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Almira - Königin von Kastilien

Singspiel in drei Akten
Libretto von Friedrich Christian Feustking nach einem Libretto von Giulio Pancieri
Musik von Georg Friedrich Händel


In deutscher und italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Gemeinschaftsproduktion der Oper Halle und der Händel-Festspiele Halle
Premiere an der Oper Halle am 21. Juni 2013


Opernhaus Halle

Amor kann nicht jedem helfen!

Von Joachim Lange / Fotos von Gert Kiermeyer

Nicht nur der amtierende spanische König hat im Moment mit Gegenwind zu kämpfen. Auch Händels Bühnenkönigin aus Kastilien mit dem schönen Namen Almira kam erst jetzt, mit zweiwöchiger Verspätung, im Opernhaus dazu, ihr eigenes Amt anzutreten, andere zu verurteilen, sich einen vorgesehenen Bewerber um ihre Hand vom Leibe zu halten, ihren Favoriten als Sekretär an ihre Seite zu befördern und aus den Fängen einer (vermeintlichen) Konkurrentin zu befreien. Um am Ende von der jähen Wendung überrascht zu werden, dass ihr Lover sogar ins testamentarisch verfügte Anforderungsprofil eines königlichen Ehemannes passt. Weil in letzter Minute rauskommt, dass er nicht der „Fündling“ ist, für den er sich bislang hielt, sondern natürlich hochgeboren und nur verloren gegangen.

Über dem ganzen, vom noch nicht mal zwanzigjährigen Händel auf ein Libretto von Friedrich Christian Feustking für die berühmte Hamburger Gänsemarktoper verzapften Spaß steht „Singspiel". Und genau das ist es auch. Eine barocke Sitcom, bei der das royale Brimborium nur der Rahmen, nicht aber kriegsentscheidend ist. Für Bühnenbildner Frank Philip Schlößmann liefert der immerhin die Vorlage für eine Riesenkrone als zentrales Requisit für den Innenraum. Der sich auf der Drehbühne schnell zum blauen Sekretärs-Kabinett oder in einen Spielsalon (mit Riesen-Spielkarten), vor allem aber in einen Liebes-Garten mit Amor-Brunnen verwandeln lässt.


Vergrößerung Gerade ins Amt gekommen: Almira (mit der Krone) zwischen dem Mann, den sie heiraten soll (links: Osman) und dem, den sie will (rechts: Fernando)

Im Werkverzeichnis trägt Almira die Nummer 1. Was man freilich auch hört. Durchaus schon das Theatergenie, greifen doch die Nummern aus recht kurzen Arien und Rezitativen wie die Räder eines Szenenuhrwerkes ineinander. Der mitunter drollig gereimte deutsche Text hat Komödien-Charme. Den Wechsel zwischen Witz und Melancholie packt Händel schon wie geschmiert. Den Hamburgern hat das damals gut gefallen und beim händelkundigen Hallenser Publikum von heute funktioniert es immer noch hervorragend. Was natürlich auch am hauseigenen, fabelhaften Händelfestspielorchester liegt, das (nach langer Zeit mal wieder) unter der kundigen Leitung von Andreas Spering mit Präzision und Sinnlichkeit die Musik auch da leuchten lässt, wo sie auf norddeutsch getrimmt ist. Aber es ist halt ein frühes Werk, in dem der herzergreifende Arien-Virtuose und mitreißende Bravourfeuerwerker unverkennbar noch auf dem Weg zu sich selbst ist. Spering lässt keine Gelegenheit aus, das Vorausweisende zu akzentuieren. Bei Händel ist es da auch nicht anders als bei Mozart oder Wagner – man hört das Kommende allemal mit. 

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Was sich liebt, das neckt sich und wenn's mit dem Laubbesen ist - Osman und Edilia

In der Dramaturgie der abgesagten Festspiele, die den ausgeladenen Besuchern neben diesem frühen Werk ja auch noch Alessandro und Alcina zum Vergleich geboten hätte, wäre Almira, nicht nur für sich genommen, sondern auch als Ausgangspunkt höchst interessant gewesen. Doch auch im Repertoire des Opernhauses hat es mit dem (in Halle willkommenen) Magdeburger Telemann und seinem Geduldigen Sokrates ein Vergleichsstück.   Dort wie hier ist Hausherr Axel Köhler der rechte Mann, um dem, sagen wir es freundlich, vorhersehbarem Geschehen mit Witz und Geschmack, Instinkt für Musik und Tempo (was Beschleunigung einschließt) Beine zu machen. Szenische Langeweile hat hier auch deshalb keine Chance, weil er es schafft, das merklich aufeinander eingespielte Ensemble, so als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, mit Ironie schweben zu lassen, ohne zu denunzieren. Was bei komödiantischen Naturtalenten wie Björn Christian Kuhn als Tabletts voller Sektflöten jonglierender Diener Tabarco oder Roland Schubert als dem wunderbar augenzwinkernd Strippen ziehenden Almira-Vormund  Consalvo quasi von selbst funktioniert.


