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Paketbote statt Weihnachtsmann
Da den Wuppertaler Bühnen nach der Schließung des Kleinen
Schauspielhauses zum Ende der vergangenen Spielzeit für kleinere Produktionen im
Bereich des Musiktheaters kein Ort mehr zur Verfügung steht, hat man in
Wuppertal aus der Not eine Tugend gemacht und einzelne Stücke unter dem Motto
"Oper in der Stadt" an unterschiedlichen Standorten in Wuppertal angesetzt.
Während man sich bei einer neuen Version der Odyssee auf Schulen und bei
Ottorino Respighis Mysterium Die ägyptische Maria auf Kirchen
spezialisiert hat, findet nun die dritte Produktion dieser Reihe in
unterschiedlichen Betriebsstätten von Wuppertaler Unternehmen statt, um auch
hier die Verbundenheit der Bühnen zu ihrer Stadt zu manifestieren. Nach dem
großen Erfolg mit der Zarzuela Der Barbier von Barmen in der letzten
Spielzeit (siehe auch
unsere Rezension)
hat sich das gleiche Regie-Team um Björn Reinke dieses Mal eine zweiaktige Opéra
comique von Adolphe Adam vorgenommen, der heutzutage vor allem noch als
Komponist großer Handlungsballette wie Giselle und le Corsaire auf
den Spielplänen zu finden ist. Seine 1849 in Paris uraufgeführte Oper Le
Toréador ou L'Accord parfait ist hingegen wie die meisten seiner Werke eher
in Vergessenheit geraten, auch wenn man sicherlich in der Melodie zu "Ah! Vous
dirais-je, maman" das Weihnachtslied "Morgen kommt der Weihnachtsmann"
wiedererkennt. Coraline (Elena Fink) und Don
Belflor (Dariusz Machej) haben ständig Streit. Die Oper handelt von der jungen Sopranistin Coraline, die
gegen ihren Willen von ihrem Onkel gezwungen worden ist, den pensionierten
Torero Don Belflor zu heiraten, obwohl sie eigentlich den adretten Flötisten
Tracolin liebt. Um allerdings vom Onkel nicht enterbt zu werden, hat sie sich
auf diese Ehe eingelassen und führt nun ein tristes und unglückliches Leben in
Barcelona, während ihr Mann sich heimlich mit anderen Frauen vergnügt. Doch auch
Tracolin kommt nach Barcelona, weil er von seinem früheren Orchester gefeuert
worden ist. Gemeinsam heckt er mit Coraline einen Plan aus, der ihr ohne
Scheidung dennoch einen Ausweg aus der Ehehölle zeigt. Nachdem er sich das
Vertrauen des eitlen Toreros erschlichen hat, verspricht er diesem eine heiße
Affäre mit einer jungen Tänzerin namens Caritea. Als Belflor von diesem
Rendezvous nach Hause zurückkehrt, stellt ihn Coraline zur Rede. Da sie durch
Tracolins Hilfe äußerst pikante Details über dieses Treffen weiß, bleibt Belflor
nichts anderes übrig, als Coraline um Vergebung zu bitten, da er den durch seine
Frau gewonnenen Wohlstand nicht wieder missen will. Coraline stellt als
Bedingung, dass Tracolin im Haus bleibt, und so kann sie die Beziehung zu ihrem
ehemaligen Geliebten wieder aufnehmen, ohne dabei ihr Vermögen zu riskieren. Gemeinsames Musizieren im
Garten: von links: Don Belflor (Dariusz Machej), Tracolin (Nathan Northrup) und
Coraline (Elena Fink) Monika Frenz hat für diese kurzweilige Ménage à trois ein
sehr zweckmäßiges Bühnenbild entworfen, welches sich leicht den
unterschiedlichen Spielorten der Produktion anpassen lässt. So agieren die drei
Protagonisten größtenteils auf einem hohen grünen Podest, das nahezu wie eine
Gartenterrasse wirkt. In dem Podest befinden sich Luken, die sich als Fenster
öffnen lassen und eine große Tür, die von außen verriegelt werden kann. Leider
lassen sich zumindest in der Mensa der Universität Wuppertal diese Öffnungen von
kaum einem Platz im Zuschauersaal einsehen, da die Sänger sich dabei entweder
hinter den Musikern befinden oder, wenn man nicht in der ersten Reihe sitzt, die
vorderen Reihen den Blick auf diese tiefer gelegten Öffnungen versperren. Ein
weiteres kleines Manko ist zumindest zu Beginn der Veranstaltung die
Fensterfront der Mensa, die zwar einen wunderbaren Panoramablick über Wuppertal
bietet, aufgrund der anfänglichen Sonneneinstrahlung allerdings etwas blendet.
