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Musiktheater
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West Side Story

Musical von Leonard Bernstein
Nach einer Idee von Jerome Robbins
Buch von Arthur Laurents
Gesangstexte von Stephen Sondheim
Deutsche Fassung von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald

in deutscher Sprache mit verschiedensprachigen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Premiere an der Komischen Oper Berlin am 24. November 2013


Homepage

Komische Oper Berlin
(Homepage)
Die Wucht der Musik

Von Roberto Becker / Fotos von Iko Frese/drama-berlin.de

Barrie Kosky liebt die große Show. Daraus macht er gar keinen Hehl. Ein Rheingold kann beim ihm leicht mit einer Revue verwechselt werden. Aber in Sachen Wagner hat er sich andernorts schon abgearbeitet. Das passt nicht so richtig an die Komische Oper in Berlin. Die hat sich seit Kosky hier das Intendantenzepter schwingt, gut gegen die innerstädtische Konkurrenz behauptet. Und es zum „Opernhaus des Jahres“ gebracht. Da geht auch mal was nicht ganz so gut, so wie neulich Mozarts Così fan tutte, die Alvis Hermanis zu brav und im kritikwürdigen Sinne altmodisch auf die Bühne brachte. Die programmatische Richtung stimmt aber.

Vergrößerung Liebe in Mitten von latenter Gewalt? Ein Traum.

Auch mit Leonard Bernsteins West Side Story. Wobei diese nach Amerika verlegte Version von „Romeo und Julia“ im Grunde ein Selbstläufer ist. Viele meinen, es sei das Beste, was das Genre überhaupt hervorgebracht hat. Daran hat natürlich Shakespeare seinen Anteil – der Plot funktioniert einfach, ob nun in Verona oder in New York. Er würde auch in Neukölln funktionieren. Und es bleibt schon diskutabel, ob Kosky mit seiner eher aufs Allgemeingültige und regional und zeitlich Ungefähre zielenden Inszenierung nun ein Verdienst erworben hat, weil er sich auf die Wucht der Musik und den Kick der tragischen Liebesgeschichte verlassen hat. Oder ob er damit nicht doch etwas an Potenzial verschenkt hat. Zumal es gerade in der Komischen Oper in der Übersetzungslage ja sogar immer auch eine türkische Textversion gibt. Es hätte schon auf der Hand gelegen, die türkischstämmigen Kids, deren Körpersprache Choreograph und Co-Regisseur Otto Pichler (der an diesem Haus schon den Ball im Savoy und Orpheus aus dem Monteverdi-Zyklus choreographiert hat) hier ziemlich souverän in die Choreographien der Jets und Sharks eingebaut hat (exemplarisch für alle steht da der atemberaubend cool und athletisch sing-tanzende Riff von Daniel Therrien), dadurch in die Oper zu locken, indem man ihre Geschichte erzählt. Aber sei's drum. Die Gefahr, dabei plakativ zu werden, ist natürlich auch nicht zu übersehen. Übrigens ist es so eine Besonderheit im ja nicht sehr interpretationsoffenen Musicalgeschäft, wo die Rechteinhaber akribisch auf ihren „Originalversionen“ beharren, dass der Vermerk „Die Uraufführung wurde inszeniert und choreografiert von Jerome Robbins“ sogar eingerahmt auf dem Programmzettel erscheinen musste.

Vergrößerung

Diese West Side Story lebt von ihren perfekten Darstellern.

Aber damit kann man gut leben, wenn so ein Ersatz dafür geboten wird, wie jetzt in Berlin. Dieser Abend entfaltet eine Wucht, der man sich nicht entziehen kann. Und das liegt nicht nur an der Jubelbereitschaft der ausgemachten Musicalfans, die diesmal im Publikum mehr als sonst vertreten sind. Da ist zuerst Bernsteins Musik, mit der Koen Schoots am Pult des Orchesters der Komischen Oper in der rauen Originalbesetzung von 1957 loslegt, der man nicht ausweichen kann. Das entfaltet eine derartige Suggestionskraft, dass es wirklich schade ist, dass es nicht noch eine Rausschmeißer-Zugabe gab. An Bernsteins Hits und den Drive seiner Musik kommt jedenfalls kaum ein Nachfolgeprodukt heran, und die aus der Webber-Fabrikation schon gar nicht.

Vergrößerung Immer noch der Traum vom Glück: Amerika!

Auf Koskys Bühne gibt es höchstens mal einen Minigemüse-Stand für Doc (als mahnende Stimme der Vernunft: Peter Renz) oder ein Bett für Maria. Der Rest ist eine Atmosphäre aus Lichttechnik, Discokugeln und ein paar Klettergelegenheiten. Das schafft jeder Menge Platz für die Tänzer und Sänger. Die imaginieren die latente Gewalt zwischen den verfeindeten Straßengangs vor allem mit ihrer genau auf die Musik choreographierten Dynamik, die einem schlichtweg den Atem verschlägt. Sie lassen die Muskeln spielen. Und zeigen sie auch. Was so gefährlich wie anziehend wirkt.

Bei so viel musical-professioneller Power wirken dann Julia Giebel und Tansel Akzeybek als Liebespaar Maria und Tony von vornherein wie Außenseiter, die keine Chance haben, wirklich dazu zu gehören und akzeptiert zu werden. Vokal schlagen sie sich wacker, wobei ihr weltfremdes Dahinschmelzen nicht wirklich ans Herz greift. Das gepfefferte „America“-Ensemble oder der beißende Witz des „Officer Krupke“-Couplets sind dadurch dem „Somewhere“ oder „Tonight“ deutlich voraus. Am Ende, wenn sie alle ruhig im Kreis stehen und Tony in Marias Armen stirbt, wirkt die Szene gar etwas brav pädagogisch.


FAZIT

Trotz einiger kleiner Einwände ist Barrie Kosky an der Komischen Oper eine mitreißende West Side Story gelungen, die das Zeug zum Publikumsrenner hat.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Koen Schoots

Inszenierung
Barrie Kosky
Otto Pichler

Choreographie
Otto Pichler

Bühnenbild-Konzept
Barrie Kosky

Bühnenbild und Kostüme
Esther Bialas

Licht
Franck Evin

Chor
David Cavelius

Dramaturgie
Johanna Wall



Chorsolisten und Komparserie
der Komischen Oper

Orchester der Komischen Oper


Solisten

Maria
Julia Giebel

Tony
Tansel Akzeybek

Anita
Sigalit Feig

Riff
Daniel Therrien

Bernardo
Gianni Meurer

Chino
Kevin Foster

Action
Hakan T. Aslan

A-Rab
Hunter Jaques

Baby John
Paul Gerritsen

Snowboy
Silvano Marraffa (Dance-Captain)

Big Deal
Robin Poell

Diesel
Shane Dickson

Anybodys
Bettina Kenney

Graziella
Claudia Greco

Velma
Meri Ahmaniemi

Rosalia
Mariana Prét

Consuelo
Kym Boyson

Teresita
Isabela Silvová

Francisca
Judit Szoboszlay

Estella
Martina Borroni

Margarita
Alessandra Bizzarri

Pepe
Mate Gyenei

Indio
Terence Rodia

Luis
Andreas Simonffy

Anxious
Csaba Nagy

Nibbles
Zoltan Fekete

Doc
Peter Renz

Schrank, Polizist
Christoph Späth

Krupke, Polizist
Philipp Meierhöfer

Glad Hand
Frank Baer

Artist
Pit Granowski



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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