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Ballett? Rock It!

Choreographien von Marguerite Donlon, James Wilton und Ricardo Fernando

Heroes - H
Choreographie von Marguerite Donlon, Musik von David Bowie

Drift
Choreographie von James Wilton, Musik von The Package und Eraser

Club 27
Choreographie von Ricardo Fernando, Musik von The Doors, Amy Winehouse, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Nirvana

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am
7. Februar 2015


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Tanzen als pure Lebenslust

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre

Nachdem Ballettdirektor Ricardo Fernando zu Beginn der Spielzeit mit seiner Choreographie von Alice im Wunderland ein Handlungsballett für Groß und Klein präsentiert hat, was sich gerade in der Vorweihnachtszeit als geschickter Schachzug erwiesen hat, widmet sich der zweite Ballettabend dem modernen Tanz, um die ganze Bandbreite zu zeigen, die die relativ kleine Compagnie an der Volme den Ballettliebhabern hier bietet. Der Titel Ballett? Rock It! verrät bereits, dass die Musikauswahl aus dem Unterhaltungsbereich stammt. Der Abend besteht dabei aus drei Teilen, wobei für die ersten beiden Stücke Gastchoreographen engagiert worden sind und der dritte Teil nach der Pause als Uraufführung vom Ballettchef höchstpersönlich erarbeitet worden ist.

Der Abend beginnt mit einer Choreographie von Marguerite Donlon, die Donlon 2012 in ihrer Zeit als Ballettdirektorin und Chefchoreographin am Saarländischen Staatstheater mit dem Ballettensemble, der Donlon Dance Company, erarbeitet hat. Zur Musik von David Bowie werden fünf Geschichten erzählt, die persönlich auf die fünf Tänzer abgestimmt sind. Da diese Geschichten in Hagen natürlich anders als in Saarbrücken sind und es sich in Hagen unter anderem auch nicht um fünf Tänzer, sondern um vier Tänzer und eine Tänzerin handelt, trägt der Abend den Namen Heroes - H, wobei das "H" für Hagen steht. Donlon betrachtet in ihrer Choreographie einen Menschen als "Hero", wenn er stets versucht, sich selbst neu zu erfinden und Grenzen zu überschreiten. Zu Beginn treten die fünf Tänzer mit Kopfhörern auf und bewegen sich in ihrer eigenen Welt, bis sie zu David Bowies "Rebel Rebel" die Kopfhörer ablegen und nun zur gleichen Musik tanzen. Die Bühne von Cecile Boucher besteht aus zwei Tischen, die auch als Tafel fungieren, und einem Sessel. In diesen Sessel wird zu Beginn des Stückes eine Zuschauerin gesetzt, die dafür aus dem Publikum geholt wird und den restlichen Teil aus einer eigenen Perspektive verfolgen kann. Der tiefere Sinn erschließt sich bei dieser Aktion allerdings nicht.

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Heroes - H: von links: Eunji Yang, Marco Barbieri, Brendon Feeney, Bobby Briscoe und Shinsaku Hashiguchi

Im weiteren Verlauf erzählen die vier Tänzer und die Tänzerin nun jeweils eine Geschichte, die anschließend in einen Tanz zur Musik von Bowie übergeht. Dabei haben die Tänzer große Möglichkeit, sich individuell zu entfalten. Bobby Briscoe beispielsweise amüsiert als Drag Queen, während er davon berichtet, wie er bei einem Janet-Jackson-Wettbewerb kläglich gescheitert sei, weil ihn eine "Schlampe" zum Sturz gebracht habe. Brendon Feeney setzt die Schwierigkeiten, sich verbal zu äußern, in ergreifende, zuckende Bewegungen um und findet erst im weiteren Verlauf des Tanzes die Möglichkeit, sich und seine Gefühle auszudrücken. Marco Barbieri erzählt dann wieder eine komische Geschichte, indem er von seiner Vorliebe berichtet, als kleiner Junge nackt zu tanzen, was seine Eltern dazu veranlasst habe, ihn zu einem Psychologen zu schicken. Dabei tritt er auch nackt auf, lässt seinen Schambereich allerdings stets von den anderen Tänzern verdecken, wenn er zu großen Gesten ausholt. Für den folgenden Tanz hat er dann allerdings wieder eine Hose angezogen. Shinsaku Hashiguchi berichtet von seinem Werdegang als Tänzer, bis er schließlich in Hagen sein erstes Engagement bekommen habe. Dieser Text wird von Marco Barbieri übersetzt, während die Geschichte von Eunji Yang leider von niemandem verstanden wird. Dennoch begeistert sie als energiegeladenes Bündel, dass sich zwischen den wesentlich größeren Tänzern gut durchzusetzen versteht. Tontechnisch interessant gestaltet werden auch die Momente, in denen die Tänzer die Kopfhörer wieder aufsetzen und die Musik über die Lautsprecher gedämpfter zu vernehmen ist.

