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Le nozze di Figaro

Oper in vier Akten
Libretto von Lorenzo da Ponte nach dem gleichnamigen Stück von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 25' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 17. November 2012

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Musiktheater im Revier
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Rokoko-Perücken im 70er-Jahre Holztapeten-Ambiente

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski


Mozarts Le nozze di Figaro hat derzeit auf den Bühnen in Nordrhein-Westfalen Hochkonjunktur. Nach einer Premiere in Köln und einer Wiederaufnahme in Bonn widmet sich vor der deutschen Oper am Rhein, Krefeld und Dortmund nun auch das Musiktheater im Revier in einer Neuinszenierung dem Werk, das den Anfang der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Mozart und dem Librettisten Lorenzo da Ponte manifestierte, nachdem Mozarts Karriere als Hofkomponist bei dem Salzburger Erzbischof Hieronymos Graf Colloredo nach zahlreichen Auseinandersetzungen ein Ende gefunden hatte. Dabei präsentiert das MiR diese Produktion im Rahmen einer Beschäftigung mit der Figaro - Trilogie von Beaumarchais, da später in der Saison auch noch eine Neuproduktion von Rossinis Il barbiere di Siviglia zu erleben sein wird. Dass man sich in Gelsenkirchen gegen die chronologische Reihenfolge in der literarischen Vorlage entschieden hat, begründet Intendant Michael Schulz damit, dass Mozarts Oper 30 Jahre vor Rossinis Werk seine Uraufführung erlebte.

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Susanna (Alfia Kamalova) klärt Figaro (Piotr Prochera) über die Absichten des Grafen auf.

Ob es in der Regie irgendwelche Zusammenhänge zwischen den beiden Neuproduktionen in Gelsenkirchen geben wird, bleibt abzuwarten, ist aber angesichts der Tatsache, dass es sich um zwei völlig unterschiedliche Inszenierungs-Teams handelt, eher unwahrscheinlich. Musikalisch lässt sich zumindest schon einmal sagen, dass beides Mal die Leitung der Neuen Philharmonie Westfalen in den Händen des neuen ersten Kapellmeisters Valtteri Rauhalammi liegt, der bei Mozart in vollem Umfang unter Beweis stellen kann, dass er mit dem Orchester einen spritzigen Zugang zum Werk gefunden hat. Des Weiteren bleibt zu hoffen, das Piotr Prochera als Bindeglied zwischen diesen beiden Produktionen fungieren wird. Mit seinem komödiantischen Spiel und seinem kräftigen Bariton in der Partie des Figaro dürfte er auch eine Idealbesetzung für Rossinis Titelfigur darstellen.

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Erkaltete Liebe: der Graf (Michael Dahmen) und die Gräfin (Petra Schmidt)

Während die weißen Perücken der einzelnen Figuren eher an die Entstehungszeit des Werkes erinnern, wirken die Kostüme von Uta Meenen recht uneinheitlich und willkürlich. Das größte Mitleid empfindet man dabei für Almuth Herbst als Marcellina. Was sie an diversen Scheußlichkeiten tragen muss, geht weit über das Maß hinaus, aufzuzeigen, warum sie Figaro nur durch ein finanzielles Darlehen ein Eheversprechen entlocken konnte. Genannt sei an dieser Stelle nur der grüne "Strampelanzug" mit Leopardenmuster im letzten Akt im Garten, wo sie doch eigentlich gar nicht mehr so negativ gezeichnet werden soll wie zu Beginn des Stückes, wenn sie in einem quietschbunten Hausfrauenkittel mit farblich darauf nicht abgestimmten bunten Strumpfhosen auftritt. Auch Dong-Won Seo erinnert als Bartolo mit seinen großen Aktentüten und dem braunen langen Anorak eher an einen Penner als an einen Arzt und Anwalt, der Marcellinas Interessen vertreten will. Auch zu dem Musiklehrer Basilio scheint Meenen nicht allzu viel eingefallen zu sein, da E. Mark Murphy in seinem grauen Anzug völlig unscheinbar und keineswegs wie ein verschlagener Kuppler wirkt. Susannas kurzes, schwarzes Kleid lassen Alfia Kamalova strenger erscheinen, als sie in ihrer Rolle eigentlich ist.

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Was soll der Graf (Michael Dahmen, rechts) von der Geschichte halten, die ihm die Gräfin (Petra Schmidt, links) Susanna (Alfia Kamalova, 2. von links) und Figaro (Piotr Prochera, 2. von rechts) auftischen?