Vergrößerung Der Weg zum Happyend ist für Fernando mit einem Gastspiel im Kerker gepflastert

Doch auch die drei sich am Ende natürlich der Reihe nach in den Armen liegenden Paare überzeugen mit vokalem Glanz und Eloquenz. Gelegentliche Ausflüge mischen sich unter die deutschen Arien, die zwischen Melancholie, Wut und Freude verteilt sind. Von Ines Lex als staunend ins Amt (und die Liebe) stolpernde Almira und Michael Smallwood als ihrem zu Unrecht der Untreue verdächtigter schmachtender Lover Fernando. Über Yeree Suh als freche und höhenzart zwitschernde Edilia, für die das Libretto mit Ki-Hyun Parks Raymondo immerhin einen rechtzeitig auftauchenden mauritanischen König bereit hält. Bis hin zu Christian Zenker, als nie um eine smarte Macho-Geste verlegenen geschmeidigen Osman, der, nachdem er nicht wie geplant bei Almira landen kann, mit der Prinzessin Bellante der wunderbaren Melanie Hirsch auch keine schlechte Partie macht.

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Am Ende sitzen dann doch alle einem Tisch

Amor muss dabei natürlich nachhelfen. Dafür erweckt Köhler die Brunnenstatue, die bis zur Pause mit Manneken-Pis Qualitäten glänzte, in Gestalt von Rafa³ Zeh zum Leben. Zwar funktioniert der dann nicht mehr als Wasserspender. Aber er gibt sich alle Mühe als Liebesanstifter. Und sorgt für eine dankbar aufgenommene Beschleunigung aufs Ende und den einhelligen Jubel hin. Von dem bekommt der Chor (Leitung Jens Petereit) nichts mit, weil der seinen kleinen, aber effektvollen Auftritt am Anfang hatte.

Und sonst? Sah man den Oberbürgermeister von Halle, zu dessen ersten Gesten es gehört hatte, die Stadt mit dem Namenszusatz „Händelstadt“ zu versehen, als Premieren-Gast in der ersten Reihe im Rang? So wie es sich in Halle mal gehört hat. Gar mit ein paar verbindlichen Worten über die Verspätung der Premiere? Oder im angeregten Gespräch mit der Leitung des Hauses, den Künstlern oder den kunstliebenden Bürgern? Vielleicht bemüht darum, den Kontakt mit der wichtigsten Kulturinstitution der Stadt zu knüpfen, dem Unmut über die von ihm verfügte Absage der Festspiele entgegen zu treten? Oder dem Haus, seinen Künstlern und dem Publikum die Unterstützung im Kampf gegen die absurde (Un-)Kulturpolitik aus Magdeburg zu versichern? Nichts von alledem. Ein lieto fine gibt es heutzutage halt nur auf der Bühne.


FAZIT

Die Oper Halle hat zum Glück die ausgefallene jährliche Neuproduktion der Händelfestspiele noch nachgereicht. Und bot nach dem Hochwasser und vor dem angekündigten finanziellen Kahlschlag eine großartige Leistung, die mit viel Jubel bedacht wurde.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andreas Spering

Inszenierung
Axel Köhler 

Bühne
Frank Philipp Schlößmann  

Kostüme
Katharina Weißenborn 



Chor der Oper Halle

Händelfestsspielorchester Halle


Solisten

Almira, Königin von Kastilien
Ines Lex

Edilia, eine Prinzessin
Yeree Suh

Bellante, Prinzessin von Aranda
Melanie Hirsch

Fernando
Michael Smallwood

Osman, sein Sohn
Christian Zenker

Raymondo, König aus Mauritanien
Ki-Hyun Park

Consalvo, Almiras Vormund
Roland Schubert

Tabarco, ein Knecht
Björn Christian Kuhn

Amor
Rafa³ Zeh


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Opernhaus Halle
(Homepage)






Da capo al Fine

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