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Hommage an die heilige Kunst
Von Thomas Tillmann
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Fotos von Monika Rittershaus
"Das Publikum möchte vermehrt über das Gefühl und nicht über das analytische Verständnis angesprochen werden", heißt es auf der Litfasssäule, die auf einem Programmheftfoto abgebildet ist. Geht man davon aus, dass dieses Foto nicht zufällig dort hinein gekommen ist, so mag man darin den Ansatz für Brigitte Fassbaenders zweite Beschäftigung mit Richard Strauss' und Hugo von Hofmannsthals Ariadne auf Naxos erkennen. Während die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen sich nicht beruhigen konnten ob der Regiegroßtat der gefeierten Mezzosopranistin, kam ich spätestens nach der Pause zu der Überzeugung, dass hier jemand nicht so recht Hausaufgaben gemacht: Die Primadonna und der Tenor singen in der eigentlichen Oper brav ihre schwierigen Passagen, kämpfen auch das eine oder andere Mal um die "Arienposition" und treten aus der Rolle, um die Anwesenheit der (sehr hausbacken agierenden) Komödianten zu missbilligen oder ihren Missmut über die zu große Partie des jeweils anderen zum Ausdruck zu bringen, beobachtet vom seligen Komponisten, der an ihren Lippen hängt und dem während der Schlusstakte das gesamte Ensemble und die Gäste des reichsten Mannes von Wien zuprosten - eine finale Verbeugung vor der heiligen Kunst. Aber diese handwerklich ansonsten gut gemachte, mit viel feinem Humor und Liebe zum Detail erzählte Backstagestory fand ich von einer Künstlerin, die sich in Interviews zum Regietheater bekennt, doch etwas zu konventionell, zu wenig inspirierend für ein Großstadtpublikum, das Werk ist doch im zweiten Teil mehr als eine Komödie, die dem Publikum das Leben hinter den Kulissen näherbringen soll. Sicher war das keine peinliche Eins-zu-Eins-Inszenierung mit Schiff und all dem Plunder - das möchte ja auch niemand mehr sehen -, aber Alternativideen zu dieser konzertanten Aufführung im Kostüm und schicken Dekor von Johannes Leiacker (der Neureichenpalais des Vorspiels wird später perspektivisch verzerrt mit übergroßen Requisiten gezeigt) und im subtil-stimmungsvollen Licht von Joachim Klein hätte man schon erwartet. Zerbinetta (Brenda Rae) becirct den Komponisten (Claudia Mahnke)
Camilla Nylund hätte ich eine so kraftvolle, auch in Mittellage und Tiefe bei natürlich grundsätzlich schlankem Material durchaus substanzreiche Ariadne nicht zugetraut, und auch das mitunter störende Höhenvibrato hatte die Schwedin viel besser im Griff als früher, und den Mangel an Farben und Zwischentönen, die einige Premierenberichterstatter beklagt hatten, kann ich auch nicht bestätigen. Michael König ist vielleicht kein erster Darsteller, aber ein Sänger, der die heikle Tenorpartie nicht nur mit Anstand und ohne größere Kraftanstrengung, sondern auch mit angenehm dunkler Farbe bewältigte, wobei ich allerdings hier viel eher einen gleichbleibenden Ton und interpretatorische Gleichförmigkeit wahrgenommen habe. Brenda Rae hat in der Partie der Zerbinetta natürlich eine perfekte Partie gefunden, da stimmt alles, und am neckisch-turbulenten Bühnengeschehen hatte sie offenbar auch Spaß. Das Publikum liebte ihr Koloraturenfeuerwerk und ihre makellosen Stratosphärentöne so sehr, dass es bereits 30 Sekunden vor Ende ihrer großen Szene in Jubel ausbrach. Bacchus (Michael König) und Ariadne (Camilla Nylund) kommen sich näher
Claudia Mahnke sang mit frischem, nach wie vor lyrischen, nicht zu großen, höhenstarken Mezzo und leidenschaftlicher Attacke einen guten, auch darstellerisch sehr glaubwürdigen Komponisten. Unter den drei weiteren Damen ließ vor allem Katharina Magiera als Dryade mit vollem, satten Mezzo aufhorchen, das Herrenquartett machte durchgängig einen guten Job, wobei man Harlekins Lied schon müheloser gesungen gehört hat als von Daniel Schmutzhard an diesem Abend, der übrigens für eine CD-Veröffentlichtung mitgeschnitten wurde (was ich angesichts der Flut von hochkarätigen Referenzaufnahmen nicht so nötig finde, ehrlich gesagt). Franz Grundheber bewies als Musiklehrer noch einmal, warum er in den letzten Jahrzehnten zur ersten Garde der Sängerdarsteller gehört hat und dass er noch immer auch feinste Pianotöne beisteuern kann, William Relton brachte als dezenter Haushofmeister eine britische Note ins Spiel, hat aber auch bedeutendere Vorgänger (immerhin lachte das Publikum dank der Übertitelung über einige seiner blasierten Bemerkungen, das ist auch nicht in jeder Vorstellung dieses wunderbaren Werkes so). Finale in atmosphärischem Licht: Ariadne (Camilla Nylund) und Bacchus (Michael König) finden unter aller Augen zueinander
Süffig, leidenschaftlich, aber nicht unkontrolliert tönte es aus dem Graben, in dem das Opern- und Museumsorchester unter Leitung von Sebastian Weigle auf hohem Niveau mitreißend musizierte.
Eine ordentliche, gut in veränderten Besetzungen wiederaufzunehmende, kreuzbrave Ariadne hat die Oper Frankfurt da jetzt im Repertoire, nicht mehr und nicht weniger. Bei der Opera Company of the Year aber darf man vielleicht doch noch ein bisschen mehr erwarten. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Regie
Bühnenbild und Kostüme
Licht
Dramaturgie
Solisten
Primadonna/Ariadne
Zerbinetta
Der Tenor/Bacchus
Der Komponist
Najade
Dryade
Echo
Harlekin
Scaramuccio
Truffaldin
Brighella
Ein Tanzmeister
Ein Musiklehrer
Ein Lakai
Ein Perückenmacher
Ein Offizier
Der Haushofmeister
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