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Musiktheater
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Die Soldaten

Oper in vier Akten
nach der Komödie Die Soldaten von Jakob Michael Reinhold Lenz
Musik und Libretto von Bernd Alois Zimmermann

in deutscher Sprache mit verschiedensprachigen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 25' (eine Pause)

Koproduktion mit der Oper Zürich (sie auch unsere Rezension der Züricher Premiere)
Premiere an der Komischen Oper Berlin am 15. Juni 2014


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Komische Oper Berlin
(Homepage)
Der Krieg ist allgegenwärtig

Von Lisa Jüttner / Fotos von Monika Rittershaus

Die komische Oper fährt zum Ende der Spielzeit noch einmal pompös auf. Die einzige Oper des Komponisten Bernd Alois Zimmermann Die Soldaten ist dominiert von Sex, Gewalt und Krieg, inszeniert von Skandalregisseur Calixto Bieito. Wer sich jedoch auf viel Blut und nackte Haut freut, wird hier enttäuscht. Er kann auch (fast) ohne und trotzdem: Monströs, beeindruckend, bedrohlich - Kino für Freunde der Neuen Musik.

Vergrößerung Die Soldaten quälen Stolzius

Zimmermann komponierte seine Oper mit der Angst der Nachkriegszeit im Rücken, und diese ist in der Inszenierung deutlich zu spüren. Die rohe, animalische Darstellung der Soldaten - sogar der musikalische Leiter Gabriel Feltz tritt in Armee-Hosen auf - ist auf den Punkt getroffen und beherrscht die Grundatmosphäre des gesamten Abends. Selbst den wenigen intimeren Momenten sitzt die Bedrohung im Nacken: Marie im Gespräch mit ihrem Vater, mit ihrer Schwester, Stolzius diskutierend mit seiner Mutter, sie alle sind gefangen im Netz des Militarismus. Und genau dort sah Zimmermann den destruktiven Grundgedanken. Nicht der Krieg zerstört den Menschen, sondern seine alltäglichen Folgen, welche tief bis in die Grundfesten der sozialen Beziehungen vordringen.

Vergrößerung

Marie und Vater Wesener

Auch Bieito inszeniert kein Schlachtfeld, sondern Bühnenbildnerin Rebecca Ringst baut mit Gerüsten das Innere einer Kaserne nach. Sex und Gewalt stehen auf der Tagesordnung. Die unschuldige Marie wirkt darin wie eine verlorene Puppe. Strohblondes Haar, große Augen, so beginnt sie ihren sozialen Aufstieg - und wird von den Männern hin und her geschoben. Dabei darf das Publikum ihr sozusagen live zuschauen. Im Hintergrund der Bühne installierte Kameras filmen Marie und ihre Begleiter in Nahaufnahmen, die auf Leinwände übertragen werden. Damit wird der Trend der "Selfies", fotografische Selbstporträts, die jeden online am Leben des Fotografen teilhaben lassen, auf eine interessante Art aufgegriffen. Zerstörung durch öffentliches Zur-Schau-Stellen der eigenen Person in den intimsten Momenten - im Grunde die Selbstzerstörung durch Selbstdarstellung. Denn wer sich der Gesellschaft bis in die letzten Winkel seiner Verletzlichkeit hingibt, endet nicht selten wie Marie: Am Boden.

Vergrößerung Das Innere der Kaserne, Orchester im Hintergrund

Zu diesen düsteren Gedanken tut die Musik ihr Übriges: Martin Koch als Deportes und Günter Pappendell als Hauptmann Mary singen exerziernd, so männlich, fast schon zu sehr im Klischee. Dagegen Tom Erik Lie, ein sensibler Stolzius, weich und verletzlich, weint in den Armen seiner Mutter. Susanne Elmark kreischt, giggelt, lacht und schluchzt hysterisch zwischen den Männern und meistert die gesanglich höchst anspruchsvolle Partie mit Bravour. Besonders hervorstechend: Noemi Nadelmann als Gräfin. Sie tritt auf wie eine Art Gegenpart zu Marie. Dunkel, stark, weltklug, die böse Stiefmutter. Feltz' Orchester, positioniert und kostümiert wie ein Schlachtheer, wütet und kämpft den ganzen Abend. Präzisionsarbeit bis ins letzte Detail, um das Chaos perfekt erklingen zu lassen.


FAZIT

Eine beeindruckende Leistung von der gesamten Besetzung. Musikalisch auf höchstem Niveau, eine zeitlose Geschichte - absolut sehens- und bedenkenswert. Bieito verzichtet weitestgehend auf szenische Aha-Effekte, fehlen tun diese nicht. Viel Interpretation ist wohl auch nicht nötig, um dieser pazifistischen Oper dazu zu verhelfen, sich in der Gegenwart wiederzufinden.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gabriel Feltz

Inszenierung
Calixto Bieito

Bühnenbild
Rebecca Ringst

Kostüme
Ingo Krügler

Lichtdesign
Franck Evin

Video
Sarah Derendinger

Choreographie
Beate Vollack

Dramaturgie
Beate Breidenbach
Pavel B. Jiracek



Orchester der Komischen Oper


Solisten

Wesener
Jens Larsen

Marie
Susanne Elmark

Weseners Mutter
Xenia Vyaznikova

Stolzius
Tom Erik Lie

Stolzius Mutter
Christiane Oertel

Obrist, Graf von Spannheim
Reinhard Mayr

Desportes
Martin Koch

Pirzel
Hans Schöpflin

Eisenhardt
Joachim Goltz

Haudy
Tomohiro Takada

Mary
Günter Pappendell

1. junger Offizier
Edwin Vega

2. junger Offizier
Alexander Kravets

3. junger Offizier
Máté Gál

Gräfin de la Roche
Noemi Nadelmann

Ihr Sohn
Adrian Strooper

Madame Roux
Beate Vollack

Drei Hauptleute
Bogdan Talos
Benjamin Mathis
Konrad Hofmann

Betrunkener Offizier
Wolfram Schneider-Lastin

Ein junger Fähnrich
Benjamin Mathis

Soldatenchor
Robert Elibay-Hartog
Marcus Elsäßer
Jonas Flemmerer
Thomas Hartkopf
Phillippe Hillebrand
Nenad Ivkovic
Fabian Jud
Christopher Lane
Simon Mehlich
Fabian Musick
Jonas Olejniczak
Simon Ortmeyer
Christian Packbier
Elias Reichert
Emil Roijer
Olaf Taube
Guillaume Vairet
Christoph Wiatre >



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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