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Willkommen im ZirkusVon Thomas Molke / Fotos von ©Thomas Dashuber
Obwohl Emmerich Kálmáns Die Zirkusprinzessin bei ihrer Uraufführung 1926 im Theater an der Wien ein grandioser Erfolg beschieden war, dem unzählige Aufführungen folgten, gehört diese Operette heutzutage zu den weniger gespielten Werken Kálmáns und steht im Schatten ihrer Vorgängerin Gräfin Mariza, was vielleicht an den zahlreichen musikalischen Parallelen zwischen diesen beiden Werken liegen mag. Des Weiteren hat Kálmán in der Zirkusprinzessin nicht nur Muster aus seinen eigenen Stücken übernommen, sondern auch andere berühmte Komponisten kopiert. So liest sich der Handlungsstrang nahezu parallel zu Carl Millöckers Bettelstudent, und beim Husarenmarsch "Mädel gib Acht! Schließ dein Fenster heut' Nacht!" im zweiten Akt, in dem Mr. X gemeinsam mit dem Prinzen Wladimir und den russischen Generälen die Mädchen vor den Husaren warnt, lässt sich nicht leugnen, dass der berühmte Marsch "Ja, das Studium der Weiber ist schwer" aus Lehárs Die lustige Witwe Pate gestanden hat. Die Auftrittsarie des Mr. X "Wieder hinaus ins strahlende Licht" hat sowohl in der musikalischen Struktur als auch inhaltlich eine gewisse Nähe zu Leoncavallos berühmter Bajazzo-Arie "Vesti la giubba". Auch wenn man aus diesen Gründen dem Werk vielleicht fehlende Originalität vorwerfen könnte, beweist das Staatstheater am Gärtnerplatz dennoch die absolute Repertoiretauglichkeit dieses Stückes und hat, da das Stammhaus zur Zeit noch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, mit dem Circus Krone einen kongenialen Aufführungsort für diese Produktion gefunden. Das Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz als Clowns in der Manege Die Geschichte folgt dem üblichen Operettenschema. Die junge verwitwete Fürstin Fedora Palinska soll auf Wunsch des Zaren erneut in Russland heiraten, damit sie nicht nach Frankreich zurückkehrt und damit ihr Erbe für Russland verloren ist. Die zahlreichen Bewerber lehnt die Fürstin allerdings ab. Der stolze Prinz Sergius Wladimir ist über die Zurückweisung der Fürstin so empört, dass er den geheimnisvollen Mr. X, einen begnadeten Reiter im Zirkus Stanislawski, dessen Gesicht niemand kennt, da er immer mit einer Maske auftritt, überredet, sich als falscher russischer Prinz auszugeben und der Fürstin den Hof zu machen. Aus Liebe zu der Fürstin lässt sich Mr. X auf diesen Deal ein und erobert das Herz der Fürstin. Kurz nach der Hochzeit offenbart Prinz Wladimir die wahre Identität des falschen Prinzen und verspottet die Fürstin vor der ganzen Hochzeitsgesellschaft als "Zirkusprinzessin". Doch natürlich stellt sich hinterher heraus, dass Mr. X blauen Blutes ist und sein Erbe nur verloren hat, weil er schon damals in die Fürstin, die junge Frau seines Onkels, verliebt war. Einer glücklichen Zukunft der beiden steht also nichts mehr im Wege, zumal Mr. X auch noch zum neuen Zirkusdirektor ernannt wird. Auch das Buffo-Paar, Toni Schlumberger, der Sohn einer Wiener Hotelbesitzerin, der vom Prinzen Wladimir fälschlicherweise für den Sohn des Erzherzogs gehalten wird, und die Hundedresseurin Miss Mabel Gibson, die eigentlich auch ein Wiener Mädchen mit dem Namen Liese ist, findet nach einigen Verwicklungen den Segen von Tonis strenger Mutter Clara. Fürstin Fedora Palinska (Alexandra Reinprecht) weiß noch nicht, dass