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Die Zauberflöte

Große Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in deutscher Sprache (Untertitelung in verschiedenen Sprachen wählbar)

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Premiere an der Komischen Oper Berlin am 25. November 2012
(rezensierte Aufführung: 3. Dezember 2012)


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Komische Oper Berlin
(Homepage)
Die Zauberflöte als die Probe aufs Exempel

Von Joachim Lange / Fotos von Iko Frese/drama-berlin.de

Sieht man vom plappernden Vogelmenschen Papageno mal ab, gibt es kaum echte Gründe für den Ruf der Zauberflöte, besonders kindertauglich zu sein. Den Spitzenplatz in den ewigen Charts hält sie sowieso. Vor allem natürlich wegen Mozarts genialer Musik. Kann man sich bei den frauenfeindlichen Statements noch über deren naive Unverfrorenheit amüsieren, muss man allerhand an leicht verbrämter Freimaurer-Rhetorik schlucken. Ohne den Schikaneder-Text fürs Wiener Vorstadttheater ist der Weltmusiker Mozart eben nicht zu haben. Streicht man die Dialoge, fehlt etwas. Wenn sie alle drin bleiben, kann es lähmend werden.

Vergrößerung Tamino (Peter Sonn) und die Königin der Nacht (hier: Julia Novikova)

Die neue Zauberflöte, die Intendant Barry Kosky gemeinsam mit der gefeierten, das erste Mal für die Oper arbeitenden britischen Theatergruppe „1927“ als sein eigener Chefregisseur herausgebracht hat, bietet da einen ziemlich pfiffigen Ausweg. Er erlässt seinen Sängern nämlich die nur selten gelingenden Sprechversuche und ersetzt die gesprochenen Texte durch Stummfilm- oder Comic-Sprechblasen. Einschließlich „Hic“ und „Kar-Booom!!!“. Überhaupt outet sich der flippige Australier diesmal als Cineast. Die Bühne von Esther Bialas ist eine Projektionswand mit ein paar verborgenen Drehtüren. Und das, was dort passiert, ist eine präzise Kombination aus realen Sängern und gebeamtem Trickfilm. Für den sind Koregisseurin Suzanne Andrade und Animateur Paul Barritt von „1927“ verantwortlich.

Da steht dann der Tamino-Sänger (etwas farblos, aber mit schöner Höhe: Peter Soon) im Zwanzigerjahrelook in einem Lichtspot, und vom Bauchnabel abwärts rennen seine gefilmten Beine ums Leben vor dem Ungeheuer. Um dann in dessen Innerem zu landen, wo sich schon ganze Knochenberge finden. Da singt seine Pamina (gefühlvoll an der Spitze dieses Ensembles: Maureen McKay) in einer Schneekugel. Da kriegen die drei Damen Namen (Tratsch, Klatsch, Schwatz) und ein Golden-twentie-Kostüm verpasst. Da kommt Papageno (darstellerisch leichtfüßiger als stimmlich: Dominik Köninger) im Buster Keaton-Outfit mit Kater (auch so ein Vogelfänger) daher. Da schwingt sich die Königin der Nacht (mit sitzenden Topkoloraturen, aber insgesamt noch zu kleindimensioniert: Beate Ritter) nicht nur mit ihren Koloraturen in die höchsten Höhen auf – dort ist auch ihr Kopf platziert und den Rest füllen gefährlich wirkende Spinnenbeine aus. Kommt aber am Ende gegen Christof Fischessers aufgeraute Sarastro-Würde natürlich nicht an.

Vergrößerung

Pamina (Maureen McKay) und Papageno (Dominik Köninger)

Monostatos ist nicht schwarz, sondern kalkweiß. Bei Tansel Akzeybek ist er kein Klischee-Mohr zum Fürchten, sondern ein vor allem stimmlich etwas allzu dünner Nosferatu aus dem Gruselkabinett der Filmgeschichte. In dieser Zauberflöte ist die dritte Dimension, die die zweidimensionale Spielfläche ergänzt, die übermütige Fantasie, die sie jenseits des philosophischen Diskurses vor allem als Theaterereignis annimmt. Mit pochenden Herzen und fliegenden Noten. Das ist nicht nur ziemlich frisch und kurzweilig, sondern auch neu.

Gerade hier liegt die Frage auf der Hand, ob das auch beim potentiellen Opernnachwuchs funktionieren würde. Bei der Antwort muss sich niemand aufs (Ja)-Hoffen oder (Nein)-Fürchten verlassen. Es gab bereits die Probe aufs Exempel: Das Bitterfelder „Europa Gymnasium Walther Rathenau“ hatte für die Vormittagsvorstellung am 3. Dezember nämlich kurzerhand die komplette Komische Oper gebucht und gefüllt! Und es hat funktioniert. Von wegen, die heutige Jugend sei nicht mehr in der Lage, ein paar Stunden aufmerksam einem Opernklassiker zu folgen. Kann sein, dass sich der eine oder andere gelangweilt hat. Aber Mozart (den der neue GMD Henrik Nánási temperamentvoll dirigierte) und die flippige Inszenierung sorgten für spannungsvolle Ruhe im Saal, ohne dass die Lehrer dauern „pst“ machen mussten. Das kam höchstens als Sprechblase vorne auf der Bühne vor. Die Bitterfelder machen so etwas aller zwei Jahre, waren schon in der Dresdner Frauenkirche und in der Oper in Magdeburg. Respekt! Immerhin hat jetzt jeder Schüler die Oper von innen gesehen und kann mit Kompetenz entscheiden, ob er es lässt oder wieder hingeht. Nachahmung ist da empfohlen!


FAZIT

Es gab sicher schon tiefgründigere Interpretationen der Zauberflöte. Doch Barry Koskys Version ist originell und mitreißend. Da nimmt man musikalische Abstriche gerne in Kauf.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Henrik Nánási

Inszenierung und Ausstattung
Suzanne Andrade
Barrie Kosky

Animation
Paul Barritt

Konzeption
„1927“ (Suzanne Andrade
und Paul Barritt)
und Barrie Kosky

Bühne und Kostüme
Esther Bialas

Licht
Diego Leetz

Chor
André Kellinghaus

Dramaturgie
Ulrich Lenz



Chor der Komischen Oper

Orchester der Komischen Oper


Solisten

Pamina
Maureen McKay

Tamino
Peter Sonn

Königin der Nacht
Beate Ritter

Sarastro
Christof Fischesser

Papageno
Dominik Köninger

Papagena
Ariann Strahl

Monostatos
Tansel Akzeybek

Erste Dame
Ina Kringelborn

Zweite Dame
Karolina Gumos

Dritte Dame
Maija Skille

Erster geharnischter Mann
Christoph Späth

Zweiter geharnischter Mann
Carsten Sabrowski

Drei Knaben
Nicolas Brunhammer (Sopran)
Constantin Schmidt (Mezzo)
Julian Mezger (Alt)
(Solisten des Tölzer Knabenchores)



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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