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HochseilaktVon Chrisopht Wurzel / Fotos von Jochen KlenkEs ist schon ein wahrer Hochseilakt, den Lohengrin vollführen muss, das Vertrauen Elsas zu gewinnen, obwohl sie weder nach seiner Herkunft noch nach seinem Namen fragen darf. Wie bekannt geht das Unternehmen schief. Gefährlich also, ausgerechnet einen Hochseilartisten als Symbol für den Schwanenritter zu wählen, wie jetzt in der Karlsruher Inszenierung von Reinhild Hoffmann geschehen. Und wie zu befürchten war: Auch das ging schief.
Mit
der Balancierstange: Lohengrin und sein „Schwan“ (Lance Ryan und Joshua
Wetterbauer) Zur Überraschung also nicht nur des Brabanter Volkes, sondern auch des Karlsruher Publikums schiebt sich, wenn der Chor „welch seltsam Wunder“ singt, die Pappfigur eines Hochseilakrobaten über ein hoch über der Bühne gespanntes Seil und aus dem Hintergrund erscheint flugs Lohengrin im weißen Anzug mit einem kleinen Assistenten auf der Bühne, welcher sich am Schluss - kein Wunder – als Elsas Bruder Gottfried entpuppt. Dass Lohengrin eine Gestalt ist, die den „Blick der Menschen in die Höhe zieht: zum Erhabenen“, das behauptet zwar das Programmheft, aber die Inszenierung löst dies nicht ein. Wenn einer Regie schon ein solches Konzept zugrunde liegt, dann müsste es schlüssig entwickelt werden. Davon ist jedoch nicht viel zu sehen, weil ihr größtes Manko die Personenführung ist. Reinhild Hoffmann gibt ihren Figuren keine lebendigen Gesten, sondern ihre Regie erschöpft sich in Klischees – Singen an der Rampe, anstatt Interaktion der Personen. Am schlimmsten trifft es den Chor, der nur als anonyme Masse, mal auf der Tribüne Fähnchen schwingend (Finale 2. Akt), mal ergriffen lauschend (Gralserzählung) auf dem Boden ruht. Demonstriert wird eine Botschaft auch zu sehr durch Emily Laumanns Kostümierung, die die Frauen in Kleider der 30iger Jahre (samt blonder Lockenperücke) und die Männer in moderne Abendanzüge gesteckt hat. Das Volk von Brabant ist hier als eine durch die Zeiten immer gleich opportunistische Menge gezeigt. Man merkt die Absicht und ist verstimmt: Ein Konzept selbst ist eben noch nicht die Aktion auf der Bühne. Hartmut Meyers Bühnenbild versetzt die Opernhandlung in eine Sporthalle mit Tribüne, Siegertreppchen, Tor und einen goldnen Ball. König Heinrich erscheint als jovialer Sportfunktionär („ein kräftig reicher Heerverband“), die Damen des Chors als muntere Cheerleader und einmal dribbelt Telramund den Ball ums Tor. Nur ist dieser sportive Ansatz zu banal geraten, um Wagners romantischer Oper irgendeine tiefere Bedeutung zu geben. Die Einfälle bleiben disparat, nichts zündet richtig, man fragt sich immer nur „Was soll’s?“. Zum Verrat an ihm ließ sich betören: Elsa (Heidi Melton) mit Lohengrin (Lance Ryan); im Hintergrund Renatus Meszar als König Heinrich Auch für Lance Ryan selbst bedeutete dieser Abend einen Hochseilakt, es war sein Debut als Lohengrin. Er hat einen Ruf zu verteidigen, denn als Siegfried ist er im Augenblick gefragt wie keiner. Der Heldentenor nun als sanfter Friedensbringer: Wie viel Siegfried steckt im Lohengrin? Nun, Ryan schlug sich achtbar an lyrischen Stellen, forcierte aber auch mitunter und bekam den Kraftmeier nicht gänzlich kontrolliert. Aber die Gralserzählung gestaltete er subtil und einfühlsam. Nicht gänzlich konnte er damit sein Publikum überzeugen, ein paar Buhs mischten sich beim Schlussbeifall für ihn unter. Überwältigend der Erfolg für Heidi Melton. Die amerikanische Sängerin, seit dieser Spielzeit in Karlsruhe engagiert, hat sich hier schon als Didon (Troyens) bestens präsentiert. Nun singt sie nicht nur perfekt artikuliert, sondern auch ausdrucksstark die Partie der Elsa und nimmt komplett für sich ein. Ihre wandelbare Stimme verleiht der Gestalt jenes Maß an Menschlichkeit, welches die Regie ihr nicht zu geben versteht. Exzellent auch Jaco Venter als Telramund, der mit kernigem Bariton und in markanter Diktion dieser Rolle dramatisch Gestalt gibt. In der Stimme von Susan Anthony dagegen liegt zu wenig Charakter, um der dämonischen Ortrud Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ebenfalls zu wenig Statur gewinnt Renatus Meszar als König Heinrich, der stimmlich flach und bieder bleibt. Seung-Gi Jung als Heerrufer singt markig, aber etwas unsauber in der Intonation. Als großes Plus dieser Produktion ist das Orchester zu vermelden. Ganz intensiv hatte Justin Brown offensichtlich mit der Badischen Staatskapelle geprobt und das Ergebnis war ein fein geschliffenes, glänzendes Klangbild. Schon das erste Vorspiel geriet zu einem filigranen, silbrig glitzernden Meisterstück, fein abgestimmt, federleicht geschichtet und außerordentlich schön im Klang. Im Vorspiel zum 3. Akt ließ Brown die Staatskapelle mitreißendes Temperament entfalten, ohne dass es an rhythmischer Präzision mangelte oder irgendetwas verwischte. Als Begleiter führte der Karlsruher GMD das Orchester einfühlsam und ließ den Sängern ihren Raum, so dass zumeist sehr textverständlich gesungen werden konnte.
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Produktionsteam
Musikalische
Leitung
Regie
Badische
Staatskapelle Badischer Staatsopernchor Extrachor des
Studierende der
Hochschule Statisterie
des Solisten*rezensierte Aufführung
Heinrich
der Vogler
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E-Mail: oper@omm.de
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