sich hinter dem Prinzen (Daniel Prohaska) der geheimnisvolle Zirkusreiter Mr. X verbirgt. Die Manege des Circus Krone erweist sich als optimale Spielfläche. Schon vor Beginn der Aufführung tobt das Ballett des Staatstheaters in bunten Clownkostümen durch die Manege, posiert gemeinsam mit den Zuschauern für Fotos und unterhält mit missglückten Jonglier-Tricks. Auch während der Aufführung übernehmen sie häufig eine kommentierende Funktion und begeistern durch clowneske Tanzeinlagen. Während der Ouvertüre öffnen sie eine große Zirkuskiste, aus der ein roter herzförmiger Luftballon emporsteigt, der im Folgenden gewissermaßen über Josef E. Köpplingers Inszenierung schwebt. Da schneit es im zweiten Akt in die Manege herab und die Solisten werden mit großen Schlitten in die Manege gezogen, und im dritten Akt lässt Bühnenbildner Rainer Sinell mit einem Prater, dem Stephansdom und der Hofburg als Miniaturen um die Manege herum ein Flair von Wien entstehen. Pittoresk sind auch die frei stehende Drehtür, die den Eingang in die Hotelhalle markiert, und die bewegliche detailgetreue Rezeption, die am Manegenrand angebracht wird. Wieso allerdings die Tische und Stühle im Hotel teilweise unterschiedlich lange Füße haben und damit schief stehen, bleibt genauso unklar, wie der Berg an Stühlen, der im dritten Akt als "Kletterparadies" für das Ballett im Hintergrund fungiert. Toni Schlumberger (Otto Jaus) hat sich in die reizende Hundedresseurin Miss Mabel Gibson (Nadine Zeintl) verliebt. Doch solch kleine Details können den allgemeinen Genuss der Aufführung nicht trüben. Mit einer ausgefeilten Personenregie und ständiger Aktion auf der Bühne kommt kein Moment der Langeweile auf. Alexandra Reinprecht begeistert als Fürstin Fedora Palinska mit einem kräftigen Sopran und gibt sich ihren ganzen Bewerbern gegenüber, die sie umschwirren wie die Motten das Licht, absolut unnahbar. Auch in ihrem Spiel mit Mr. X zeigt sie sich zunächst absolut divenhaft und vollzieht einen glaubhaften Wandel, wenn sie in dem gefühlvollen Duett "Mein Darling muss so sein wie du" dem falschen Prinz ihre Liebe gesteht. Daniel Prohaska punktet als Mr. X mit strahlendem Tenor, der in seiner Auftrittsarie "Wieder hinaus ins strahlende Licht" vor lyrischem Schmelz strotzt. Im Spiel mit Reinprecht findet er zu einer rührenden Innigkeit und zeigt sich beim Husarenmarsch vor der Pause auch von der komödiantischen Seite. Erwin Windegger überzeugt als intriganter Prinz Sergius Wladimir darstellerisch, und präsentiert die Partie musikalisch solide. Mit Frank Berg steht ihm als Adjudant Peter Brusowsky ein Vollblutkomödiant zur Seite, der mit dezentem Spiel und beiläufigen Tricks mit dem weißen Schoßhündchen gefällt. Doppelhochzeit in St. Petersburg: auf dem Tisch von links: Prinz Sergius Wladimir (Erwin Windegger), Fürstin Fedora Palinska (Alexandra Reinprecht), Mr. X (Daniel Prohaska), Toni Schlumberger (Otto Jaus) und Mabel Gibson (Nadine Zeintl) (im Hintergrund: Chor und Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz) Besonders hervorzuheben sind auch das Buffo-Paar. Nadine Zeintl und Otto Jaus begeistern nicht nur stimmlich als Miss Mabel Gibson und Toni Schlumberger, sondern sind auch darstellerisch mit herrlichem Wiener Dialekt ein weiterer Höhepunkt des Abends. Mit tollen Tanzeinlagen präsentieren sie ihre beiden großen Hits "Liese, Liese, komm mit mir auf die Wiese" und "Wenn du mich sitzen lässt, fahr ich sofort nach Budapest", die textlich schon wieder so übertrieben albern sind, dass sie beim Publikum eine große Begeisterung hervorrufen. Beim ersten Duett wird der Kitsch noch auf die Spitze getrieben, wenn eine Schaukel von oben herabgefahren wird, in der die beiden Verliebten Platz nehmen, und die Clowns dann Blumen in die Manege werfen, die die besagte Wiese unter ihren Füßen entstehen lassen. Zeintl begeistert nebenbei auch noch mit einigen atemberaubenden Turnübungen. Auch Tonis Mutter Carla Schlumberger und der Oberkellner Pelikan sind mit Sigrid Hauser und Robert Meyer optimal besetzt. Mit welchem darstellerischen Geschick sich Hauser einerseits als Hotelbesitzerin unnahbar zeigt, dann aber doch ihre tiefen Gefühle für ihren alten Oberkellner durchblicken lässt, der obendrein auch noch, was aber sonst keiner weiß und erfahren wird, Tonis Vater ist, zeugt von großer Schauspielkunst. Auch Meyer macht der Paraderolle des Pelikan alle Ehre. Stress im Wiener Hotel "Erzherzog Karl": Pelikan (Robert Meyer, in der Mitte) mit Maxl (Alexander Wertmann, rechts) und Frantischek (Fritz Graas, links) Die "grauen Eminenzen" des Abends bilden Franz Wyzner und Gisela Ehrensperger als Zirkusdirektor Stanislawski und seine Ehefrau Wanja, die den Zirkus schon lange Zeit führen und ihn nun an die folgende Generation weitergeben wollen. Wyzner und Ehrensperger haben dabei in München natürlich einen Heimvorteil, da sie lange Zeit das Staatstheater am Gärtnerplatz mitgeprägt haben. Natürlich dürfen bei einer Aufführung im Zirkus auch die Zirkus-Einlagen nicht fehlen. So sind beim Umbau vom zweiten zum dritten Akt die beiden Artistinnen Stina Kopra und Lotta Paavilainen mit einer atemberaubenden Nummer an einem Brett auf einem Rohr zu erleben. Wie die beiden auf dem wankenden Brett ihr Gleichgewicht halten können und dabei noch halsbrecherische Akrobatik vorführen, löst beim Publikum frenetischen Jubel aus. Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz, das auf der linken Seite hinter der Manege untergebracht ist, begeistert unter der Leitung von Karsten Januschke genauso wie der von Felix Schuler-Meybier einstudierte Chor und die Zirkuskapelle, so dass es am Ende lang anhaltenden und frenetischen Applaus für alle Beteiligten gibt. FAZIT Köpplinger beweist mit einem absolut spielfreudigen Ensemble, dass Kálmáns Operette auch heute noch ins Standardrepertoire gehören sollte, wobei der Aufführungsort für dieses Stück regelrecht prädestiniert ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Zauber dieser Inszenierung in einem "richtigen" Theater bei der Übernahme durch die Deutsche Oper am Rhein in Duisburg und Düsseldorf in der nächsten Spielzeit entfalten wird. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
ProduktionsteamMusikalische Leitung Regie Choreographie
Bühne
Kostüme Licht Chor
Dramaturgie
Orchester des Zirkuskapelle Solisten*rezensierte Aufführung
Fürstin Fedora Palinska Prinz
Sergius Wladimir
Rittmeister Graf Saskusin
Leutnant von Petrowitsch
Baron Peter Brusowsky, Adjudant
Zirkusdirektor Stanislawski
Wanja, dessen Frau
Mister X
Miss Mabel Gibson Carla Schlumberger, Hotelbesitzerin Toni Schlumberger, ihr Sohn Pelikan, Oberkellner Maxl, Piccolo Frantischek, Portier Fedja, Billeteur / Kellner Mascha Offiziere Artistinnen Jongleur
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