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Die lustige Witwe

Operette in drei Akten
Libretto von Victor Léon und Leo Stein
Musik von Franz Lehár

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Übernahme-Premiere im Opernhaus Wuppertal am 15. Oktober 2011
(Premiere im Theater und Konzerthaus Solingen am 2. Juni 2011)
(rezensierte Aufführung: 11.11.2011)


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Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Wenn es ums Geld geht


Von Thomas Molke / Fotos von Andreas Fischer

Nachdem Franz Lehárs wohl bekannteste Operette bereits Ende der letzten Spielzeit im Theater und Konzerthaus Solingen seine Premiere gefeiert hatte und im Anschluss Pascale-Sabine Chevrotons Inszenierung mit Jürgen Kirners Bühnenbild bei dem Open Air Festival folies lyriques in Montpellier präsentiert worden war, konnte die Produktion nun auch in Wuppertal erlebt werden. Und während die Geschichte um den drohenden Bankrott des fiktiven Balkanstaates Pontevedro in Zeiten der Euro-Krise zahlreiche Regisseure gewiss dazu verlockt hätte, die Handlung um die reiche Witwe Hanna Glawari, die mit einer Heirat den Staat finanziell sanieren könnte, mehr oder weniger plakativ in die Jetzt-Zeit zu übertragen, vertraute Chevroton darauf, dass den Zuschauern auch ohne sozialkritische Aktualisierung die Brisanz des Stoffes durchaus bewusst werde. Das Publikum dankte ihr diese Entscheidung auch in der vierten Folgevorstellung mit nahezu ausverkauftem Haus.

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Graf Danilo (Thomas Laske) und Hanna Glawari (Susanne Geb) haben ihre Differenzen.

Dabei erwartet den Zuschauer aber keineswegs ein musealer Klassiker, auch wenn das Bühnenbild von Jürgen Kirner, vielleicht bedingt durch die Koproduktion mit dem Festival folies lyriques, durchaus opulenter ausfällt als man es in vergangenen Produktionen in Wuppertal erleben konnte. Während im ersten Akt das pontevedrinische Konsulat in Paris mit hohen klassizistischen Wänden dargestellt wird, bei denen der abbröckelnde Putz die finanzielle Misere des Staates erkennen lässt, wird die Bühne nach der Pause von einer riesigen Geldbörse beherrscht, die wohl die Millionen der Glawari symbolisiert. In dieser Geldbörse befindet sich nicht nur der Pavillon, in dem Valencienne sich heimlich mit ihrem Verehrer Camille de Rosillon trifft, sondern dieser Geldbörse entsteigen auch die Grisetten, die die Glawari für ihr Fest engagiert hat. Die Stellwände hinter dieser Geldbörse wirken wie riesige Golddukaten, die Öffnungen darin auf unterschiedlichen Höhen, durch die Danilo auftritt beziehungsweise die Glawari das Geschehen beobachtet, ergeben aber keinen tieferen Sinn.

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Hanna (Susanne Geb) fühlt sich von Danilos (Thomas Laske) Verhalten sichtlich gekränkt (in Weiß: Damen der Tanzstatisterie).

Während zu Beginn der Ouvertüre das Konsulat noch mit einem riesigen roten Tuch abgedeckt ist, das mit dem doppelköpfigem Adler in der Mitte an den Naval Jack of Serbia and Montenegro, einem Wappen, das deutlich macht, dass mit Pontevedrino von Lehár eigentlich Montenegro gemeint war, erinnert, wird dieses Wappen von den Sternen umringt, die vielleicht einen Bezug zur Europaflagge herstellen und damit mit viel Phantasie doch auf die derzeitige Finanzkrise in Europa hinweisen. Unter diesem Tuch sitzt eine sehr träge pontevedrinische Gesellschaft, die teilnahmslos auf ihre Rettung wartet, während die Ehefrauen der Politiker sich mit mehr oder weniger stereotyp kostümierten Franzosen amüsieren. Chevroton setzt den Baron Zeta in einen Rollstuhl, um den Altersunterschied zu der quirligen Valencienne zu unterstreichen, die in kurzem Kleid mit hochhackigen Schuhen viel Bein zeigen und Camille um den Verstand bringen darf. Ob man das plötzliche Aufstehen aus dem Rollstuhl und Herumlaufen als Regie-Gag oder als Wunderheilung betrachtet, bleibt dabei Ansichts- und Geschmacksache.

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Camille de Rosillon (Boris Leisenheimer) will mit Valencienne (Dorothea Brandt) in den kleinen Pavillon.