Hier hätte man vielleicht doch die Fenster abdunkeln sollen. Die fantasievollen
Kostüme, die im Stil an die Comedia dell' arte erinnern, entschädigen allerdings
im Gegenzug ebenso wie Reinkes detaillierte Personenregie. Zufriedene Dreierbeziehung:
von links: Don Belflor (Dariusz Machej), Coraline (Elena Fink) und Tracolin
(Nathan Northrup) Bereits zur Ouvertüre lässt er Elena Fink und Dariusz Machej
als zänkisches Ehepaar Coraline und Don Belflor auftreten, deren gestischer
Streit genau auf die Musik abgestimmt ist. Da scheint Coraline nur noch Trost im
Kaufrausch und den ständigen Paketen zu finden, die ihr permanent durch einen
Paketboten zugestellt werden, so dass man bei der bekannten Melodie "Morgen
kommt der Weihnachtsmann" weniger an den Weihnachtsmann als vielmehr an den
Paketboten denkt, der Coraline mit "neuen Gaben" erfreut. Neben dieser durchaus
zum Stück gehörenden Melodie baut Reinke in seine Inszenierung auch Anspielungen
auf andere Opern ein, sei es nun die berühmte Briefszene aus Eugen Onegin,
wenn Coraline einen Brief an den Geliebten schreibt und dabei wie Tatjana
kommentiert "Und sei's mein Untergang", oder das Flötenspiel Papagenos mit dem
Tracolin den Weg zur Geliebten zurück findet. Natürlich darf beim Titel des
Stückes auch ein Querverweis auf den wohl berühmtesten Torero der
Operngeschichte Escamillo aus Carmen nicht fehlen. Mit diesen ganzen
Einfällen gelingt Reinke eine kurzweilige Umsetzung der Geschichte, ohne dem
Stück eine vermeintliche psychologische Tiefe überzustülpen, die es inhaltlich
nicht besitzt. Musikalisch begeistern vor allem Elena Fink und Dariusz
Machej. Fink glänzt als Coraline mit sauberen Koloraturen und einem kecken
Spiel. Auch die gelungene Übersetzung der Sprechpassagen, die in Versform mit
Reim gehalten sind, klingen absolut natürlich und tragen zur Komik des Stückes
bei. Machej begeistert als ältlicher Belflor mit komödiantischem Spiel und
profundem Bariton. Nathan Northrup macht als jugendlicher Geliebter Tracolin
darstellerisch eine gute Figur, ist der Partie stimmlich allerdings zumindest in
den Höhen nicht immer gewachsen, so dass der tenorale Glanz hier etwas auf der
Strecke bleibt. Auch hierüber lässt sich aber durch das unter der Leitung von
Tobias Deutschmann frisch aufspielende Sinfonieorchester Wuppertal leicht
hinwegsehen, so dass alle Beteiligten vom Publikum mit großem Applaus bedacht
werden.
FAZIT
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung Bühne und Kostüme Dramaturgie
Sinfonieorchester Wuppertal SolistenCoraline Tracolin
Don Belflor
Ein Bote
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- Fine -