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Die Banditen (Les Brigands)  

Opéra-bouffe in 3 Akten     
Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
Deutsche Fassung von Wolfgang Quetes     
Musik von Jacques Offenbach    


in deutscher Sprache 

Aufführungsdauer: ca. 2 h 15' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus der Städtischen Bühnen am 29. Januar 2012
rezensierte Aufführung am 5. Februar 2012

                    
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                                Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Offenbachs Banditen erobern das münstersche Theater  


Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer

Was karikiert unsere Zeit besser als Offenbachs musikalische Gesellschaftssatire Les Brigands, zu deutsch: Die Banditen. Auch hier wird über nichtsnutzige Vergnügungen des Chefs und leere Kassen gemault, steht Gewinnmaximierung im Vordergrund. 1869 im Pariser Théâtre des Variétés uraufgeführt, finden bis 1870, dem Ausbruch des deutsch-französischen Krieges, 107 Aufführungen statt.

Alle werden in diesem Meisterwerk spöttisch aufs Korn genommen: ob Räuberchef Falsacappa oder seine "Tividenden"-Auszahlung fordernde Bande, ob spanischer Hof, höfischer Schatzmeister, der begnadigende Herzog oder die Hüter des Gesetzes. Und doch gilt Offenbachs musikalische Sympathie den Räubern. Sie haben pfiffige Ideen und ihre Vergnügungs- und Lebenslust wird den "tumben Karabinieri", "blässlichen Galanterien im Palast" und  "verklemmten Selbstentstellungskünsten der Diplomaten" gegenübergestellt.

SzenenfotoEnsemble mit Falsacappa und Fiorella

Wolfgang Quetes setzt in seiner münsterschen Inszenierung ganz auf diesen Kontrast. Da ist die attraktive und kokette, eigenwillige Räubertochter Fiorella, eine Rolle, die die textverständlich singende Melanie Spitau schauspielerisch und sängerisch mit spritzig lyrischem Sopran überzeugend interpretiert. Und im selben Bolero-Tanzmuster auf der anderen Seite eine von Daniela Jungblut mit warmem lyrischen Timbre ausgestattete, spanische Prinzessin, die erstarrt in mechanischen Begleitrhythmen, seelenloser Melodie und dynastischem Ausstattungspomp mit umständlicher Schreit- und Drehbewegung aufwartet. Quirliges, ungeordnetes Durcheinander neben ästhetisch arrangierter Aufstellung.

Manfred Kaderk hat einen ansprechenden alt und modern mischenden, multifunktionalen Raum geschaffen, der entsprechend der drei Akte in Naturumgebung, Speiseraum und fürstliche Empfangshalle umgewandelt wird. Anke Drewes stattet insbesondere den spanischen Hofstaat mit prunkvollen, historisierten  Kostümen aus, die im Detail witzig, schrill  und fantasievoll konterkariert werden.

Mit Peter Jahreis in der Rolle des Pietro heißt Quetes einen Schauspieler willkommen, der auch als Sänger, Regisseur und Werbeleiter in den letzten sieben Intendanzen die münstersche Theaterarbeit begleiten durfte. Seine ständig wiederholten Kommentare zu Falsacappa und seiner Tochter wie z.B. "ganz der Vater", "ganz die Mutter" geben dem luftig schwungvollen Stück jedoch einen allzu biederen Beigeschmack. Etwas unpassend und gewollt wirkt auch eine von Quetes eingeführte Unterbrechung des Stückes: Falsacappa, den Fritz Steinbacher lebhaft mit lyrisch leichtem, klaren Tenor interpretiert ohne jedoch die musikalische Ironie dieser Rolle zu zeigen, lässt die musikalische Darbietung seiner Truppe wiederholen und fordert zu mehr Schwung auf. Das beherzte Eingreifen nimmt Bezug auf Offenbachs Einwirken während der Proben der Banditen in Wien, bleibt in Münster jedoch ohne Konsequenz - leider.
Szenenfoto
Die Prinzessin umgeben vom spanischen Hofstaat 

