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Musiktheater
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Der Torero oder Liebe im Akkord

Opéra comique in zwei Akten
Libretto von Thomas Marie François Sauvage, Deutsch von Josef Heinzelmann
Musik von Adolphe Adam

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 25' (keine Pause)

Premiere in der Alten Schmiede Knipex in Wuppertal am 19. Januar 2014
(rezensierte zweite Aufführung in der Mensa der Universität Wuppertal: 02.04.2014)


Logo: Wuppertaler Bühnen

Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Paketbote statt Weihnachtsmann


Von Thomas Molke / Fotos von Uwe Stratmann

Da den Wuppertaler Bühnen nach der Schließung des Kleinen Schauspielhauses zum Ende der vergangenen Spielzeit für kleinere Produktionen im Bereich des Musiktheaters kein Ort mehr zur Verfügung steht, hat man in Wuppertal aus der Not eine Tugend gemacht und einzelne Stücke unter dem Motto "Oper in der Stadt" an unterschiedlichen Standorten in Wuppertal angesetzt. Während man sich bei einer neuen Version der Odyssee auf Schulen und bei Ottorino Respighis Mysterium Die ägyptische Maria auf Kirchen spezialisiert hat, findet nun die dritte Produktion dieser Reihe in unterschiedlichen Betriebsstätten von Wuppertaler Unternehmen statt, um auch hier die Verbundenheit der Bühnen zu ihrer Stadt zu manifestieren. Nach dem großen Erfolg mit der Zarzuela Der Barbier von Barmen in der letzten Spielzeit (siehe auch unsere Rezension) hat sich das gleiche Regie-Team um Björn Reinke dieses Mal eine zweiaktige Opéra comique von Adolphe Adam vorgenommen, der heutzutage vor allem noch als Komponist großer Handlungsballette wie Giselle und le Corsaire auf den Spielplänen zu finden ist. Seine 1849 in Paris uraufgeführte Oper Le Toréador ou L'Accord parfait ist hingegen wie die meisten seiner Werke eher in Vergessenheit geraten, auch wenn man sicherlich in der Melodie zu "Ah! Vous dirais-je, maman" das Weihnachtslied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" wiedererkennt.

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Coraline (Elena Fink) und Don Belflor (Dariusz Machej) haben ständig Streit.

Die Oper handelt von der jungen Sopranistin Coraline, die gegen ihren Willen von ihrem Onkel gezwungen worden ist, den pensionierten Torero Don Belflor zu heiraten, obwohl sie eigentlich den adretten Flötisten Tracolin liebt. Um allerdings vom Onkel nicht enterbt zu werden, hat sie sich auf diese Ehe eingelassen und führt nun ein tristes und unglückliches Leben in Barcelona, während ihr Mann sich heimlich mit anderen Frauen vergnügt. Doch auch Tracolin kommt nach Barcelona, weil er von seinem früheren Orchester gefeuert worden ist. Gemeinsam heckt er mit Coraline einen Plan aus, der ihr ohne Scheidung dennoch einen Ausweg aus der Ehehölle zeigt. Nachdem er sich das Vertrauen des eitlen Toreros erschlichen hat, verspricht er diesem eine heiße Affäre mit einer jungen Tänzerin namens Caritea. Als Belflor von diesem Rendezvous nach Hause zurückkehrt, stellt ihn Coraline zur Rede. Da sie durch Tracolins Hilfe äußerst pikante Details über dieses Treffen weiß, bleibt Belflor nichts anderes übrig, als Coraline um Vergebung zu bitten, da er den durch seine Frau gewonnenen Wohlstand nicht wieder missen will. Coraline stellt als Bedingung, dass Tracolin im Haus bleibt, und so kann sie die Beziehung zu ihrem ehemaligen Geliebten wieder aufnehmen, ohne dabei ihr Vermögen zu riskieren.

