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Musiktheater
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Mahler III

Musiktheater von Markus Poschner und Benedikt von Peter
zu Gustav Mahlers dritter Sinfonie


In deutscher Sprache mit Übertiteln
Aufführungsdauer: ca. 1h 30' (keine Pause)

Premiere am 10. Februar 2013 im Theater am Goetheplatz, Bremen

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TheaterBremen
(Homepage)

Weiter Blick vom Klanggebirge

Von Joachim Lange / Fotos von Jörg Landsberg

Gustav Mahler als Musiktheater? Klar doch, meint zumindest Benedikt von Peter. Er hat etliches abgesagt, seit er Bremer Operndirektor geworden ist. Immerhin einen Lohengrin in Karlsruhe, einen Faust II am Schauspiel Frankfurt, und auch in Hannover mussten sie sich jetzt einen neuen Meistersinger-Regisseur suchen. Es spricht wohl für ihn, dass er seinen Hauptjob ernst nimmt und erst danach seine Liste mit den Bühnen-Blockbustern. So wie seine Traviata in Hannover (unsere Rezension).

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Da ist man schon neugierig, wie er eine Sinfonie Gustav Mahlers als Musiktheater auf die Bühne bringt. Wie jetzt die Dritte, die 1902 so maßlos wie hellsichtig das Jahrhundert einleitete. Erst einmal bringt er aber das Publikum auf die Bühne. Da sind nämlich die Türen zum Zuschauerraum verrammelt. Man trifft sich wie zur Stehpartie in der Abstellkammer. Flackernde Bildschirme. Tönechaos. Verwundertes Gemurmel, bis die Seitenbühnen dicht gemacht werden. Der Bühnenraum als Blackboxfalle, in die sich eine Lautsprecherbatterie senkt und die ersten Fanfarenstöße ziemlich elementar und grundsätzlich wirken.

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Dann hebt sich der Eiserne Vorhang. Man sieht ein Häuschen (vielleicht Mahlers Komponierklause am Attersee?), das windschief auf den Sitzreihen schaukelt. Oben sind die Ränge bereits besetzt. Wer will, kann sich jetzt seinen Platz im Zuschauerraum suchen. Wer nicht will, bleibt auf der Bühne. Dort wird inzwischen die Verkleidung abgebrochen, hinter der das Orchester mit Markus Poschner am Pult versteckt war. Ganz am Ende wird es bis zur Rampe vorgefahren sein und ganz alleine die Hauptrolle spielen. Beinahe jedenfalls. Denn jener exemplarische Mensch, im weißen Overall mit der Kamera am Helm, die den ganzen Abend über den Live-Blick auf uns selbst produzierte, wird unter der Wucht des Erlösung-Pathos, das Mahler behauptet, zusammenbrechen. Da ist die an Nietzsche erinnernde, rückwärts laufende Zählung der „Takte bis zum Neuen Menschen“, längst bei 0 angekommen.

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Benedikt von Peter macht das philosophische Potenzial von Mahlers Musik nicht etwa als Ballett (wie Maurice Béjart oder John Neumeier) deutlich, sondern tatsächlich als Musiktheater erfahrbar. Eins, das sich freilich erst im Kopf des Betrachters vervollständigt. Die Bilder, die er auf den im Raum verteilten Leinwänden liefert, sind die Stichworte dafür: Winkende Menschen in der Idylle einer touristisch durchgestalteten Natur. Possierliche Tiere. Rehe, die mit Hunden spielen. Spätestens beim Schmusen mit einem lebenden Bambi im Wohnzimmer aber wird das Künstliche, ja Perverse dieser Tierliebe deutlich. Durch die Konfrontation mit Bildern von Überschwemmungen oder ästhetisch choreografierten geologischen Sprengungen, das Aufstellen von großen Birkenzweigen wie zu einem Wald, die live übertragenen Blicke der Zuschauer auf sich selbst im Zuschauerraum oder auf der Bühne, wird die Bilderflut mit der Zeit tatsächlich zum Diskursangebot von Mahlers Panoramablick auf das Elend der Welt und die Hoffnung in der Höhe. „O Mensch! Gib acht!“ tönt das Altsolo. Wohl wahr.

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Benedikt von Peter hat einen untrüglichen Instinkt dafür, wie er die lustvoll zertrümmerten Wahrnehmungsstrukturen durch eine eigene Dramatik ersetzt, packt und im günstigsten Falle bis zum Herzen vordringt. Am Ende Jubel für das Orchester, Schauspielerin Nadine Geyersbach, Altistin Nadja Stefanoff, die Chöre, das Orchester und das Inszenierungsteam.


FAZIT

In Bremen ist ein Mahler-Abend zu erleben, dem man sich nicht mit den herkömmlichen Vorstellungen von Theater oder Konzert nähren sollte. Es irgendetwas dazwischen und entfaltet da seine suggestive Kraft, wo die Bereitschaft besteht, sich diesem Erlebnis offen zu nähren.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Markus Poschner

Inszenierung
Benedikt von Peter

Bühne
Natascha von Steiger

Kostüme
Geraldine Arnold

Video
Timo Schierhorn

Klanggestaltung
Tamer Özgönenc

Chöre
Daniel Mayr

Dramaturgie
Sylvia Roth


Frauen- und Kinderchor des
Theaters Bremen


Bremer Philharmoniker


Solisten

Alt-Solo
Nadja Stefanoff

Schauspielerin
Nadine Geyersbach


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Bremen
(Homepage)





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