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Snowhite - Was wirklich geschah

Musical in zwei Teilen
Text von Frank Felicetti
Musik von Frank Nimsgern


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 2. September 2012


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Theater Bonn
(Homepage)

Königin ist Superstar

Von Thomas Molke / Fotos von Lilian Szokody

Das Märchen um Schneewittchen hat derzeit Hochkonjunktur. Mit Grimm's Snow White, Mirror Mirror und Snow White and the Huntsman erschienen 2012 in den USA allein drei Kinofilme, die sich mehr oder weniger an der Version der Gebrüder Grimm orientieren. Dies hat das Theater Bonn wohl zum Anlass genommen, die neue Spielzeit mit einer rockigen Version des Märchens zu eröffnen, die Frank Nimsgern 2000 als Auftragswerk für das Saarländische Staatstheater Saarbrücken komponiert hat. Nimsgern, der sich in den letzten Jahren durch die Komposition diverser Musicals und Filmmusiken, unter anderem auch für den Tatort, einen Namen im Bereich des Musiktheaters erworben hat, dürfte in Bonn kein Unbekannter sein, da dort 2007 seine Interpretation des klassischen Nibelungen-Mythos unter dem Titel Der Ring eine von Wagner-Liebhabern und Musical-Fans gleichermaßen begeistert aufgenommene Uraufführung erlebte. Nun ist er mit seiner Band, der Frank Nimsgern Group, nach Bonn zurückgekehrt, um dort die "wahre Geschichte" Schneewittchens neu einzustudieren.

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Der Jäger (John Davies) soll Snowhite (Michaela Kovarikova) töten.

Wie in dem aktuellen Kinofilm Snow White and the Huntsman kommt auch in Nimsgerns Musical dem Jäger eine wesentlich bedeutendere Rolle in der Geschichte zu, als dies im Märchen der Fall ist. So erhält dieser zwar, nachdem die Hexen ihn aus der Realität in die Märchenwelt geholt haben, weil sie durch den Spiegel die Fragen der Königin nicht mehr beantworten wollen, wie bei den Gebrüdern Grimm den Auftrag, Snowhite zu töten, kann diesen Befehl aber nicht ausführen, da er sich in das wunderschöne Mädchen verliebt, und ersetzt somit letztendlich den Prinzen, da er, nachdem die Königin Snowhite vergiftet hat, durch einen Kuss das tote Mädchen wieder zum Leben erweckt und nun gemeinsam mit der Geliebten einen Weg aus der Traumwelt zurück in die Realität findet, während die Königin als gebrochene alte Frau zurückbleibt.

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"Komm mach dich schön": Die Queen (Aino Laos, hinten) verleitet als alte Frau Snowhite (Michaela Kovarikova, vorne) dazu, den vergifteten Apfel zu essen.

Neben dem Komponisten Frank Nimsgern ist auch Frank Felicetti, der für die Texte verantwortlich zeichnet, an dieser Produktion beteiligt, da er wie bei der Uraufführung 2000 in die Rolle des Minitou, des Chefs der sieben Zwerge, schlüpft. So kann man auf jeden Fall sicher sein, dass die Inszenierung von Elmar Ottenthal ganz im Sinne der Verfasser erfolgt. Ottenthal, der auch das Bühnenbild gestaltet hat, arbeitet mit eindrucksvollen Projektionen, die auf der Rückwand mal surrealer Welten entstehen lassen, mal Naturbilder einfangen, die recht abwechslungsreich sind. Der Palast der Königin zeigt mit großen Spiegelwänden auf beiden Seiten, die Bedeutung der Spiegel und des Spiegelbildes für die egomane Herrscherin. Die Behausung der sieben Zwerge befindet sich auf einer unter der Bühne liegenden Ebene, die emporgefahren werden kann und eine fantasievolle Höhlenlandschaft offenbart, in der die Mikrowelle auf der rechten Seite schon regelrecht anachronistisch wirkt. Die Kostüme von Judith Adam sind recht märchenhaft gestaltet und unterstreichen jeweils den individuellen Charakter der Figuren.

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Die Queen (Aino Laos, hinten) ist jetzt der Superstar (vorne: die Hexen (Sabine Lindlar, Angelina Curilova, Tatjana Jentsch, Sandra Gabriela Malik, Kateryna Morozova und Valeri Potozki)).

