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The Rocky Horror Show

Musical
Book, Music and Lyrics: Richard O'Brien
By Arrangement with BB Group GmbH and the Rocky Horror Company Ltd.

in deutscher Sprache, Lieder in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Wiederaufnahme im Theater Hagen am 25. Oktober 2012


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Mit dem Time Warp wieder auf Erfolgskurs

Von Thomas Molke / Fotos von Stefan Kühle (Rechte Theater Hagen)

Nachdem das Theater Hagen bereits in der Jubiläumsspielzeit mit Richard O'Briens Kultmusical zahlreiche ausverkaufte Vorstellungen feiern konnte, gab es nun vor vollem Haus eine umjubelte Wiederaufnahme. Und wie in der letzten Spielzeit konnte Guildo Horn für die Partie des Riff-Raff verpflichtet werden, was der Werbewirksamkeit der Produktion sicherlich nicht abträglich gewesen sein dürfte. Dass Horn wohl eine besondere Verbundenheit zum Hagener Theater empfindet, bringt er unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass er zum einen in dieser Spielzeit bereits zum dritten Mal mit seiner Band, den Orthopädischen Strümpfen, in der Weihnachtszeit ein Gastspiel im Großen Haus gibt und zum anderen diese Band auch direkt für die Rocky Horror Show mitgebracht hat, so dass die Musiker im Bühnenhintergrund mit weißen Barock-Perücken unter Leitung vom ersten Kapellmeister Steffen Müller-Gabriel den Saal zum Rocken bringen. Und eines muss man dem Publikum bei dieser Wiederaufnahme lassen: es lässt die Aufführung zu einem Event mit hohem Mitmach-Faktor werden.

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Orlando Mason als Erzähler

Dabei hat man allerdings beinahe den Eindruck, dass bei dem Auftritt des Erzählers ein wenig übertrieben wird. So sind die lauten "Langweilig"- und "Boring"-Rufe schon fast ein bisschen zu viel, so dass man mit Orlando Mason regelrecht Mitleid bekommen kann, zumal er mit seiner braunen Schlaghose im 70er-Jahre Retro-Look, der Umhängetasche und seinen ins Gesicht hängenden Haarsträhnen als Karikatur eines bekifften Hippies aus der Flower-Power-Bewegung schon gestraft genug ist. Doch Mason lässt sich in seinem Spiel nicht aus dem Konzept bringen, kontert im Gegenteil bei einem Wortspiel mit einen kurzen "Fuck you" und erntet auch bei dem - wenn auch etwas platten - Scherz mit der Bohrmaschine zum Thema "Bo(hr)ring" zahlreiche Lacher. Beim Schlussapplaus macht das Publikum dann auch mehr als deutlich, dass es Mason in seiner Darstellung alles andere als "Boring" fand.

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Die Transsylvanier (von links: Riff-Raff (Guildo Horn), Frank 'n' Furter (Henrik Wager), Columbia (Susanna Mucha) und Magenta (Marilyn Bennett)) sind über den unerwarteten Besuch nicht begeistert.

Auch bei den anderen Texteinwürfen, dem gezischelten "Ss", wenn Janet Weiss' vorgestellt wird, dem kurzen "Sht" bei jeder Erwähnung von Eddie oder dem "Uh!" bei Dr. Scott, zeigt das Hagener Publikum, dass es seit der Premiere dazugelernt hat. Getanzt wird im Parkett zwar beim "Time Warp" immer noch nicht, was aber vielleicht daran liegen mag, dass die Reihen zu eng sind, man sich folglich nicht genug bewegen kann oder vielleicht fürchtet, auf dem zuvor geworfenen Reis auszurutschen. Für die Kult-Utensilien ist im Theater nämlich gesorgt. So kann jeder Zuschauer vor Beginn der Vorstellung eine Tüte für 3 Euro erwerben, in der sich eine kleine Wasserpistole, ein Beutel Reis, Toilettenpapier und ein Bierdeckel mit einem aufgedruckten Toast befinden. Das Programmheft ist im abgeänderten Format einer Zeitung darin enthalten, so dass man sich daraus den Hut zum Schutz vor dem Regen basteln kann. Mit diesem "Spielzeug" ist das Publikum dann auch so beschäftigt, dass Brad und Janet bis zur Ankunft im Schloss das Gefühl haben könnten, sie spielten für sich allein. Ihre Dialoge gehen nämlich nahezu im johlenden Werfen des Reis und Spritzen mit den Wasserpistolen unter. Erst bei den Liedern beruhigt sich das Publikum ein wenig. Sandra Fox arbeitet bis zur Ankunft im Schloss mit einem vor der Bühne heruntergelassenen Theaterprospekt und lässt quasi im Orchestergraben spielen. Vor dem Prospekt fahren Brad und Janet dann in einem angedeuteten Wagen, während hinter ihnen ein Gewitter auf den Prospekt projiziert wird und Janet den Scheibenwischer bewegt.