Das Bühnenbild von Etienne Pluss wirkt mit den hohen mit dunkelbraunem Tapetenmuster beklebten Wänden recht beengend, selbst wenn der schmale Raum des ersten Aktes, der das Zimmer von Susanna und Figaro darstellt, durch Öffnen der Wände zum zweiten Akt an Tiefe gewinnt und das Zimmer der Gräfin mit ihrem riesigen weißen Himmelbett wesentlich größer erscheinen lässt. Natürlich gibt es Türen, die aus dem Zimmer herausführen, und ein Fenster, durch das Cherubino den rettenden Sprung wagen muss, aber man wird selbst bei der Größe des Raumes das Gefühl nicht los, dass die Gräfin sich in einer Art Gefängnis befindet. Erst im vierten Akt wird die Abgeschlossenheit durch das Öffnen der Wände aufgelöst. Große Buchsbäume in unterschiedlicher Ausgestaltung werden nun für die Gartenszene auf die Bühne geschoben und dienen den Protagonisten als Versteck. Man hat fast den Eindruck, dass jeder einzelne Baum mit dem Licht, das die Figuren darin anknipsen können, selbst als eine Art kleiner Pavillon fungiert.

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Das war nicht geplant: Die Gräfin (Petra Schmidt, rechts) trifft in Susannas Kleid auf Cherubino (Anke Sieloff, links).

Was Peter Hailer jedoch gerade im letzten Bild aus der Personen-Regie macht, ist ziemlich enttäuschend. Zwar gelingen der Kuss zwischen Graf und Cherubino und die anschließende Ohrfeige für Figaro vom zeitlichen Ablauf gut. Die restlichen Auf- und Abtritte wirken allerdings ein bisschen unmotiviert, da bei der Vielfalt der Bäume und Verstecke der Graf kaum eine Möglichkeit hat, eine Figur nach der nächsten auf die Bühne zu ziehen und überrascht festzustellen, wer sich noch alles in dieser Nacht im Garten befindet. Auch im dritten Akt, wenn der Graf, der Richter, Bartolo, Marcellina und Figaro Susanna offenbaren, dass Marcellina und Bartolo Figaros Eltern sind, wird nicht klar, warum Hailer die einzelnen Figuren immer wieder aufstehen und sich setzen lässt. Auch bei der Ouvertüre gibt es keine Motivation, die Protagonisten nacheinander über die Bühne laufen zu lassen, bevor Figaro die beiden Bühnenwände auseinanderschiebt, um auszumessen, ob in die Lücke das Ehebett passen wird. Gut gelingen die Versteckspiele mit Cherubino, was aber neben einer guten Personenregie auch vor allem dem spielerischen Geschick der Sängerinnen und Sänger zu verdanken ist.

Das Ensemble lässt nämlich erneut keine Wünsche offen. Der von Christian Jeub einstudierte Chor überzeugt trotz recht unvorteilhafter Kostümierung durch gewohnte Spielfreude, die sich vor allem bei der Aufwartung im dritten Akt äußert. Anke Sieloff wird als Cherubino zwar als indisponiert entschuldigt, meistert ihre großen Arien aber gut, auch wenn man merkt, dass Valtteri Rauhalammi sich mit der Neuen Philharmonie Westfalen sehr zurückhält. Darstellerisch ist Sieloff eine Idealbesetzung für den jungen Schwerenöter. Almuth Herbst und Dong-Won Seo geben als Marcellina und Bartolo ein hervorragend komisches Pärchen ab. Michael Dahmen wirkt als Graf beinahe schon ein bisschen zu nett, trumpft aber mit kräftigem Bariton auf. Petra Schmidt verleiht der Gräfin mit ihrem lyrischen Sopran die Schwermut, die der Partie gebührt. Piotr Prochera und Alfia Kamalova stellen als Figaro und Susanna stimmlich und darstellerisch ein regelrechtes Traumpaar dar. Kamalova begeistert mit wunderbaren Spitzentönen und keckem Spiel. Prochera begeistert mit kräftigem Bariton und großem Witz. So gibt es am Ende lang anhaltenden und begeisterten Applaus für die Sänger und das Orchester und allgemeine Zustimmung für eine Inszenierung, die trotz der genannten Schwachpunkte keinem weh tut.

FAZIT

Szenisch ist diese Figaro - Produktion zwar nicht der ganz große Wurf, hat aber auch keine abschreckende oder provozierende Wirkung und macht musikalisch einen Besuch in Gelsenkirchen auf jeden Fall lohnenswert.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Valtteri Rauhalammi

Inszenierung
Peter Hailer

Bühne
Etienne Pluss

Kostüme
Uta Meenen

Licht
Patrick Fuchs

Chor
Christian Jeub

Dramaturgie
Anna Melcher
Juliane Schunke

 

Opernchor und Statisterie
des MiR

Neue Philharmonie
Westfalen


Solisten

*Premierenbesetzung

Graf Almaviva
Michael Dahmen

Gräfin Almaviva
Petra Schmidt

Susanna, Zofe der Gräfin
Alfia Kamalova

Figaro, Diener des Grafen
Piotr Prochera

Cherubino, ein Page des Grafen
Anke Sieloff

Marcellina
Almuth Herbst

Bartolo, Arzt aus Sevilla
Dong-Won Seo

Basilio, Musiklehrer
E. Mark Murphy

Don Curzio, Richter
Sun-Myung Kim

Antonio, Gärtner
Nikolai Miassojedov

Barbarina, Tochter von Antonio
*Dorin Rahardja /
Tina Stegemann


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