Hanna Glawari erscheint durch eine Drehtür in der Wand, die gleichzeitig eine Zielscheibe darstellt, während Danilo am unteren Rand der Rückwand durch eine Platte auf die Bühne rollt. Der rote Vorhang hinter dieser Platte, der Rauch und die langen sichtbaren Frauenbeine dahinter deuten das halbseidene Milieu an, in dem Danilo den Großteil seiner Zeit verbringt. Dass er im zweiten Akt mit sechs leicht bekleideten Tänzerinnen in weißen Spitzen-Dessous und Brautschleiern an Hanna vorbeiflaniert und diese bei diesem Anblick sichtlich gekränkt wird, wäre zur Motivation des Vilja-Liedes nicht nötig gewesen. Dass Chevroton die Witwe aber amüsiert beobachten lässt, wie die Männer das schwere Studium der Weiber beklagen, wobei sie mit hochgekrempelten Hosenbeinen und als Rock umfunktioniertem Sakko einen Cancan aufs Parkett legen, gehört zu den guten Regie-Einfällen und wird vom Publikum mit großem Beifall goutiert. Die Dopplung des Faktotums Njegus erschließt sich hingegen nicht.

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Und am Ende kriegen sie sich doch: Hanna (Susanne Geb) und Danilo (Thomas Laske).

Musikalisch waren für die besuchte Aufführung, bedingt durch die Jahreszeit, Susanne Geb als Titelfigur und Miljan Milović als Baron Zeta als leicht indisponiert entschuldigt. Susanne Geb merkte man diese Angeschlagenheit zumindest beim Vilja-Lied an. Wer sie beim Saisonauftakt in der Stadthalle mit dieser Arie erlebt hatte, wusste, dass sie sich normalerweise dabei mit ihrem Sopran durchaus gegen das Orchester durchsetzen kann. In der besuchten Vorstellung setzte sie die hohen Töne aber erkältungsbedingt so vorsichtig an, dass sie vom Orchester teilweise verschluckt wurden. Ansonsten hielt sie den Abend sehr tapfer durch. Miljan Milović ließ sich stimmlich nichts anmerken und spielte den alten Baron herrlich vertrottelt. Boris Leisenheimer schien als Camille de Rosillon nicht seinen besten Abend zu haben. In den Höhen wirkte sein Tenor sehr eng und wackelte ein wenig. Im Spiel überzeugte er aber als jugendlicher Liebhaber auf ganzer Linie.

Besonders schwer hatte es Helmut Büchel in der Sprechrolle des Faktotums Njegus. Zwar vermochte er, die Komik dieser Figur in Ansätzen herauszukitzeln. Von der Faszination eines Hans Richter, der diese Figur zum komischen Mittelpunkt des Stückes macht, war er jedoch weit entfernt. Auch die Tanzstatisterie der Wuppertaler Bühnen zeigte deutlich, wie wertvoll eine eigene Ballettsparte für eine solche Operettenproduktion ist. So wirkte der Auftritt der Tänzerinnen bisweilen recht dilettantisch. Der Chor unter der Leitung von Jens Bingert überzeugte stimmlich, die Chordamen waren aber mit Chevrotons Choreographien als Grisetten im dritten Akt und auf Hannas Fest im zweiten Akt doch ein wenig überfordert. Das konnte auch Dorothea Brandt nicht retten, die beim Tanz der Grisetten noch die beste Figur machte. Stimmlich stattete sie die Valencienne mit leuchtendem Sopran aus und gab die junge frustrierte Ehefrau ein wenig zickig.

Thomas Laske machte als Graf Danilo in jeder Hinsicht eine gute Figur. So überzeugte er gesanglich mit profundem Bariton und darstellerisch, indem er seine innere Zerrissenheit zwischen Liebe zu der Witwe und der Angst vor einer Beziehung differenziert ausspielte. Florian Frannek führte das Sinfonieorchester Wuppertal sicher und mit leichtem Klang durch die Partitur und rundete den Abend mit viel Operettenseligkeit ab. So gab es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten.


FAZIT

Wer zum Jahreswechsel leichte Unterhaltung im Theater sucht, ist gut beraten, den Silvesterabend (20.30 Uhr) oder den Nachmittag (16.00 Uhr) im Opernhaus in Wuppertal mit einer Aufführung dieser lustigen Witwe zu verbringen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Florian Frannek

Inszenierung und Choreographie
Pascale-Sabine Chevroton

Bühnenbild
Jürgen Kirner

Kostüme
Tanja Liebermann

Licht
Fredy Deisenroth

Choreinstudierung
Jens Bingert

Dramaturgie
Ulrike Olbrich

 

Chor und Extrachor der
Wuppertaler Bühnen

Tanzstatisterie der
Wuppertaler Bühnen

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

*rezensierte Aufführung

Hanna Glawari
Susanne Geb

Graf Danilo Danilowitsch
*Thomas Laske /
Kay Stiefermann

Valencienne
Dorothea Brandt

Baron Mirko Zeta
Miljan Milovi
ć

Camille de Rosillon
Boris Leisenheimer

Vicomte Cascada
Tomasz Kwiatkowski

Raoul de Saint-Brioche
Nathan Northrup

Njegus
*Helmut Büchel /
Hans Richter

Kromow
Andreas Heichlinger

Olga
Annemarie Tributh

Bogdanowitsch
Mario Trelles Diaz /
*Javier Zapata Vera

Sylviane
Diane Claars

Pritschitsch
Marco Agostini

Praskowia
Angelika März

Grisetten
Diane Claars
Ji-Young Hong
Hong-Ae Kim
Angelika März
Barbara Pickenhahn
Ute Temizel

Njegus 2
Dieter Linden


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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