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Es war einmal
Von Joachim Lange /
Fotos von
Wilfried Hösl
Olympia und Hoffmann
Seit Nikolaus Bachler an der Münchner Staatsoper das Sagen hat, ging es bei den Neuproduktionen in erster Linie um ein szenisches Gelingen oder Scheitern, was mehr oder weniger überzeugend musikalisch gestützt oder konterkariert wurde. Der aktuelle Saisonstart weicht davon ab. Denn diesmal hatte man vor allem die beiden Stars der Neuproduktion von Jacques Offenbachs so unvollendeten wie populären Les Contes dHoffmann im Visier: den mexikanischen Tenor-Sunnyboy Rolando Villazón als Dichter Hoffmann und die junge Mutter Diana Damrau als Verkörperung seines Frauenbildes. Antonia und Hoffmann Bekanntlich himmelt dieser Hoffmann ja den Alkohol und die Sängerin Stella an und erzählt seinen Saufkumpanen, ganze drei Akte lang, von seinen gescheiterten Abenteuern mit der Puppe Olympia, der kranken Sängerin Antonia und der Kurtisane Giulietta. Die sind für ihn Teile eines einzigen Traumfrauenbildes, dessen Entsprechung er im Leben so nicht findet. Die Neugier beim Publikum, ob Villazón die mörderische Partie durchstehen und ausfüllen würde, war mit Händen zu greifen. Der Luftsprung des Tenors beim Schlussapplaus dann war verständlich. Und er war nachvollziehbar. Villazón warf sich mit der ihm eigenen Leidenschaft in die Rolle, verausgabte sich bis zu seinem Limit und überzeugte mit dem sinnlich warmen Timbre, seiner emotionalen Eloquenz und auch mit sicherer Höhe. Seine Stimme steht ihm (wieder) zu Gebote. Ein dramatischer Überflieger war er auch vor seinen Stimmkrise nicht. Der Dichter und seine Muse Diana Damrau hatte im Vorfeld der Premiere gesagt, dass es ihr ausdrücklicher Wunsch war, alle drei Traum-Frauen auf einmal zu singen. Und sie hat dann praktisch belegt, dass sie tatsächlich zu den Spitzenkünstlerinnen gehört, die auch können, was sie wollen, bzw. wollen, was sie können! Beglückend mit welchem Witz und welcher Koloratursicherheit sie der Olympia präzise Kühle einhauchte, die Antonia mit erwachender Leidenschaft ausstattete und schließlich ihrer Giulietta das Quantum Verworfenheit verpasste, das diese Frau als Komplizin beim Diebstahl der Männer-Spiegelbilder braucht. Als überraschend ebenbürtig erwies sich an diesem Abend auch Angela Brower als Muse und Kumpan Nicklausse, kraftvoll und eloquent, immer dicht bei Hoffmann und optisch wie sein Alter Ego ausstaffiert. Da mit John Relyea auch die teuflischen Rollen von Lindorf über Coppélius und Miracle bis Dapertutto über diabolisches Stimmformat verfügten (allerdings ohne den Diamanten im vierten Akt wirklich makellos dunkel leuchten zu lassen) und auch alle anderen Rollen sorgfältig besetzt waren, der Chor zur Hochform auflief und Constantinos Carydis am Pult des Bayerischen Staatsorchesters mit dosiertem Temperament und Lust am Schwelgen zu Werke ging, kann man in München die musikalische Seite des Abends auf der Habenseite verbuchen. Der Bösewicht in wechselnder Gestalt Für die Inszenierung von Richard Jones lässt sich das allerdings nicht so sagen. Steht der Brite doch eigentlich für irritierende, ästhetisch radikale Zugriffe auf bekannte Stoffe (in München zuletzt mit seinem Zimmermanns-Lohengrin) so lieferte er diesmal eine so schmerz-, jugend- und gedankenfreie Nacherzählung, dass man zuerst verblüfft und dann zunehmend gelangweilt war. Natürlich gibt es nette kleine Einfälle. Vom begehbaren Getränkeschrank über die Platzierung der Olympiapuppe auf einer kleinen Zimmertheaterbühne in einem Kinderzimmer bis zu dem überdimensionierten Schminkspiegel, mit dessen Hilfe den Männern im Giulietta Akt ihre Spiegelbilder geraubt wird. Die geräumige Dichter-Mansarde, mit Flur auf der linken Seite, die Giles Cadle gebaut hat, wird nur in der Ausstattung leicht variiert und ließe sich ohne weiteres für eine Boheme nachnutzen. Bei seiner Personenführung hat Jones offenbar irgendwann aufgegeben, die überschäumende, kindliche Spielfreude von Rolando Villazón zu zähmen. So lässt er ihn dann in seinem etwas groß geratenen Kinderzimmer toben. Und liefert ansonsten eine brave Nacherzählung für Opernanalphabeten, bei der noch Erläuterungs-Piktogramme als erklärende Fußnoten beigesteuert werden. Im Kinderzimmer ist immer was los Inklusive der aus gepafften Pfeifenrauchwölkchen Frauennamen für die Akte auf dem Zwischenvorhang. So simpel hat man Jones und die Oper in München schon lange nicht erlebt. Das Publikum bejubelte seine Stars. Und szenisch hätte ja bei diesem Team durchaus auch etwas anderes herauskommen können, als diese brave Es war einmal FAZITDiese Erzählungen des Dichters Hoffmann sind für Münchner Verhältnisse szenisch ziemlich harmlos geraten. Sie haben aber mit Diana Damrau und Rolando Villazón zwei Stars in Hochform, die nahezu alles überstrahlen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Choreographie
Chöre
Dramaturgie
Solisten
Hoffmann
Olympia / Antonia / Giulietta
Lindorf / Coppélius /
Niklausse / Muse
Stimme aus dem Grab
Nathanael
Spalanzani
Hermann
Schlemihl
Wilhelm
Luther, Crespel
Cochenille /
Puppenspieler (Olympia)
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