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Musiktheater
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Moskau, Tscherjomuschki

Musikalische Komödie in drei Akten
Libretto von Vladimir Maas und Michail Tscherwinski
Deutsche Fassung: Ulrike Patow
Fassung für Dresden von Christian Baier
Reduzierte Orchesterfassung von Gerard McBurney


In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 40' (keine Pause)

Premiere am 21. Februar 2014, Semperoper Dresden, Bühne "Semper 2"


Homepage

Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Am Ende nur noch Seifenblasen

Von Joachim lange / Fotos von Matthias Creutziger

Das Verblüffende an diesem Abend auf der kleinen Bühne der Semperoper ist, dass einer wie Dmitri Schostakowitsch 1958 eine richtige Operette geschrieben hat. Übrigens das einzige Bühnenwerk, zu dem sich der durch das berüchtigte Verdikt „Chaos statt Musik“, das Stalin 1936 in der Prawda gegen seine Lady Macbeth von Mzensk schleudern ließ, noch schrieb. Eine, die obendrein in seiner damaligen Gegenwart unter ganz normalen Leuten im Neubaublock spielt und die dennoch nach allen Regeln des Genres funktioniert. Sehr melodieeingängig, intrigengespickt, hinreichend satirisch aufgerüstet und so musikalisch perfekt gemacht, dass man beim Rausgehen die Titelmelodie über den Moskauer Stadtteil Tscherjomuschki noch im Ohr hat. Dort hatte man gerade miterlebt, wie der Versuch einer Funktionärsgattin, aus der ihr zugewiesenen Zwei- eine Vierzimmerwohnung zu machen, durch die überlebenden Reste von Solidarität der gar nicht sooo neuen Menschen im nachstalinistischen Moskau Chruschtschows gerade noch verhindert wird.

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Für Christine Mielitz ist es in Dresden eine leichte Übung, die langsam verblassenden Klischees über den „großen Bruder“ wieder wach zu rufen. Alles ein bissel übertrieben und eine Spur zu bunt, die Musiker wie in einem Kulturpalast vor der kleinen Bühne platziert (Ausstattung: Christian Rinke) - und fertig ist die Russendisko. Pardon: die Moskau-Operette aus dem Alltag von Masche und Sascha, Boris (Sebastian Wartin) und Lidotschka (Nadja Mchantaf) und noch ein paar anderen Paaren mit Wohnungsbedarf. Vor allem beim Funktionär Drebednjow (Matthias Henneberg) in seiner Beinahe-Stalin-Maske und bei seinem tätowierten, glatzköpfigen Helfer Barbarischkin (Michael Kranebitter) vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart so, wie in dem (allzu nebenher gesprochenen) Satz, hier verschwänden Wohnungen und Menschen…… Am Ende sind die roten Sterne zerlaufen und die Seifenblasen füllen den Himmel über Moskau und platzen vor sich hin.

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Zu den Stimmen aus dem Jenseits - die Bilder aus dem Universum des Surrealen

Der eigentlichen Paukenschlag kam am Premierentag per Mail: Es war die fristlose Kündigung des designierten Intendanten der Semperoper Serge Dorny. Dass die Ministerin dem bislang in Lyon höchst erfolgreichen und in Dresden bis vor kurzem noch hochwillkommenen (und nötigen) Dorny die Schuld an diesem Hals-über-Kopf-Rausschmiss zuschob, ließ der am gleichen Abend nicht unwidersprochen. Was sich hinter kryptischen Formulierungen von verspielten Vertrauen und gestörtem Betriebsfrieden und den Besonderheiten eines Hauses mit Repertoirebetrieb verbirgt, war auch so nicht allzu schwer zu entschlüsseln. Das normale Stühlerücken vor einer neuen Intendanz konnte es nicht sein. Hinreichend eloquent ist der Flame auch. Die einzige Kraft (außer der zuständigen Ministerin), die einem Intendanten der Semperoper das Leben schwer machen, ja ihn verhindern kann, ist die Sächsische Staatskapelle und ihr Chefdirigent Christian Thielemann. Und in deren traditionellen Entscheidungssouveränität und, tja: Machtposition, (die wohl nur mit der der Wiener Philharmoniker vergleichbar ist) liegt wohl auch der Hund begraben. Ein bisschen fahrlässig ist es von allen Seiten, hier vor Vertragsabschluss keinen Stresstest durchgeführt zu haben. Manche Dinge regeln sich eben nicht so leicht, wie die verschwundene Wohnung in Moskau. Der Tanker Semperoper wird noch eine Weile weitertuckern, doch dass das Haus und dieses Weltspitzenorchester nicht nur einen Chefdirigenten für ihre Lieblingsmusik, sondern so schnell wie möglich einen starken und kreativen Intendanten (aus der ersten Liga!) brauchen, ist immer weniger zu übersehen. Dass man den jetzt angerichteten Scherbenhaufen nicht zum Nulltarif wegfegen kann, ist da noch das geringste Problem.


FAZIT

Christine Mielitz bringt Dmitri Schostakowitschs „Moskau, Tscherjomuschki“ als leichtfüßige Operetten-Ausgrabung heraus. Die freilich wird von der Kündigung des Intendanten überschattet - für das Haus ein Desaster, dessen Folgen noch nicht überschaubar sind.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Mikhail Agrest

Inszenierung
Christine Mielitz

Bühne und Kostüme
Christian Rinke

Choreographie
Katrin Wolfram

Figurenbildnerin
Franziska Schmidt

Licht
Marco Dietzel

Chor
Christiane Büttig

Video
Knut Geng

Dramaturgie
Valeska Stern
Christian Baier



Sinfoniechor Dresden –
Extrachor der Semperoper Dresden

Giuseppe-Sinopoli-Akademie der
Sächsischen Staatskapelle Dresden


Solisten

Sascha Bubenzow
Alexander Hajek

Mascha
Ewa Zeuner

Semjon Baburow
Tom Martinsen

Lidotschka
Nadja Mchantaf

Boris Korezki
Sebastian Wartig

Sergej Gluschkow
Adam Frandsen

Ljusja
Christel Loetzsch

Drebednjow
Matthias Henneberg

Wawa
Christiane Hossfeld

Barabaschkin
Michael Kranebitter

Puppenspieler 1
Falk Pieter Ulke

Puppenspieler 2
Jens Hellwig

Puppenspieler 3
Kora Tscherning



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

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