Musikalisch zeigt die Produktion, dass Nimsgern in seiner Komposition für die einzelnen Figuren recht unterschiedliche Instrumentationen und Stile beherrscht. Bei dem Thema für Schneewittchen ("Frei wie der Wind") fühlt man sich unwillkürlich an die romantisch-kitschige Musik aus Disney-Zeichentrickfilmen wie Pocahontas erinnert, so dass die Titelfigur ständig am Rande des Erträglichen wandelt und man bisweilen dagegen ankämpfen muss, nicht mit der bösen Königin zu sympathisieren. Überhaupt hat man das Gefühl, dass Nimsgern für die Königin die ansprechenderen Songs komponiert hat, was sowohl die Variationen in der Rhythmik als auch den gewählten Rock-Sound betrifft. So entwickelt sich "Königin ist Queen, ist Superstar" zum absoluten Höhepunkt des Musicals, der auch nach Ende der Vorstellung noch lange im Ohr bleibt. Bewegend gelingt auch der zweite Song der Königin "Komm mach dich schön", in dem sie als verkleidete alte Frau direkt alle drei Anschläge auf Snowhite gleichzeitig verübt. Der Sound der Hexen klingt nach Funk und erinnert an unheimliche Filmsequenzen, wohingegen Minitou und den Zwergen eher witzige und unkonventionelle Melodien zugeteilt werden. Der Song des Jägers "Wohin der Weg mich führt" klingt nach einer lyrischen Rock-Ballade, die auch von Xavier Naidoo stammen könnte. So macht Nimsgern eigentlich das, was Andrew Lloyd Webber Jahre vor ihm in Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat, Cats und Starlight Express auch schon vorgeführt hat, nur dass die unterschiedlichen musikalischen Richtungen für ein heutiges Publikum noch aktueller sein dürften.

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Minitou (Frank Felicetti, rechts) und die Zwerge (Maurice Stocseck, Ayuk Bobga, René Buckbesch, Ludwig Mond, David Schmidt und Lin Verleger) trauern um Snowhite (Michaela Kovarikova).

Wie bei der Uraufführung in Saarbrücken ist neben Frank Felicetti als Minitou auch Aino Laos erneut als Queen zu erleben. Mit großartigem Timbre lotet sie die zwischen Rock und Soul angelegte Partie großartig aus und überzeugt auch darstellerisch durch ihr diabolisches Spiel auf ganzer Linie. Felicetti begeistert als Minitou durch unglaubliche Agilität und imitiert in sekundenschneller Abfolge unterschiedlichste Charaktere von Herbert Grönemeyer über die Bläck Fööss bis zu Loriots Herrn Müller-Lüdenscheid und Marcel Reich-Ranicki. Neben diesen komischen Momenten gelingen ihm aber auch an Snowhites Sarg mit der Ballade "Zaubermädchen", die Snowhites Thema "Frei wie der Wind" wieder aufnimmt, sehr eindringliche Momente. Michaela Kovarikova stattet die Titelfigur mit einer der Partie angemessenen lieblichen Stimme glaubhaft aus und wirkt optisch wie eine Schwester aus dem Disney-Zeichentrickfilm. Verwunderlich ist nur, dass bei jedem Auftritt ihr Rock ein wenig länger wird. John Davies verfügt als Jäger über eine angenehme Pop-Stimme. Auch die Hexen Nina Alexandra Filipp, Sabine Lindlar, Angelina Curilova, Tatjana Jentsch, Sandra Gabriela Malik, Kateryna Morozova und Valeri Potozki und die Zwerge Maurice Stocseck, Ayuk Bobga, René Buckbesch, Ludwig Mond, David Schmidt und Lin Verleger überzeugen stimmlich und tänzerisch in den Choreographien von Brigitte Breternitz, so dass es am Ende lang anhaltenden Applaus für alle Beteiligten gibt.


FAZIT

In dieses kurzweilige, rockige Musical kann man bedenkenlos auch Kinder mitnehmen, um die ersten Erfahrungen mit dem Theater fernab vom Weihnachtsmärchen zu sammeln.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Frank Nimsgern

Inszenierung und Bühne
Elmar Ottenthal

Kostüme
Judith Adam

Licht
Thomas Roscher
Max Karbe

Choreographie
Brigitte Breternitz

Dramaturgie
Ulrike Schumann


Frank Nimsgern Group


Solisten

* Besetzung der Premiere

Queen
Aino Laos

Jäger
Fabrizio Barile /
*John Davies

Snowhite
Michaela Kovarikova

Minitou
Frank Felicetti

Hexe
Nina Alexandra Filipp

Zwerg / Transvestit
Maurice Stocseck

Zwerge
Ayuk Bobga
René Buckbesch
Ludwig Mond
David Schmidt
Lin Verleger

Hexe / Dance Captain
Sabine Lindlar

Hexen
Angelina Curilova
Tatjana Jentsch
Sandra Gabriela Malik
Kateryna Morozova
Valeri Potozki


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