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Janet (Tanja Schun) mit Rocky (Tillmann Schnieders) bei "Touch A Touch Me" auf der "Liebesschaukel"

Frank 'n' Furters Schloss erinnert an eine Show-Bühne der 70er Jahre, wobei auf der rechten Seite eine Art Showtreppe herabführt und auf der linken Seite undefinierbare Ringe herabhängen, die bei Janets Lied "Touch A Touch Me" gewissermaßen als Liebesschaukel fungieren. Durch ringförmige Öffnungen im Hintergrund blickt der Chor mit weiß geschminkten Gesichtern. Während Riff-Raffs und Magentas Kostüme recht futuristisch in Silber und Schwarz gehalten sind, erinnert Frank 'n' Furter mit seiner hohen schwarzen Lockenperücke eher an eine Art Jimi Hendrix. Henrik Wager gibt der Partie etwas sehr Androgynes und unterscheidet sich deutlich von der häufig kopierten, aber selten erreichten Darstellung der Figur in der legendären Verfilmung mit Tim Curry. Bei Wagers charmantem Spiel wird gut nachvollziehbar, dass es Frank 'n' Furter gelingt, sowohl Brad als auch Janet zu verführen, eine Szene, die als Schattenspiel mit rotem bzw. blauem Licht von den Darstellern hervorragend umgesetzt wird. Auch musikalisch lässt Wager mit seiner lasziven Stimme keine Wünsche offen, sei es nun bei seinem Auftrittslied "Sweet Transvestite" oder seinem Abgangssong "Going Home". Besonders überzeugend gelingt sein Auftritt nach der Floor-Show, wenn er in einem riesigen roten Lippenmund aus dem Schnürboden herabgelassen wird, was wohl eine Anspielung auf den Prolog im Film sein mag. Wenn dann zu "Don't dream it - Be it" die Balletttänzer durch die Lippen auf die Bühne kriechen und sich mit den Protagonisten vereinen, hört man die Erotik regelrecht knistern.

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"Don't dream it - Be it" (Ensemble)

Einem Problem, dem sich jeder Regisseur stellen muss, ist, wie der Prolog umgesetzt werden soll, der ja szenisch in keinem Zusammenhang zum folgenden Stück steht. Holger Hauer entscheidet sich, Magenta als strenge Gouvernante mit einer Schar Schülerinnen durch den Zuschauerraum auftreten zu lassen. So wird zwar der zeitliche Übergang zur folgenden Hochzeit von Betty Munroe motiviert, ein Zusammenhang zum gesungenen Text lässt sich allerdings kaum erkennen, weil es nicht nachvollziehbar ist, wieso die Gouvernante mit den Schülerinnen über "Science Fiction" sprechen sollte. Sieht man von dieser kleinen dramaturgischen Schwäche ab, gelingt Hauer jedoch eine in sich stimmige szenische Umsetzung, die vor allem von den Darstellern lebt. Mit Jeffery Krueger und Tanja Schun verfügt das Hagener Theater über zwei Sängerdarsteller, die für Brad und Janet stimmlich und optisch eine Idealbesetzung darstellen. Krueger gelingt der Spagat vom verklemmten Brad Majors, der den Normen eines wohlerzogenen amerikanischen jungen Mannes entspricht, zum freien Menschen, der bei Frank 'n' Furter lernt, seine Sexualität auszuleben. Tanja Schun begeistert als biedere Janet Weiss, die durch Frank 'n' Furter und Rocky eine ganz andere Seite in sich entdeckt. Während das Stück eigentlich offen lässt, was nach den Ereignissen mit Brad und Janet passiert, bezieht Hauer Stellung, indem er die beiden in unterschiedliche Richtungen die Bühne verlassen lässt. Für ihn hat die Beziehung der beiden nach dieser Nacht offensichtlich keine Chance mehr.

Auch die übrigen Ensemble-Mitglieder überzeugen durch große Spielfreude. Werner Hahn mimt einen hervorragenden Dr. Scott, der das "R" stets genüsslich rollt. Marilyn Bennett gefällt als undurchschaubare Magenta und ist mit Guildo Horn als Riff-Raff durchaus auf Augenhöhe, da Horn sich als absoluter Team-Player erweist und keineswegs versucht, sich in irgendeiner Form in den Vordergrund zu spielen oder als TV-Star zu profilieren. Auch ist es keinesfalls selbstverständlich, dass man an einem Theater über einen Tenor verfügt, der einen glaubhaften Rocker Eddie verkörpern kann. Doch Richard van Gemert fährt nicht nur mit Motorrad auf die Bühne, sondern präsentiert sich in der Rolle auch absolut cool. Als Gäste überzeugen Susanna Mucha als quietschige Columbia und Tillmann Schnieders als muskelbepackter Rocky. So dürfte man bei der Begeisterung des Publikums auch bei den weiteren Aufführungen von Seiten des Theaters häufig auf die Ankündigung "Ausverkauft" hoffen.

FAZIT

Das Stück hat in Holger Hauers Inszenierung mit einem durchweg spielfreudigen Ensemble nichts an Frische verloren.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Steffen Müller-Gabriel

Inszenierung
Holger Hauer

Ausstattung
Sandra Fox

Choreographie
Ricardo Fernando

Chor
Wolfgang Müller-Salow

Dramaturgie
Thilo Borowczak



Die Orthopädischen Strümpfe

Opernchor des
Theater Hagen

Ballett des Theater Hagen


Solisten

Brad Majors
Jeffery Krueger

Janet Weiss
Tanja Schun

Frank 'n' Furter
Henrik Wager

Riff-Raff
Guildo Horn

Magenta
Marilyn Bennett

Columbia
Susanna Mucha

Rocky
Tillmann Schnieders

Eddie
Richard van Gemert

Dr. Scott
Werner Hahn

Erzähler
Orlando Mason

 


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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