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Gemeinsames Musizieren im Garten: von links: Don Belflor (Dariusz Machej), Tracolin (Nathan Northrup) und Coraline (Elena Fink)

Monika Frenz hat für diese kurzweilige Ménage à trois ein sehr zweckmäßiges Bühnenbild entworfen, welches sich leicht den unterschiedlichen Spielorten der Produktion anpassen lässt. So agieren die drei Protagonisten größtenteils auf einem hohen grünen Podest, das nahezu wie eine Gartenterrasse wirkt. In dem Podest befinden sich Luken, die sich als Fenster öffnen lassen und eine große Tür, die von außen verriegelt werden kann. Leider lassen sich zumindest in der Mensa der Universität Wuppertal diese Öffnungen von kaum einem Platz im Zuschauersaal einsehen, da die Sänger sich dabei entweder hinter den Musikern befinden oder, wenn man nicht in der ersten Reihe sitzt, die vorderen Reihen den Blick auf diese tiefer gelegten Öffnungen versperren. Ein weiteres kleines Manko ist zumindest zu Beginn der Veranstaltung die Fensterfront der Mensa, die zwar einen wunderbaren Panoramablick über Wuppertal bietet, aufgrund der anfänglichen Sonneneinstrahlung allerdings etwas blendet. Hier hätte man vielleicht doch die Fenster abdunkeln sollen. Die fantasievollen Kostüme, die im Stil an die Comedia dell' arte erinnern, entschädigen allerdings im Gegenzug ebenso wie Reinkes detaillierte Personenregie.

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Zufriedene Dreierbeziehung: von links: Don Belflor (Dariusz Machej), Coraline (Elena Fink) und Tracolin (Nathan Northrup)

Bereits zur Ouvertüre lässt er Elena Fink und Dariusz Machej als zänkisches Ehepaar Coraline und Don Belflor auftreten, deren gestischer Streit genau auf die Musik abgestimmt ist. Da scheint Coraline nur noch Trost im Kaufrausch und den ständigen Paketen zu finden, die ihr permanent durch einen Paketboten zugestellt werden, so dass man bei der bekannten Melodie "Morgen kommt der Weihnachtsmann" weniger an den Weihnachtsmann als vielmehr an den Paketboten denkt, der Coraline mit "neuen Gaben" erfreut. Neben dieser durchaus zum Stück gehörenden Melodie baut Reinke in seine Inszenierung auch Anspielungen auf andere Opern ein, sei es nun die berühmte Briefszene aus Eugen Onegin, wenn Coraline einen Brief an den Geliebten schreibt und dabei wie Tatjana kommentiert "Und sei's mein Untergang", oder das Flötenspiel Papagenos mit dem Tracolin den Weg zur Geliebten zurück findet. Natürlich darf beim Titel des Stückes auch ein Querverweis auf den wohl berühmtesten Torero der Operngeschichte Escamillo aus Carmen nicht fehlen. Mit diesen ganzen Einfällen gelingt Reinke eine kurzweilige Umsetzung der Geschichte, ohne dem Stück eine vermeintliche psychologische Tiefe überzustülpen, die es inhaltlich nicht besitzt.

Musikalisch begeistern vor allem Elena Fink und Dariusz Machej. Fink glänzt als Coraline mit sauberen Koloraturen und einem kecken Spiel. Auch die gelungene Übersetzung der Sprechpassagen, die in Versform mit Reim gehalten sind, klingen absolut natürlich und tragen zur Komik des Stückes bei. Machej begeistert als ältlicher Belflor mit komödiantischem Spiel und profundem Bariton. Nathan Northrup macht als jugendlicher Geliebter Tracolin darstellerisch eine gute Figur, ist der Partie stimmlich allerdings zumindest in den Höhen nicht immer gewachsen, so dass der tenorale Glanz hier etwas auf der Strecke bleibt. Auch hierüber lässt sich aber durch das unter der Leitung von Tobias Deutschmann frisch aufspielende Sinfonieorchester Wuppertal leicht hinwegsehen, so dass alle Beteiligten vom Publikum mit großem Applaus bedacht werden.

FAZIT

Die Wuppertaler Bühnen haben wieder einmal bewiesen, dass Musiktheater auch im kleineren Rahmen absolut fesselnd sein kann. Es bleibt zu hoffen, dass unter der neuen Intendanz auf solche Formate in Wuppertal nicht verzichtet wird.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Tobias Deutschmann

Inszenierung
Björn Reinke

Bühne und Kostüme
Monika Frenz

Dramaturgie
Ulrike Olbrich

 

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

Coraline
Elena Fink

Tracolin
Nathan Northrup

Don Belflor
Dariusz Machej

Ein Bote
Faton Mistele

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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