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Daphne

Bukolische Tragödie in einem Aufzug
Libretto von Joseph Gregor
Musik von Richard Strauss


In deutscher Sprache mit flämischen und französischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 45' (keine Pause)

Premiere im Théâtre de La Monnaie in Brüssel am 9. September 2014


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La Monnaie
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Wenn der Baum brennt

Von Joachim Lange / Fotos Bernd Uhlig / La Monnaie

Die Oper La Monnaie in Brüssel ist programmatisch so eng mit dem deutschsprachigen Operneuropa vernetzt, dass sie um das Richard-Strauss-Jubiläum keinen Bogen machen kann. Es gehört zu den Ambitionen von Opernchef Peter de Caluwe, dafür ein eher nicht so gängiges Werk wie Daphne auszuwählen. Inszeniert hat mit Guy Joosten ein flämischer Regiestar. Was er und vor allem sein Bühnenbildner Alfons Flores aus der bukolischen Tragödie gemacht haben, kann sich sehen lassen.


Foto kommt später Vorsicht – dieser Liebhaber ist ein Gott ...

Der Baum, in den sich Daphne am Ende verwandelt, füllt von Anfang an die Bühne. Als Riesengewächs in Schieflage, als dominierende Sehnsuchts-Metapher und als Projektionsfläche für die raffinierten Videos von Franc Aleu. Die vom Laub bis zum Feuer und dem Bild der mit ausgebreiteten Armen wie gekreuzigt aufscheinenden Daphne reichen. Vor allem die langsam lodernd hinaufkriechenden Flammen am Ende haben es in sich. Rauben der behaupteten göttlichen Verklärung, der Verwandlung Daphnes in einen Lorbeerbaum, im Grunde jeden Hoffnungsschimmer. Gerade bei diesem aus der Welt flüchtenden Finale kommt unwillkürlich die Entstehungszeit dieser Strauss-Oper ins Spiel, die man übrigens bei ihrer Uraufführung am 15. Oktober 1938 in Dresden mit dem Straussschen Friedenstag gekoppelt hatte. So recht ins Tausendjährige Reich passten weder das eine noch das andere Werk. Es ist schon ein Phänomen wie subtil sich der zweiteilige Präsident der Reichsmusikkammer den Anforderungen des Regimes entzogen hat, indem er ein Werk schrieb, in dem ein Mädchen einem Gott begegnet und als Baum endet.

Man kann das natürlich alles viel deutlicher auf den Punkt bringen - gar, wie einst Christine Mielitz in Salzburg von Hitlers Berghof in die Landschaft blicken und am Ende die Waggons in die Vernichtungslager rollen lassen. Aber auch mit dieser Flammen-Metapher kann man Position beziehen. Zumal zu dieser archaisch abstürzenden Baumkrone eine sich teilende Freitreppe führt und in dem Raum um den Baum herum, die Finanzmarktgeschäftigkeit einer Bank oder Börse illuminiert wird. Hier gibt es natürlich keine Hirten. Das Personal besteht aus zackig gestikulierenden Händlern. Peneios ist ein protziger Boss und Hausherr mit Zigarre und Mutter Gaea eine elegante und beschwipste Gastgeberin, während sich die eher unscheinbare Daphne auch äußerlich als Baumliebhaberin zu erkennen ist.

Foto kommt später

Zwei Welten treffen aufeinander.

Dass der Gott Apollon mit Bogen aufkreuzt und seinen Konkurrenten um die Gunst Daphnes Leukippos schlicht und ganz und gar ungöttlich mit dem Pfeil ersticht, betont den Blick ins Archaische. Die entfesselte dionysische Orgie sieht dafür mehr nach einer aus dem Ruder laufenden Bunga-Bunga Betriebsfeier aus als nach besoffenen Schafhirten. Von dieser Spannung verschiedener Welten profitiert die Deutung auch sonst. Dass der Text dieser späten Strauss-Oper freilich nicht von einem Hugo von Hofmannsthal oder Stefan Zweig sondern von deren Velegenheitsnachfolger an der Seite des Komponisten, Joseph Gregor, stammt, macht die szenische Umsetzung nicht gerade leichter. So zieht sich Joosten vor allem auf die Opulenz des Bühnenbildes zurück und investiert nicht allzu viel Kraft in eine ausgefeilte Personenregie.

Foto kommt später

Daphne liebt die Bäume.

Vor allem Eric Cutler gelingen als Apollon etliche vokale tenorale Glanzlichter. So wie Birgit Remmert ihre Gaea in beeindruckende Tiefen hinab orgelt. Sally Matthews absolviert ihre Daphne solide und mit Kondition, Iain Paterson ist ein wackerer Penaios und Peter Lodahl geht als Leukippos bis an seine Grenzen. Sie müssen sich zudem alle mit Vehemenz gegen den Graben behaupten. Denn dieser späte Einakter von Strauss hat es in sich. Er kommt daher wie ein nicht enden wollendes Dauerfinale, stellt fast immer den ganz großen Ton aus. Wenn schon ein Gott mitspielt, dann legt Strauss es auch darauf an, dass man das hört.

Das Brüssler Orchester kommt diesmal unter Leitung von Lothar Koenigs nicht über ein ziemlich grobes Dauerforte hinaus. Zuviel knorriger Baumstamm, zu wenig flirrendes Blattwerk. Hinzu kommt, dass für ein Hauptstadtorchester in der zweiten Vorstellung einer Serie doch allzu viele Wackler unterlaufen.

FAZIT

Diese Daphne war weniger ein Strauss für die Ohren, was der Strauss für die Augen Augen nicht wirklich rausreißen konnte.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Lothar Koenigs

Inszenierung
Guy Joosten

Bühne
Alfons Flores

Kostüme
Moritz Junge

Licht
Manfred Voss

Video
Franc Aleu

Choreographie
Aline David

Chor
Martino Faggiani



Herrenchor und Orchester der
Oper La Monnaie, Brüssel


Solisten

Peneios
Iain Paterson

Gaea
Birgit Remmert

Daphne
Sally Matthews

Leukippos
Peter Lodahl

Apollo
Eric Cutler

Erste Magd
Tineke Van Ingelgem

Zweite Magd
Maria Fiselier

Schäfer
Matt Boehler
Gijs Van der Linden
Kris Belligh
Justin Hopkins


Weitere
Informationen

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La Monnaie
(Homepage)



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