Ansonsten hält sich Quetes im Wesentlichen an das Original. Wenn Spitzen auf Vorkommnisse unserer Zeit stattfinden, wirken sie meist aufgesetzt, sind wenig in das Spiel auf der Bühne eingebunden wie z.B. die viel zu lang geratene biographische Auslassung Pietros, in der er seine berufliche Karriere vom Banker zum Räuber mit dem wirklichkeitsfernen,  sozialromantischen Ethos der "Umverteilung von oben nach unten" schmückt. Auf der anderen Seite zeigt die Rollendarbietung  eines weiteren Schauspielgastes, Benjamin Kradolfer Roths, wie man mit witziger Bühnenpräsenz anspielungsreich die Rolle des Schatzmeisters Antonio gestalten kann, der selbstverliebt Luxusausgaben mit der Bemerkung "es ist meine Natur" rechtfertigt. Auch Philipp Hoferichter ist ein textverständlich singender, leichter, beweglicher Herzog von Mantua.

Musikalisch folgenreich vor allem für die Duette der Beiden ist die Besetzung von Fiorellas Liebhaber Fragoletto. Anstelle eines Mezzosoprans - die Rolle war ursprünglich die Hosenrolle für Offenbachs Geliebte Zulma Bouffar - besetzt Quetes die Rolle mit dem flink artikulierenden Tenor Tadahiro Masujima, dessen schlankes, leichtes Timbre sich im Terzett wunderbar mit dem Fritz Steinbachers und Peter Jahreis ergänzt, im Duett mit Melanie Spitau jedoch zu wenig klangpräsent ist.
Und trotzdem - die Musik Offenbachs ist  immer wieder ein Genuss, selbst wenn  - zumindest an diesem Abend - sich Thorsten Schmid-Kapfenburg mit seinen differenzierten Tempi bei einem selten homogen einsetzenden, textunverständlich singenden Chor nicht durchsetzen konnte. Ob im wunderbaren Finale des 1. Aktes oder im Bettlerkanon Chor und Orchester liefen oft auseinander. Und da man selten etwas verstehen konnte, wäre - trotz der Darbietung in deutscher Sprache - eine Übertitelung wünschenswert gewesen.

     

FAZIT

Offenbach musikalisch und szenisch genussvoll umzusetzen ist hohe Kunst. 


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Produktionsteam


Musikalische Leitung
Thorsten Schmid-Kapfenburg

Inszenierung
Wolfgang Quetes

Bühne
Manfred Kaderk  

Kostüme
Anke Drewes 

Dramaturgie
Wilfried Harlandt

Chorleitung
Karsten Sprenger  

Choreographie
Tomasz Zwozniak


Chor der Städtischen Bühnen Münster
Statisterie
Sinfonieorchester Münster

Solisten

* Besetzung der rezensierten Vorstellung

Falsacappa
Fritz Steinbacher

Fiorella
Melanie Spitau

Pietro
Peter Jahreis

Carmagnola
Q-Won Han

Domino
Wolf von der Burg*/
Donald Rutherford

Barbavano
Julian Schulzki

Fragoletto
Tadahiro Masujima

Herzog von Mantua
Philipp Hoferichter*/
Youn-Seong Shim

Campotasso
Mindaugas Jankauskas

Capitaine Bramarbasso
Matteo Suk

Antonio
Benjamin Kradolfer Roth

Prinzessin von Granada/ Bianca
Daniela Jungblut

Adolphe/ Cicinella
Marie-Luise Renz

Marquise/ Pipetta/ Zerlina
Yuan Yuan Lu

Duchesse/ Pipa/ Fiametta
Makiko Tanaka

Pipo/ Gloria-Cassis
Thomas Stückemann

Précepteur
Frank Göbel


Weitere Informationen

erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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