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Wenn es ums Geld geht
Nachdem Franz Lehárs wohl bekannteste Operette bereits Ende
der letzten Spielzeit im Theater und Konzerthaus Solingen seine Premiere
gefeiert hatte und im
Anschluss Pascale-Sabine Chevrotons Inszenierung mit Jürgen Kirners Bühnenbild
bei dem Open Air Festival folies lyriques in Montpellier präsentiert
worden war, konnte die Produktion nun auch in Wuppertal erlebt werden. Und
während die Geschichte um den drohenden Bankrott des fiktiven Balkanstaates
Pontevedro in Zeiten der Euro-Krise zahlreiche Regisseure gewiss dazu verlockt
hätte, die Handlung um die reiche Witwe Hanna Glawari, die mit einer Heirat den
Staat finanziell sanieren könnte, mehr oder weniger plakativ in die Jetzt-Zeit
zu übertragen, vertraute Chevroton darauf, dass den Zuschauern auch ohne
sozialkritische Aktualisierung die Brisanz des Stoffes durchaus bewusst werde.
Das Publikum dankte ihr diese Entscheidung auch in der vierten Folgevorstellung
mit nahezu ausverkauftem Haus. Graf Danilo (Thomas Laske) und
Hanna Glawari (Susanne Geb) haben ihre Differenzen. Dabei erwartet den Zuschauer aber keineswegs ein musealer
Klassiker, auch wenn das Bühnenbild von Jürgen Kirner, vielleicht bedingt durch
die Koproduktion mit dem Festival folies lyriques, durchaus opulenter
ausfällt als man es in vergangenen Produktionen in Wuppertal erleben konnte.
Während im ersten Akt das pontevedrinische Konsulat in Paris mit hohen
klassizistischen Wänden dargestellt wird, bei denen der abbröckelnde Putz die
finanzielle Misere des Staates erkennen lässt, wird die Bühne nach der Pause von
einer riesigen Geldbörse beherrscht, die wohl die Millionen der Glawari
symbolisiert. In dieser Geldbörse befindet sich nicht nur der Pavillon, in dem
Valencienne sich heimlich mit ihrem Verehrer Camille de Rosillon trifft, sondern
dieser Geldbörse entsteigen auch die Grisetten, die die Glawari für ihr Fest
engagiert hat. Die Stellwände hinter dieser Geldbörse wirken wie riesige
Golddukaten, die Öffnungen darin auf unterschiedlichen Höhen, durch die Danilo
auftritt beziehungsweise die Glawari das Geschehen beobachtet, ergeben aber
keinen tieferen Sinn. Hanna (Susanne Geb) fühlt sich
von Danilos (Thomas Laske) Verhalten sichtlich gekränkt (in Weiß: Damen der
Tanzstatisterie). Während zu Beginn der Ouvertüre das Konsulat noch mit einem
riesigen roten Tuch abgedeckt ist, das mit dem doppelköpfigem Adler in der Mitte
an den Naval Jack of Serbia and Montenegro, einem Wappen, das deutlich macht,
dass mit Pontevedrino von Lehár eigentlich Montenegro gemeint war, erinnert,
wird dieses Wappen von den Sternen umringt, die vielleicht einen Bezug zur
Europaflagge herstellen und damit mit viel Phantasie doch auf die derzeitige
Finanzkrise in Europa hinweisen. Unter diesem Tuch sitzt eine sehr träge
pontevedrinische Gesellschaft, die teilnahmslos auf ihre Rettung wartet, während
die Ehefrauen der Politiker sich mit mehr oder weniger stereotyp kostümierten
Franzosen amüsieren. Chevroton setzt den Baron Zeta in einen Rollstuhl, um den
Altersunterschied zu der quirligen Valencienne zu unterstreichen, die in kurzem
Kleid mit hochhackigen Schuhen viel Bein zeigen und Camille um den Verstand
bringen darf. Ob man das plötzliche Aufstehen aus dem Rollstuhl und Herumlaufen
