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Die Nebensache: Superstar singt SuperstarVon Stefan Schmöe / Fotos von Björn HickmannMan war am Theater Dortmund im Vorfeld ja doch mächtig stolz auf die spektakuläre Besetzung der Hauptrolle: Da singt und spielt doch tatsächlich Alexander Klaws den Jesus. Dieser Alexander Klaws hat vor langer Zeit in der Fernseh-Casting-Show Deutschland sucht den Superstar gewonnen. Für ein Opernhaus wie das Dortmunder eigentlich nicht unbedingt eine besonders seriöse Referenz, aber der Mann hat seine Fans - und eine ganze Reihe davon schon zur Premiere mitgebracht, kreischwillig (aber nicht unfair den anderen Darstellern gegenüber). Wenn's denn dem Theater ordentliche Zuschauerzahlen einbringt und auch noch Leute ins Theater lockt, die sonst nicht in ein Opernhaus gehen - warum nicht. Da ist er, der Superstar: Alexander Klaws respektive Jesus Christ
Um gleich zur Sache zu kommen: Alexander Klaws macht das ordentlich, nicht mehr, auch nicht weniger. Seine Stimme hat eine ganze Reihe von Facetten, die sich nicht ganz bruchloszusammen fügen, im Piano ist sie nicht übermäßig substanzvoll, dafür hat er ein markiges Forte und ein paar tolle Spitzentöne, mit denen er sorgsam haushalten muss (und daher hier und da auch schon mal eine Oktave tiefer singt als Rollenkollegen), und am Ende der anspruchsvollen Partie ist er gut hindurchgekommen, aber länger dürfte sie auch nicht sein. Im benachbarten Hagen, da drängt sich der Vergleich auf, hatte vor ein paar Monaten Hannes Schaffler in der Rolle stimmlich noch mehr Power gezeigt (unsere Rezension). Klaws gleicht einiges aus durch eine sehr theatralische Gestaltung des musikalischen Parts, nicht frei von Pathos. Und eine bühnenwirksame Erscheinung ist er allemal. Judas (David Jakobs) und Jesus (Alexander Klaws)
Auch wenn Klaws den phonstärksten Premierenjubel abbekam - der drahtige, stimmlich souveränere David Jakobs als Judas und die hinreißend attraktive, sehr differenziert (und, weil sie sich das bei ihrer Bühnenpräsenz erlauben kann, mit einem gewissen Maß an Understatement) singende Patricia Meeden, auch Mark Weigel mit einer brillanten Charakterstudie als schmieriger Pontius Pilatus, das sind die eigentlichen Stars dieser hochkarätig besetzten Aufführung. Dazu kommen noch Fritz Steinbacher als klangschön lyrischer Petrus und Hannes Brock als virtuos schräger Herodes, und überzeugend auch Hans Werner Bramer als Kaiphas und Jens Petter Olsen als Simon Zelotes. Der Opernchor und eine Gruppe von Studierenden der Essener Folkwang Universität singen und tanzen ausgezeichnet (Choreographin Kati Farkas geht sehr geschickt mit dem Personal und den naturgemäß sehr unterschiedlichen tänzerischen Fähigkeiten um). Die Aufführung bewegt sich mit einer ausgezeichneten Band unter der musikalischen Leitung von Jürgen Grimm durchweg auf sehr hohem Niveau. Maria Magdalena (Patricia Meeden)
Die Produktion ist in Zusammenarbeit mit der Bonner Oper entstanden und war dort in der vorigen Spielzeit bereits zu sehen - der exzellente Eindruck (siehe unsere Rezension, die auch die Inszenierung detailliert beschreibt) bestätigt sich jetzt auch auf der Dortmunder Bühne. Regisseur Gil Mehmert verlegt das Geschehen unaufdringlich in die Gegenwart, lässt aber auch eine Spur Hippie-Kultur mitschwingen. Eine kurze, sehr schnelle Bildfolge mit Aufnahmen von Greueltaten der letzten Jahrzehnte, kaum zu erkennen und doch deutlich genug, um ein Zeichen zu setzen - das ordnet das Bühnengeschehen innerhalb von ein paar Sekunden in einen größeren Kontext ein. Die Bühne besteht aus einer U-förmigen Tribüne (das auf eine Band reduzierte Orchester sitzt oben) und bleibt abstrakt, die Kostüme sind anspielungsreich (Ausstattung: Beatrice von Bomhard): In den Priestern kann man katholische Geistliche ebenso erahnen wie Generäle, zwischendurch marschieren Polizisten auf wie bei einer Demo in Berlin-Kreuzberg, dann wieder wirken die Kostüme exotisch fremd. Allzu vordergründige Eindeutigkeit jedenfalls hat das Regieteam vermieden, gibt aber vielfältige Assoziationsmöglichkeiten. Jesus (Alexander Klaws, l.) und Pilatus (Mark Weigel)
Mindestens genauso wichtig ist aber das sichere Gefühl für das richtige, hier darf man ruhig sagen: perfekte Timing, sei es in den Abläufen auf der Bühne, sei es in nie zu langen Pausen nach einem Song. Und das Regieteam weiß genau, wie viele Personen es gerade auf der Bühne braucht, wie Chor und Statisterie verteilt werden müssen, wie man temporeich Auf- und Abtritte organisiert - das alles ist auch handwerklich sehr, sehr gut gelöst. Am Ende großer Jubel für alle Beteiligten. Ach ja, Fans von Alexander Klaws sei übrigens noch gesagt, dass der nicht alle Aufführungen singen wird - die männlichen Hauptrollen sind doppelt besetzt. FAZITTolle Produktion, die wir schon nach ihrer Bonner Premiere dringend empfohlen haben - das kann man jetzt, wo sie in Dortmund gespielt wird, nur wiederholen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Szenische Einstudierung
Choreografie
Bühne und Kostümed
Lichtdesign
Choreinstudierung
Solisten* Besetzung der Premiere
Jesus Christus
Judas
Maria Magdalena, Soulgirl
Pontius Pilatus/Hannas
Kaiphas
Petrus
Simon Zelotes
Herodes
Soulgirl
1. Priester/Alter Mann
2. Priester
Priester 3
Jesus-People
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