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Lakmé

Oper in drei Akten
Text von Edmond Gondinet und Philippe Gille
Musik von Léo Delibes


in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Koproduktion mit Opéra-Théâtre de Metz Métropole

Premiere im Opernhaus Bonn am 29. Januar 2012


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Theater Bonn
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Fernöstliches Kolorit in unterkühlter Atmosphäre

Von Thomas Molke / Fotos von Lilian Szokody

Dass Léo Delibes' Oper Lakmé nicht zu den vergessenen Schätzen der Opernliteratur gehört, verdankt sie vor allem dem in zahlreichen Werbespots und Wunschkonzerten präsentierten Blumenduett "Sous le dôme épais" in dem die Titelheldin gemeinsam mit ihrer Dienerin Mallika die Schönheit der Natur im heiligen Garten des Brahmanen Nilakantha besingt. Das komplette Werk ist jedoch eher selten auf den Spielplänen zu finden, so dass man diese szenische Koproduktion der Oper Bonn mit dem Opéra-Théâtre de Metz Métropole durchaus als Rarität bezeichnen kann. Warum dieses Oeuvre trotz seiner wunderschönen Melodien nicht den Sprung ins gängige Repertoire geschafft hat, mag vor allem den Schwächen des Librettos angelastet werden, da der Titelfigur anders als Puccinis 21 Jahre später komponierten Madama Butterfly eine dramatische Entwicklung auf dem Weg zum Selbstmord verweigert wird.

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Lakmé (Miriam Clark, rechts) und Mallika (Kathrin Leidig, links) beim berühmten Blumen-Duett, beobachtet von den englischen Besatzern hinter der Stellwand.

Lakmé ist die Tochter des Brahmanen Nilakantha, eines Mitglieds der obersten Kaste der Hindus in Indien, und wird von ihrem Vater in seinem Refugium streng vor der Außenwelt und den britischen Besatzern abgeschirmt. Dennoch gelangen die britischen Offiziere Gérald und Frédéric zusammen mit Géralds Verlobten Ellen, deren Cousine Rose und der Gouvernante Mistress Bentson in Nilakanthas verborgenen Garten. Gérald trifft dort auf Lakmé und entbrennt in leidenschaftlicher Liebe zu ihr. Mit Mühe kann Lakmé ihn vor ihrem Vater verbergen, doch Nilakantha hat bemerkt, dass ein Fremder sein heiliges Refugium entweiht hat, und schwört, Rache zu nehmen. Als Bettler verkleidet zwingt er seine Tochter auf dem Marktplatz zu singen, weil er hofft, dass der unbekannte Fremde sich beim Gesang Lakmés zu erkennen gibt. Nachdem er Gérald ausfindig gemacht hat, verletzt er ihn schwer. Doch Lakmé gelingt es, den Geliebten zu retten und in einer Bambushütte zu verstecken. Dort muss sie aber erkennen, dass Gérald seine Soldatenehre und seine Verlobte Ellen für sie nicht aufgeben kann, und nimmt Gift. Bevor sie stirbt, trinkt sie mit Gérald vom Wasser der heiligen Quelle, um ihn so vor der Rache ihres Vaters zu schützen.

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Lakmé (Miriam Clark) und Gérald (Alexandru Badea) gestehen sich ihre Liebe.

Während die Kostüme von Giovanna Fiorentini recht klassisch gehalten sind und das Weiß der britischen Besatzer in starkem Kontrast zu den farbenfrohen Gewändern der Inder steht, entzieht sich das Bühnenbild von Benoît Dugardyn der sentimentalen Postkartenidylle des fernen Indiens und zeigt keinerlei fernöstliche Botanik, sondern besteht lediglich aus hohen Stellwänden, die mit den kassettenförmigen geometrischen Mustern an Garten-Pavillons erinnern. Zum einen rahmen diese Stellwände die ganze Bühne ein und erzeugen eine Art Minikosmos. Zum anderen trennen drei hohe drehbare Stellwände in der Mitte die einheimische indische Kultur von der ihrer britischen Besatzer. So singt Lakmé mit ihrer Dienerin Mallika das Blumen-Duett vor der Stellwand, während eine britischen Gruppe hinter der Stellwand die beiden beobachtet. Durch Drehen dieser Stellwände wird der Raum nach vorne hin eingeengt, wenn zum Beispiel Nilakantha seine Tochter zwingt, gegen ihren Willen auf dem Markt zu singen, oder nach hinten hin geöffnet, wenn die britischen Besatzer die Tänzerinnen auf dem Markt beobachten. Durch Einsatz der Drehbühne können diese drei Elemente auch als Gesamtheit gedreht werden. So werden die Stellwände im dritten Akt erstmalig schräg aufgestellt, wenn Lakmé gemeinsam mit Gérald von einer gemeinsamen Zukunft in der versteckten Bambushütte träumt. Erst die aufblitzenden Bilder von Ellen und Frédéric machen diesen Traum zunichte und führen dazu, dass nach Lakmés Freitod die Stellwände wieder eine deutliche Trennung in vorne und hinten vornehmen und die englische Reisegruppe wie zu Beginn die Einheimischen durch diese Wand beobachtet.

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Der indische Marktplatz scheint für die britische Teeparty von Ellen (Julia Kamenik, links), Mistress Bentson (Anjara I. Baartz, Mitte) und Rose (Charlotte Quadt, rechts) nicht so geeignet zu sein (um die Gruppe herum: Chor und Statisterie des Theater Bonn).

