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Les Contes d‘Hoffmann
(Hoffmanns Erzählungen)


Opéra fantastique in fünf Akten
Libretto von Jules Barbier
nach dem Schauspiel von Jules Barbier und Michel Carré
Musik von Jacques Offenbach
basierend auf der Ausgabe von Michael Kaye und Jean-Christophe Keck


in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 25' (zwei Pausen)

Koproduktion mit der English National Opera London
Premiere am 31. Oktober 2011 an der Bayerischen Staatsoper München




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Es war einmal …

Von Joachim Lange / Fotos von Wilfried Hösl
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Olympia und Hoffmann

Seit Nikolaus Bachler an der Münchner Staatsoper das Sagen hat, ging es bei den Neuproduktionen in erster Linie um ein szenisches Gelingen oder Scheitern, was mehr oder weniger überzeugend musikalisch gestützt oder konterkariert wurde. Der aktuelle Saisonstart weicht davon ab. Denn diesmal hatte man vor allem die beiden Stars der Neuproduktion von Jacques Offenbachs so unvollendeten wie populären Les Contes d’Hoffmann im Visier: den mexikanischen Tenor-Sunnyboy Rolando Villazón als Dichter Hoffmann und die junge Mutter Diana Damrau als Verkörperung seines Frauenbildes.

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Antonia und Hoffmann

Bekanntlich himmelt dieser Hoffmann ja den Alkohol und die Sängerin Stella an und erzählt seinen Saufkumpanen, ganze drei Akte lang, von seinen gescheiterten Abenteuern mit der Puppe Olympia, der kranken Sängerin Antonia und der Kurtisane Giulietta. Die sind für ihn Teile eines einzigen Traumfrauenbildes, dessen Entsprechung er im Leben so nicht findet. Die Neugier beim Publikum, ob Villazón die mörderische Partie durchstehen und ausfüllen würde, war mit Händen zu greifen. Der Luftsprung des Tenors beim Schlussapplaus dann war verständlich. Und er war nachvollziehbar. Villazón warf sich mit der ihm eigenen Leidenschaft in die Rolle, verausgabte sich bis zu seinem Limit und überzeugte mit dem sinnlich warmen Timbre, seiner emotionalen Eloquenz und auch mit sicherer Höhe. Seine Stimme steht ihm (wieder) zu Gebote. Ein dramatischer Überflieger war er auch vor seinen Stimmkrise nicht.

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Der Dichter und seine Muse

Diana Damrau hatte im Vorfeld der Premiere gesagt, dass es ihr ausdrücklicher Wunsch war, alle drei Traum-Frauen auf einmal zu singen. Und sie hat dann praktisch belegt, dass sie tatsächlich zu den Spitzenkünstlerinnen gehört, die auch können, was sie wollen, bzw. wollen, was sie können! Beglückend mit welchem Witz und welcher Koloratursicherheit sie der Olympia präzise Kühle einhauchte, die Antonia mit erwachender Leidenschaft ausstattete und schließlich ihrer Giulietta das Quantum Verworfenheit verpasste, das diese Frau als Komplizin beim Diebstahl der Männer-Spiegelbilder braucht.

Als überraschend ebenbürtig erwies sich an diesem Abend auch Angela Brower als Muse und Kumpan Nicklausse, kraftvoll und eloquent, immer dicht bei Hoffmann und optisch wie sein Alter Ego ausstaffiert. Da mit John Relyea auch die teuflischen Rollen von Lindorf über Coppélius und Miracle bis Dapertutto über diabolisches Stimmformat verfügten (allerdings ohne den Diamanten im vierten Akt wirklich makellos dunkel leuchten zu lassen) und auch alle anderen Rollen sorgfältig besetzt waren, der Chor zur Hochform auflief und Constantinos Carydis am Pult des Bayerischen Staatsorchesters mit dosiertem Temperament und Lust am Schwelgen zu Werke ging, kann man in München die musikalische Seite des Abends auf der Habenseite verbuchen.

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Der Bösewicht in wechselnder Gestalt

Für die Inszenierung von Richard Jones lässt sich das allerdings nicht so sagen. Steht der Brite doch eigentlich für irritierende, ästhetisch radikale Zugriffe auf bekannte Stoffe (in München zuletzt mit seinem Zimmermanns-Lohengrin) so lieferte er diesmal eine so schmerz-, jugend- und gedankenfreie Nacherzählung, dass man zuerst verblüfft und dann zunehmend gelangweilt war. Natürlich gibt es nette kleine Einfälle. Vom begehbaren Getränkeschrank über die Platzierung der Olympiapuppe auf einer kleinen Zimmertheaterbühne in einem Kinderzimmer bis zu dem überdimensionierten Schminkspiegel, mit dessen Hilfe den Männern im Giulietta Akt ihre Spiegelbilder geraubt wird. Die geräumige Dichter-Mansarde, mit Flur auf der linken Seite, die Giles Cadle gebaut hat, wird nur in der Ausstattung leicht variiert und ließe sich ohne weiteres für eine Boheme nachnutzen. Bei seiner Personenführung hat Jones offenbar irgendwann aufgegeben, die überschäumende, kindliche Spielfreude von Rolando Villazón zu zähmen. So lässt er ihn dann in seinem etwas groß geratenen Kinderzimmer toben. Und liefert ansonsten eine brave Nacherzählung für Opernanalphabeten, bei der noch Erläuterungs-Piktogramme als erklärende Fußnoten beigesteuert werden.

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Im Kinderzimmer ist immer was los

Inklusive der aus gepafften Pfeifenrauchwölkchen Frauennamen für die Akte auf dem Zwischenvorhang. So simpel hat man Jones und die Oper in München schon lange nicht erlebt. Das Publikum bejubelte seine Stars. Und szenisch hätte ja bei diesem Team durchaus auch etwas anderes herauskommen können, als diese brave „Es war einmal…“

FAZIT

Diese Erzählungen des Dichters Hoffmann sind für Münchner Verhältnisse szenisch ziemlich harmlos geraten. Sie haben aber mit Diana Damrau und Rolando Villazón zwei Stars in Hochform, die nahezu alles überstrahlen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Constantinos Carydis

Inszenierung
Richard Jones

Bühne
Giles Cadle

Kostüme
Buki Shiff

Licht
Mimi Jordan Sherin

Choreographie
Lucy Burge

Chöre
Sören Eckhoff

Dramaturgie
Rainer Karlitschek



Chor der Bayerischen Staatsoper

Statisterie der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Hoffmann
Rolando Villazón

Olympia / Antonia / Giulietta
Diana Damrau

Lindorf / Coppélius /
Doktor Miracle / Dapertutto
John Relyea

Niklausse / Muse
Angela Brower

Stimme aus dem Grab
Okka von der Damerau

Nathanael
Dean Power

Spalanzani
Ulrich Reß

Hermann
Tim Kuypers

Schlemihl
Christian Rieger

Wilhelm
Andrew Owens

Luther, Crespel
Christoph Stephinger

Cochenille /
Frantz / Pitinacchio
Kevin Conners

Puppenspieler (Olympia)
Robert Rebele


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



Da capo al Fine

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