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Hier darf der Mohr ruhig Mohr sein
Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Jung
"Mir ist die Ehre wiederfahren": Octavian (Katarzyna Kuncio)
So wichtig es rezeptionsgeschichtlich auch war (und ist), den Rosenkavalier mit den Instrumenten des Regietheaters aus verschiedensten Richtungen neu zu befragen, so schön ist's doch auch, Otto Schenks anrührend nostalgische Inszenierung von 1981 zu sehen, die sich eng am Libretto hält und im allerbesten Sinne werktreu ist. Von Bert Kistner (Bühne) und Gabriele Frey verschwenderisch ausgestattet, schnurrt die Komödie wie am Schnürl und gerät doch nicht zur Ausstattungsoper, weil Schenk musikalisch auf den Punkt inszeniert hat und mit viel Liebe zum Detail Genrebilder gezeichnet hat, die nie verleugnen, Theater zu sein - aber bitte schön ganz großes! Der Deutschen Oper am Rhein gebührt höchstes Lob, in dieser soundsovielsten Wiederaufnahme mit enormem Spielwitz diesen Charme über die Jahre zu bewahren. Beispielhaft genannt sei Florian Simson, der den Haushofmeister bei der Marschallin mit einer hinreißenden Mischung aus Noblesse und vornehmer Arroganz spielt und singt, dass es man sich diese ferne Zeit mit sanfter Wehmut herbeisehnt und gleichzeitig darüber lächeln muss. Widerspenstig: Sophie (Anke Krabbe) zwischen Vater Faninal (Stefan Heidemann) und Ochs, ihrem Verlobtem (Lars Wold)
Ein kleiner Wermutstropfen ist die arg matronenhafte Erscheinung von Linda Watson als Marschallin (die doch eine immer noch recht junge Frau sein sollte, die sich vor dem beginnenden Altern fürchtet). Stimmlich beherrscht die hochdramatische Sopranistin die Partie natürlich souverän, auch wenn das Timbre nicht allzu farbig ist. Ein paar ganz wunderbare, sehr tragfähige Pianissimi berücken, und in den Ensembles läuft die nie auftrumpfende, aber auf den Punkt präsente Stimme sehr schön lyrisch mit. In den Monologen bleibt die Sängerin dagegen recht pauschal, orientiert sich mehr an der melodischen Linie als am Text (was hier doch umgekehrt sein müsste). Jugendlich-androgyn in der Erscheinung wie von der Stimme ist Katarzyna Kuncio ein äußerlich fast perfekter, stimmlich sehr eindrucksvoller Octavian, und Anke Krabbe ist nicht nur eine wirklich niedliche Sophie zum sofortigen Verlieben, sondern auch gesanglich eine gestandene Persönlichkeit mit leuchtendem, sehr standfesten und keineswegs kleinem Sopran keine zögerliche Soubrette, sondern eine ziemlich selbstbewusste junge Frau, die schnell weiß, was sie will. Eine wienerische Maskerade und weiter nichts? Ochs (Lars Woldt) und Ensemble
Lars Woldt ist zwar nicht unbedingt ein Ochs von alter sonorer Wiener Schule (eine Spur mehr Schmäh dürft's ruhig noch haben), aber einer mit großer, üppiger, dabei jugendlicher Stimme, der man die pralle Lebenslust sofort anhört. Stefan Heidemann ist ein gestandener Faninal, dessen Stimme ein paar Kratzer haben mag, der aber mit großer Präsenz sein Blamage in den Saal wettert und mit großer Bühnenerfahrung hier unbedingt richtig ist. Jussi Myllys als italienischer Sänger schlägt sich in den immer höheren Höhen seiner Arie wacker, zu seinen Lieblingspartien gehört das aber sicher nicht. In den vielen kleinen Partien, nicht durchweg auf sängerisch höchstem Niveau besetzt, merkt man doch viel Engagement offenbar macht dieser Rosenkavalier nicht nur dem Publikum Spaß, sondern auch den Akteuren. Einen sehr guten Eindruck hinterlassen die Düsseldorfer Symphoniker, die aus der verteufelt schwierigen Partitur ein auch in der vertrackten Vielstimmigkeit sehr differenziertes Klangbild herausholen, bei der Dirigent Axel Kober es beileibe nicht dem Zufall überlässt, welche Stimme gerade wichtig ist. Da macht sich die seit dem Umbau ziemlich gute Akustik des Düsseldorfer Opernhauses doch bezahlt. Kober erweist sich als Dirigent mit dem erforderlichen gestalterischen Atem wie auch den kapellmeisterischen Tugenden, den Sängern zu folgen und diese zu tragen. Das unerträglich schöne Schlussterzett nimmt er mit großer Ruhe und ziemlich gelassen und lässt die drei Sängerinnen einfach singen (was die ziemlich gut machen). Und mag auch der Schokoladen-Sarotti-Mohr der political correctness wegen in der Werbung ausgedient haben, in dieser Inszenierung gibt es den kleinen Mohren Mohammed noch, und alle wissen, das es nur gutes Theater ist und jeder auch nur halbwegs sensible Zuhörer diese 30 Sekunden Komödie braucht, um nach dem großen Weltschmerz zuvor wieder die Fassung zu gewinnen. Und insgeheim denkt wohl auch jeder, der Rosenkavalier dürfe nie anders gespielt werden als so, wie ihn Otto Schenk und Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal hier gezeigt haben.
Selbst wenn man am Detail mäkeln könnte: Eine tolle Repertoireaufführung. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Kinderchor
SolistenDie FeldmarschallinLinda Watson
Baron Ochs auf Lerchenau
Octavian
Herr von Faninal
Sophie
Jungfer Marianne Leitmetzerin
Valzacchi
Annina
Ein Polizeikommissar
Der Haushofmeister
Der Haushofmeister
Ein Notar
Ein Wirt
Ein Sänger
Eine adelige Witwe
Drei adelige Waisen
Eine Modistin
Ein Tierhändler
Hyppolite
Leopold
Lakaien der Marschallin
Mohammed
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