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Musiktheater
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Rigoletto

Oper in drei Akten
Text von Francesco Maria Piave nach dem Versdrama Le roi s'amuse (1832) von Victor Hugo
Musik von Giuseppe Verdi

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (zwei Pausen)

Premiere am 13. Oktober 2012 im Opernhaus Leipzig


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Oper Leipzig
(Homepage)
Wenn sich der Herzog als Frauenschwarm inszeniert...

Von Roberto Becker / Fotos von der Oper Leipzig

Vor lauter aufziehendem Rummel um das kommende Wagnerjahr 2013 gerät immer etwas in den Hintergrund, dass mit Verdi auch der bedeutendste italienische Komponist des 19. Jahrhunderts 1813 geboren wurde. Wenn dann ein Haus die Spielzeit die in das monströse Doppeljubiläumsjahr startet, mit einer Verdi-Produktion beginnt, könnte man das für programmatisch halten. Wenn es in Wagners Geburtsstadt Leipzig passiert, dann ist das fast schon eine Pointe der Wagner-Selbstbescheidung. Aber aus einem Macbeth aus der Konwitschny-Erbmasse, einem geplanten Nabucco und der Eröffnung der Spielzeit mit Rigoletto lässt sich nur schwer ein programmatischer Ansatz herauslesen. Da hätte man schon so eine Idee gebraucht, wie die von Johannes Felsenstein seinerzeit mit seinem Verdi-Schiller Zyklus in Dessau. In der Beziehung sieht es aber überhaupt mau aus an deutschen Opernhäusern.

Da ist dann ein szenisch weitgehend überzeugender und in seiner vokalen Ausstattung heftig vom Leipziger Premierenpublikum bejubelter Rigoletto allemal besser als gar kein Verdi, wobei man sich wundert, dass der Intendant und musikalische Chef des Hauses, Ulf Schirmer, seine erste voll verantwortete Spielzeit nicht selbst einleitet, sondern die Verdi-Rendite in der Publikumsgunst dem ersten ständigen Gastdirigenten Matthias Foremny überlässt. Der macht am Pult des Gewandhausorchesters dankenswerter Weise keine verkappte Verdi-Gala aus dem Abend, sondern stellt sich in den Dienst der ästhetisch geschlossenen und handwerklich exzellent durchgearbeiteten Inszenierung von Anthony Pilavachi, der im Vorfeld selbstbewusst erklärt hatte, dass er sein Handwerk verstehe. Wo er Recht hat, hat er Recht.

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Der besorgte Vater (Vittorio Vitelli) und seine Tochter (Eun Yee You)

Im dem eindrucksvollen Bühnenbild von Ausstatterin Tatjana Ivschina entwickelte er seine Geschichte vom ziemlich verlotterten Hof von Mantua hochpräzise aus der Musik. Neben dem Fest-Saal liegt praktischerweise gleich das Schlafzimmer des Herzogs. Im Untergeschoss ist die Wohnung Rigolettos verborgen. In einem Gewirr aus Treppen und Stegen ist die Entführung Gildas ebenso glaubwürdig in Szene gesetzt wie auf der leergeräumten Bühne im letzten Bild die unheilvolle Gewitterstimmung. Die Spannung und Faszination des Anfangsbildes lässt zwar gegen Ende nach, doch bleibt vor allem dieses erste im Gedächtnis. So schwarz und morbide dieser angedeutete Saal wirkt, so abartig und verkommen sind hier auch die Sitten. Wenn Rigoletto den Raum betritt, findet er eine zugedeckte leblose Frau auf der Tafel, die offenbar mehr als nur ein feuchtfröhliches Gelage gesehen hat.