als Regie-Gag oder als Wunderheilung betrachtet, bleibt dabei Ansichts- und
Geschmacksache. Camille de Rosillon (Boris
Leisenheimer) will mit Valencienne (Dorothea Brandt) in den kleinen Pavillon. Hanna Glawari erscheint durch eine Drehtür in der Wand, die
gleichzeitig eine Zielscheibe darstellt, während Danilo am unteren Rand der
Rückwand durch eine Platte auf die Bühne rollt. Der rote Vorhang hinter dieser
Platte, der Rauch und die langen sichtbaren Frauenbeine dahinter deuten das
halbseidene Milieu an, in dem Danilo den Großteil seiner Zeit verbringt. Dass er
im zweiten Akt mit sechs leicht bekleideten Tänzerinnen in weißen
Spitzen-Dessous und Brautschleiern an Hanna vorbeiflaniert und diese bei diesem
Anblick sichtlich gekränkt wird, wäre zur Motivation des Vilja-Liedes nicht
nötig gewesen. Dass Chevroton die Witwe aber amüsiert beobachten lässt, wie die
Männer das schwere Studium der Weiber beklagen, wobei sie mit hochgekrempelten
Hosenbeinen und als Rock umfunktioniertem Sakko einen Cancan aufs Parkett legen,
gehört zu den guten Regie-Einfällen und wird vom Publikum mit großem Beifall
goutiert. Die Dopplung des Faktotums Njegus erschließt sich hingegen nicht. Und am Ende kriegen sie sich
doch: Hanna (Susanne Geb) und Danilo (Thomas Laske). Musikalisch waren für die besuchte Aufführung, bedingt durch
die Jahreszeit, Susanne Geb als Titelfigur und Miljan Milovi Besonders schwer hatte es Helmut Büchel in der Sprechrolle des Faktotums Njegus. Zwar vermochte er, die Komik dieser Figur in Ansätzen herauszukitzeln. Von der Faszination eines Hans Richter, der diese Figur zum komischen Mittelpunkt des Stückes macht, war er jedoch weit entfernt. Auch die Tanzstatisterie der Wuppertaler Bühnen zeigte deutlich, wie wertvoll eine eigene Ballettsparte für eine solche Operettenproduktion ist. So wirkte der Auftritt der Tänzerinnen bisweilen recht dilettantisch. Der Chor unter der Leitung von Jens Bingert überzeugte stimmlich, die Chordamen waren aber mit Chevrotons Choreographien als Grisetten im dritten Akt und auf Hannas Fest im zweiten Akt doch ein wenig überfordert. Das konnte auch Dorothea Brandt nicht retten, die beim Tanz der Grisetten noch die beste Figur machte. Stimmlich stattete sie die Valencienne mit leuchtendem Sopran aus und gab die junge frustrierte Ehefrau ein wenig zickig. Thomas Laske machte als Graf Danilo in jeder Hinsicht eine gute Figur. So überzeugte er gesanglich mit profundem Bariton und darstellerisch, indem er seine innere Zerrissenheit zwischen Liebe zu der Witwe und der Angst vor einer Beziehung differenziert ausspielte. Florian Frannek führte das Sinfonieorchester Wuppertal sicher und mit leichtem Klang durch die Partitur und rundete den Abend mit viel Operettenseligkeit ab. So gab es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung und Choreographie
Bühnenbild Kostüme Licht Choreinstudierung
Dramaturgie
Chor und Extrachor der Tanzstatisterie
der
Sinfonieorchester Wuppertal Solisten*rezensierte Aufführung
Hanna Glawari
Graf Danilo Danilowitsch
Valencienne Baron Mirko Zeta
Camille de Rosillon Vicomte
Cascada Raoul de
Saint-Brioche Njegus Kromow Olga Bogdanowitsch Sylviane Pritschitsch Praskowia Grisetten Njegus 2
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- Fine -