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Auf die richtige Gehhilfe kommt es an
Von Joachim Lange
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Fotos von Monika Rittershaus
Mut hat der Amsterdamer Langzeit-Intendant Pierre Audi ja. Gleich zum Spielzeitauftakt mit einer Neuproduktion des Schätzgräbers (1920) der etwas erlahmten Franz Schreker-Renaissance auf die Sprünge zu helfen und dann gleich Georges Benjamins Novität Written on Skin folgen zu lassen, - das ist für ein Stagione-Haus schon kühn. Gegen das Vergessen und als Verbündeter des Neuen sozusagen. Wobei er im ersten Fall die pure Klangpracht eines diffamierten Meisters auf seiner Seite hat und im Zweiten einen echten, in Aix-en-Provence schon heftig akklamierten Glücksgriff der zeitgenössischen Oper. Auch dass dann ein Ringete (das klingt nach dem, was es ist: ein Ring für Kinder) der Wiederaufnahme seines eigenen Rings vorgeschaltet ist, verrät Ambition. v.l.n.r.: Raymond Very (Elis), Manuela Uhl (Els), Koor van De Nederlandse Opera
Franz Schreker (Jahrgang 1878) gehörte in die Phalanx der Komponisten, die die Oper am Anfang des vorigen Jahrhunderts aus der Dominanz des Wagnerschen Musikdramas in die Moderne zu befreien und - auf einem anderen Weg als Richard Strauss - auch dabei zu bleiben versuchten. Schreker starb 1934 nach Vertreibung aus seinen Ämtern und von den Spielplänen, noch bevor er, wie viele seiner Kollegen, vor den Nazis hätte fliehen müssen. v.l.n.r.: Kay Stiefermann (Der Vogt), figuratie, Raymond Very (Elis), Manuela Uhl (Els)
Wenn heute die Handlung des selbst gemachten Librettos zum Schatzgräber so skurril anmutet, liegt das eben auch daran, dass Schrekers Helden nicht den Bonus des Vertrauten haben wie die seines übermächtigen Zeitgenossen Richard Strauss.
Für das hohe Paar der Oper hat Schreker eine Liebesszene im Tristan-Format und ein für ihn typisches Psychopäckchen vorgesehen. Elis (Raymond Very) ist der naive Künstler-Gutmensch, der mit seiner Laute Schätze finden kann. Seine Els ist eine Frau, die nach schwerer Jugend (bei van Hove wird mit Videos Missbrauch suggeriert) keine Skrupel hat, ungeliebte Bewerber aus dem Weg schaffen zu lassen. Und Elis sein Wunderinstrument und den Schatz abzujagen. Um ihm die Schmuckstücke dann gegen ein Nie sollst du mich befragen als Liebesgabe zu offerieren. Dabei balancieren beide immer auf einem Grat, der ihn unschuldig unter den Galgen und sie (nicht ganz so unschuldig) in die Nähe des Scheiterhaufens führt. Wovor sie einzig der Narr bewahrt. Raymond Very (Elis), Manuela Uhl (Els), Graham Clark (Der Narr) Marc Albrecht, diesmal am Pult des Nederlands Philharmonisch Orkest, lässt die pulsierende, Fin de Siècle-parfümierte Orchester-Klangpracht immer wieder aus der Weite des Amsterdamer Grabens aufsteigen, krönt sie mit funkelnden Bläsern und berauschenden Tutti. Wenn er sie zurücknimmt, nur um dann erneut die pure Opulenz aufleuchten zu lassen, werden die gut ausgesuchten Stimmen (vor allem die frei sopranglitzernde, manchmal deutsch, meist vokaleuropäisch klingende von Manuela Uhl als Els) zum Teil eines Klangfeuerwerkes, dessen Sog zwar ohne narrative Strenge, aber nicht ohne Pathos auskommt. Davor freilich geht Ivo van Hove szenisch auf Jan Versweyvelds Bühne auf überdeutlich auf Distanz. Leider auch zu einer wirklich eingreifenden Personenregie. In einer nüchternen Sperrholzwand liefern zwei Häuschen- Ausschnitte die nötigen Schauplätze als viel- (eigentlich wenig-)sagendes Yin und Yang. Bärtig abgerissen das Milieu der bardamenverruchten Els zwischen ihren Transen-Kollegen. Zu banal die Zuschauertribünen und der moderne Hinrichtungsraum, dem der Delinquent nach Belieben entweichen kann. Zu platt illustrierend aber auch die Video-Liebesspiele zum großen Duett im dritten Akt. Und das gerade da, wo die Musik ganz bei sich ist und genügend Suggestionskraft für die Film im Kopf aufbietet. Sei's drum.
Marc Albrecht und Ivo van Hove haben sich in Amsterdam mit unterschiedlichem Erfolg als Schatzgräber betätigt. Auch wenn szenisch Wünsche offen bleiben ist der Amsterdamer Oper damit zumindest musikalisch und programmatisch ein imponierender Saisonstart gelungen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Regie
Bühne und Licht
Kostüme
Video
Choreinstudierung
Dramaturgie
Solisten
Der König
Die Königin
Der Kanzler/ Der Schreiber
Herold/ Der Graf
Der Magister/ Der Schultheiss
Der Narr
Der Vogt
Der Junker
Elis
Der Wirt
Els
Albi
Ein Landsknecht
Erster Bürger
Zweiter Bürger
Mezzosopran Solo
Alt-Solo
Alt-Solo
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