Paul-Emile Fourny, der in Zukunft die künstlerische Leitung des Opéra-Théâtre de Metz Métropole übernehmen wird, misstraut in seiner Personenregie innigen Gefühlswallungen und lässt die Protagonisten im Zusammenspiel recht statisch agieren. So gesteht er Lakmé und Gérald in ihrem großen Liebesduett am Ende des ersten Aktes im Gegensatz zur Musik kaum ein Zusammenspiel zu, sondern lässt sie meist in gewissem Abstand ihre Liebe zueinander besingen. Die Beteuerungen der beschworenen ewigen Liebe sind, wie sich später herausstellen wird, nur bloße Worthülsen. Erst im letzten Akt dürfen die beiden sich nahe kommen, bevor dann der kurze Moment des Glücks wieder zerstört wird. Der Freitod Lakmés wird in Fournys Inszenierung recht abstrakt angedeutet. So sinkt sie am Ende keineswegs tot zusammen, sondern erhebt sich wieder und bleibt wie eine Statue stehen, was insofern zum Text passt, als dass Nilakantha feststellt, dass seine Tochter durch das Wasser der heiligen Quelle in das ewige Leben eingegangen ist. Wieso sich allerdings Gérald im zweiten Akt, bevor er von Nilakanthas Anhängern niedergestochen wird, wie ein Verletzter krümmt, bleibt unverständlich. Vielleicht soll damit sein innerer Kampf zwischen Gefühlen für Lakmé und seinem Pflichtgefühl der britischen Krone gegenüber angedeutet werden.

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Gérald (Alexandru Badea, links) und Nilakantha (Renatus Mészár, Mitte) müssen hilflos mit ansehen, wie Lakmé (Miriam Clark, vorne) stirbt (im Hintergrund: Hadji (Charles Prat) und Mallika (Kathrin Leidig)).

Musikalisch ist die Oper ein Bravourstück für eine Sängerin. Und die junge Sopranistin Miriam Clark, die seit Dezember auch als Norma in Dortmund glänzt (siehe auch unsere Rezension) verfügt über eine Stimme, die durchaus mit den namhaften Interpretinnen dieser Partie mithalten kann. So erntet sie für die koloratur-gespickte Glöckchen-Arie im zweiten Akt, in der sie auf dem Marktplatz die Legende von der Tochter des Parias besingt, die mit einer Zauberglocke einen geliebten Fremden vor den wilden Tieren beschützt, minutenlangen Applaus. Mit welcher Akkuratesse sie die einzelnen Koloraturen ansetzt, ohne dabei zu forcieren oder die Töne zu verschleifen, und auch die Höhen mit scheinbarer Leichtigkeit trifft und halten kann, rechtfertigt bereits allein einen Besuch der Aufführung. Das berühmte Blumenduett legt sie mit Kathrin Leidig als Mallika mit großen lyrischen Bögen an und erzeugt im harmonischen Zusammenspiel mit Leidig eine regelrechte Gänsehaut. Mit ihrem großen warmen Sopran füllt Clark die Titelpartie so inniglich aus, dass ihr Gesang allein die nüchtern gehaltene Inszenierung vergessen lässt. Ihr zur Seite steht mit Alexandru Badea ein Tenor, der in der anspruchsvollen Rolle des Gérald durchaus mithalten kann. So weiß auch er im Liebesduett mit Clark stimmlich zu glänzen. In den kleineren Partien überzeugt vor allem Renatus Mészár als Nilakantha mit kräftigem Bass.

Stefan Blunier führt das Beethoven Orchester Bonn mit schwelgerischer Leichtigkeit durch die magischen Melodienbögen und lässt das Publikum in eine fernöstliche Fantasiewelt eintauchen. Der von Sibylle Wagner einstudierte Chor der Oper Bonn meistert seine anspruchsvolle Aufgabe ebenfalls hervorragend. Natürlich darf bei Delibes auch die Balletteinlage nicht fehlen. So vermitteln auch Stephanie Blasius, Raquel López Ogando und Nora Vladiguerov als indische Tänzerinnen in einer Choreographie von Elodie Vella in den drei Tanzeinlagen des zweiten Aktes auf dem Marktplatz indisches Flair. Am Ende gibt es für alle Beteiligten lang anhaltenden und verdienten Applaus, auch das Regieteam erntet beim Premierenpublikum nur Zustimmung.


FAZIT

Wer mehr von dieser zauberhaften französischen Oper kennen lernen möchte als das Blumen-Duett, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, diese musikalisch überzeugende Produktion in Bonn zu besuchen. (Weitere Termine: 4., 8. und 25.2.2012, 22.3.2012, 13. und 20.4.2012, 12.5.2012 und 1.6.2012 jeweils um 19.30 Uhr, 18.3.2012 um 16.00 Uhr und 1.4.2012 um 18.00 Uhr)


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
*Stefan Blunier /
Robin Engelen

Inszenierung
Paul-Emile Fourny

Bühne
Benoît Dugardyn

Kostüme
Giovanna Fiorentini

Licht
Max Karbe

Choreographie
Elodie Vella

Choreinstudierung
Sibylle Wagner

Dramaturgie
Ulrike Schumann


Chor des Theater Bonn

Statisterie des Theater Bonn

Beethoven Orchester Bonn


Solisten

* Besetzung der Premiere

Lakmé
*Miriam Clark /
Aleksandra Kubas

Mallika
Susanne Blattert /
*Kathrin Leidig

Mistress Bentson
Anjara I. Baartz

Ellen
Julia Kamenik

Rose
Charlotte Quadt

Gérald
*Alexandru Badea /
Mirko Roschkowski

Nilakantha
Ramaz Chikviladze /
*Renatus Mészár

Frédéric
Giorgos Kanaris

Hadji
Charles Prat

Drei Tänzerinnen
Stephanie Blasius
Raquel López Ogando
Nora Vladiguerov


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