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Der Narr (Vittorio Vitelli) mitten in einer Gesellschaft (Herrenchor), der das Messer locker sitzt

Das Erschrecken, dass diesem Rigoletto ins Gesicht geschrieben steht, ist aber nicht das des empörten Untertanen, sondern das des besorgten Vaters, der seine Tochter Gilda vorsorglich vor den Blicken der Hofgesellschaft und vor allem vor denen des obersten Aufreißers an deren Spitze verbirgt. Und das ganz zu Recht, wie sich herausstellt. Leonardo Capalbo setzt als so attraktiver wie eitler Herzog nämlich seinen ganzen Ehrgeiz daran, nicht wegen seiner (mehr als skrupellos ausgeübten politischen) Macht von den Frauen als Ziel ihrer Wünsche angesehen zu werden. Er will auch wegen seines mit zunehmend überzeugenderem Tenorschmalz und südländischem Verführungsgehabe bis hin zu einer Stripp-Einlage, die zumindest den ansehnlichen Oberkörper frei gibt, als Mann das Ziel weiblicher Träume sein. Er verkauft den tyrannischen Womanizer-Herzog als Traumprinzen für Jungfrauen und frustrierte Gattinnen.

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Faszinierende Bühne - ein Blick ins verkommene Mantua

Das gibt der historisch angelegten Inszenierung zwar einen starken Dreh ins Heutige, aber es bleibt eben doch fraglich, ob es historisch oder inszenatorisch wirklich überzeugen kann, wenn gerade in aller Öffentlichkeit, sozusagen als Hauptgang, vergewaltigte Frauen sich diesem scheinbaren Sonnyboy Herzog wie Teenagerfans ihrem Rock-Idol als Dessert zu Füßen werfen. Doch auch wenn Pilavachi in der Art, wie er die Zustände in diesem Renaissance Sodom und Gomorra ausschmückt, übertreibt, bleibt die Geschichte spannend. Wenn er etwa die Rolle der Giovanna (stimmlich leider nicht so überzeugend wie darstellerisch: Carolin Masur) in die Dimension einer ziemlich skrupellosen und Männer (und Herzog-)versessenen Verräterin mit Ehrgeiz aufwertet, und ihr einen Bühnentod auf offener Szene zubilligt, oder wenn er im Schlussbild der Schwester des Berufsmörders Sparafucile (mit gewohnte Präsenz: James Moellenhoff) Maddalena (Karin Lovelius) die Verwandlung von der etwas in die Jahre gekommenen Puffmutter in eine aufgedonnerte Geliebte des Herzogs, der wie Don Giovanni keine einschränkenden Präferenzen bei seiner Jagd auf Frauen zu haben scheint, zubilligt.

Rigoletto ist zynischer Mittäter, liebevoller Vater, rasender Rächer und am Ende Opfer zugleich - Vittorio Vitelli spielt das intensiv und setzt auch seine manchmal etwas verhangen wirkende Stimme für diese Rollengestaltung ein. Ebenso überzeugt Eun Yee You mit ihrer individuellen Stärke, die feinsten Pianotöne aus dem Nichts herbeizuzaubern und damit dennoch den Raum zu füllen. Beiden geht es nicht um die Jagd nach Szenenapplaus mit hingeschmetterten Verdi- Hits, sondern um einen Dienst an der Rolle. Weil das auch für alle Protagonisten und den bestens einstudierten Chor gilt, kann die Oper Leipzig – trotz der Einwände – einen gelungenen Saisonstart verbuchen.

FAZIT

Trotz einiger Einwände ist der Oper Leipzig mit Anthony Pilavachis „Rigoletto“ ein bemerkenswerter Start in die neue Spielzeit gelungen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Matthias Foremny

Inszenierung
Antony Pilavachi

Bühne und Kostüme
Tatjana Ivschina

Choreinstudierung
Alessandro Zuppardo

Dramaturgie
Christian Geltinger



Herrenchor der Oper Leipzig

Studenten der Hochschule für
Musik und Theater
"Felix Mendelssohn-Bartholdy"
Leipzig

Gewandhausorchester Leipzig

Solisten

Der Herzog von Mantua
Leonardo Capalbo

Rigoletto
Vittorio Vitelli

Gilda
Eun Yee You

Giovanna
Carolin Masur 

Der Graf von Monterone
Jürgen Kurth  

Graf Ceprano
Sejong Chang

Gräfin Ceprano
Anat Edri

Sparafucile
James Moellenhoff

Maddalena
Karin Lovelius

Page
Olena Tokar

Uschere
Frank Wernstedt 



Weitere
Informationen

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Oper Leipzig
(Homepage)



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