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Musiktheater
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Simon Boccanegra

Melodramma in einem Prolog und drei Akten
Libretto von Arrigo Boito
Musik von Giuseppe Verdi
Fassung von 1881


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 35' (eine Pause)

Premiere am 30. Mai 2014 an der Semperoper Dresden


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Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Nacht muss es sein

Von Joachim Lange / Fotos von Matthias Creutziger

Dieser Abend gehört an der Semperoper zu den raren seiner Art, an denen sich der Chef der Sächsischen Staatskapelle Christian Thielemann die Ehre gibt. Was in Dresden bedauerlicherweise keine Selbstverständlichkeit ist und wohl auch einer der Gründe war, warum dieses Ausnahmehaus seinen neuen Intendanten wieder los wurde, noch bevor der sein Amt antrat. Aber das ist ein Kapitel für sich.

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Allein: Simon Boccanegra (Zeljko Lucic)

Jetzt war Thielemann da. Und er war großartig. Dieses Orchester und sein Chef können eben nicht nur das große Musikdrama Wagners oder auf ganz unvergleichliche Weise die Opulenz von Richard Strauss aufleuchten lassen. Sie sind auch bei Verdi von ganz ausgesuchter Delikatesse: prachtvoll leuchtend, zurückgenommen samtig in den zarten Momenten, mit präzisen Bläsern und von donnerndem Temperament, wenn gerade wieder ein Aufstand oder das Schicksal oder auch nur die Bösewichter im Stück dräuen. Dazu kommt auf der Bühne (neben dem wunderbaren, sogar noch aufgerüsteten Chor) ein Ensemble von durchweg ausgesuchter Verdi-Qualität.

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Amelia (Maria Agresta) und Gabriele Adorno (Ramón Vargas)

Dabei hat Verdis Dreiakter Simon Boccanegra gar nicht mal die großen Hits, mit denen die Sänger Szenenapplaus kassieren können. Er ist einer von den italienischen Opernbrocken, die gleichwohl nichts auslassen. Vom politischem Ränkespiel über das systematische Missverstehen in den privaten Beziehungen, mit viel Männergerede über Frauenehre, mit dauernd gezückten Dolchen im Gewande und einer Dosis Gift im Becher zur unpassenden Zeit. Am Ende ist nämlich nach wüstem Hin und Her samt mal drohendem, dann wieder abgewendeten Volksaufstand gegen die Patrizier und den Dogen in Genua eigentlich alles klar: Der heißblütige Gabriele Adorno (des Spitzentenors Ramon Vargas) hatte gerade rechtzeitig erfahren, dass seine Amelia (betörend timbriert und großformatig: Maria Agresta) nicht die Geliebte des Dogen, sondern dessen wiedergefundene Tochter ist. Sie muss also nicht ("ehren"-)gemordet werden. Der eigentliche Erzschurke und Giftmörder (Markus Marquardt gibt diesen Paolo mit vokaler Finsternis) ist isoliert, kann aber noch intrigieren. Der Doge selbst ist auf Versöhnungskurs, auch mit dem alten Erzfeind Fiesco (sonor: Kwangchul Youn). Eigentlich ist alles beisammen, um dem Familien- und dem Staatsfrieden eine Chance zu geben. Doch da wirkte das Gift schon, dass sie dem Dogen verabreicht hatten, und so bleibt dem nur noch, seine Nachfolge zu regeln.

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Hübsch aufgereiht: Boccanegra (Zeljko Lucic), Jacopo Fiesco (Kwangchul Youn) und Statisterie

Dieses große Scheitern wird natürlich mit entsprechend großem Pathos zelebriert. Zeljko Lucic krönt mit seinem Simon als einer der Besten seines Fachs eine restlos überzeugende Ensembleleistung. Und das ist auch gut so, denn es ist letzten Endes die musikalische Seite, die den Abend trägt. Auf der Szene wird eher im Trüben gefischt. Was in diesem Nachtstück sicher Absicht war, aber nicht eben zur Erhellung des Plots und des Wie und Warum beiträgt. Dabei macht Christof Hetzers verschachtelt urbanes Genua mit diversen Innen- und Außenräumen für sich genommen zunächst Eindruck, erweist sich alsbald als recht beliebig. Und für noch für jedes andere Nachtstück verwendbar.

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In Unordnung: Boccanegra (Zeljko Lucic) und Chor

Regisseur Gloger seinerseits füllt diese Räume und lässt das Volk wogen, friert es manchmal auch kurz ein. Bedient aber vor allem die Rampenklischees der italienischen Oper. Zumal im Kostümmix von Karin Jux auch Harnisch und Dogenmantel nicht fehlen und das Volk allzu tümelnd aufmarschiert. Mit der einzigen Idee, die über die Bebilderung hinaus weist, nämlich die verworrene Kindheit und Vorgeschichte der Protagonisten, in Gestalt von Zombies-Doubles über die Szene geistern zu lassen, übertreibt er es dann auch noch. Auch das Schlussbild stammt aus der Kiste mit den überstrapazierten Regieeinfällen. Da strömt das Volk drohend von der Seite herein und droht dem neuen Dogen Gabriele Adorno. Dieses "Alles auf Anfang" hatte man freilich schon verstanden. Und dass der eigensinnige Thielemann mit dieser Art von Regie kein Problem hat auch ….. Im Saal hatten die Verdi- und die Thielemann-Fans die Oberhand. Und die kamen voll auf ihre Kosten.


FAZIT

Während die Inszenierung eher im Dunkeln bleibt, bringen Christian Thielemann, die Sächsische Staatskapelle und ein exzellentes Ensemble musikalisches Licht in Verdis Simon Boccanegra.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Thielemann

Inszenierung
Jan Philipp Gloger

Bühne
Christof Hetzer

Kostüme
Karin Jud

Licht
Bernd Purkrabek

Chor
Christiane Büttig

Dramaturgie
Sophie Becker



Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Sächsischen Staatskapelle Dresden


Solisten

Simon Boccanegra
Zeljko Lucic

Jacopo Fiesco
Kwangchul Youn

Paolo Albiani
Markus Marquardt

Pietro
Andreas Bauer

Amelia
Maria Agresta

Gabriele Adorno
Ramón Vargas

Hauptmann
Christopher Kaplan

Magd von Amelia
Christel Loetzsch



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

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