen Solisten überfordert.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Hilary Griffiths

Inszenierung
Georg Köhl

Bühnenbild
Peter Werner

Kostüme
Claus Stump

Licht
Sebastian Ahrens

Choreinstudierung
Jens Bingert

Dramaturgie
Ulrike Olbrich



Opernchor und Statisterie der
Wuppertaler Bühnen
Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

Arabella
Banu Böke

Mandryka
Kay Stiefermann

Zdenka
Dorothea Brandt

Graf Waldner
Michael Tews

Adelaide
Joslyn Rechter

Matteo
Oliver Ringelhahn

Elemer
Boris Leisenheimer

Dominik
Miljan Milovic

Lamoral
Thomas Schobert

Fiaker-Milli
Elena Fink

Kartenaufschlägerin
Marina Edelhagen

Welko
Philipp Werner

Zimmerkellner
Marco Agostini

Spieler
Andreas Heichlinger
Hak-Young Lee
Javier Horcio
Zapata Vera

Die Frau
Isabel Bartnik

Djura
Dennis Wilkesmann



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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