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Drift: Tiana Lara Hogan und Brendon Feeney

Der zweite Teil Drift von James Wilton war bereits in Hagen vor zwei Jahren bei der AIDS-TanzGala zu erleben. Erstmals erarbeitet hat Wilton dieses circa 10-minütige Stück als Student an der London Contemporary Dance School und ging damit bereits mit Studenten auf nationale und internationale Tourneen. Nach seinem Abschluss brachte er es dann 2010 mit dem Scottish Dance Theatre heraus und tourte damit bis 2014. Nun hat er es erneut mit dem Ballett Hagen erarbeitet. Zur Musik von The Package ("A Perfect Circle") und Eraser ("Nine Inch Nails") lässt er einen Tänzer und eine Tänzerin Einsamkeit und Nähe, absolute Hingabe und gefährliches Vertrauen in akrobatische Bewegungen umsetzen. Tiana Lara Hogan und Brendon Feeney umkreisen sich dabei teilweise wie wilde Tiere, bevor sie scheinbar zueinander finden, um dann durch gegenseitige Verletzungen dann doch wieder Abstand zu nehmen. So driften sie in ihrer Beziehung immer wieder auseinander, können allerdings auch nicht voneinander lassen. Diese vertanzten Gefühle werden von Hogan und Feeney in einer ergreifenden Körpersprache umgesetzt.

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Pure Lebensfreude im Club 27: Bobby Briscoe in "Hey Joe" von Jimi Hendrix (im Hintergrund: Ensemble)

Nach der Pause geht es dann mit dem Ballettdirektor Ricardo Fernando in den Club 27. Damit wird eine Reihe von Rockmusikern bezeichnet, die alle im Alter von 27 Jahren gestorben sind und damit den Titel "Forever 27" erhalten haben. Dazu zählen der frühere Rolling-Stones-Gitarrist Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison von The Doors, Kurt Cobain von Nirvana und Amy Winehouse als jüngstes Mitglied. Fernando geht es aber nun nicht darum, die Geschichte dieser Rockmusiker zu erzählen, sondern nur ihre Musik zu verwenden, die in einem Dance-Club gespielt wird und von den Tänzern als Ausdruck purer Lebensfreude vertanzt wird. So stehen die 13 Tänzerinnen und Tänzer vor Beginn des Stückes auf der Vorderbühne vor einer schwarzen Wand, auf der in großen Lettern "Club 27" zu lesen ist. Zu "End of the Night" von The Doors betreten sie nun den Club und nehmen auf einem riesigen Sofa Platz, welches auf Rollen quer über die Bühne geschoben werden kann. Die Bühne von Peer Palmowski zeigt außerdem im Hintergrund eine Jukebox, aus der die Lieder zu erklingen scheinen und wird von zahlreichen Schallplatten eingerahmt, die glitzernd an langen Fäden aus dem Schnürboden herabhängen.

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Club 27: von links: Ana Rocha Nené, Yoko Furihata, Melanie Lopez Lopez und Debora Buhatem in "Wake up Alone" von Amy Winehouse

In diesem Ambiente werden nun Klassiker der Rockmusik in Tanz umgesetzt, wobei das Ensemble durch große Präzision und Homogenität in den Bewegungen überzeugt. Besonders im Gedächtnis bleibt dabei eine grandiose Umsetzung von Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" bei dem das Ensemble zunächst wie in Trance über das Sofa rollt, bevor es zu einer beeindruckenden Choreographie die großartige Musik in moderne Bewegungen umsetzt. Bei "Mercedes Benz" von Janis Joplin beweist dann Ana Rocha Nené ihre gesanglichen Fähigkeiten, indem sie das Lied zunächst a cappella vorträgt, bevor das Ensemble in einem Remix noch einmal in einen lebensbejahenden Tanz übergeht, der im Publikum den Wunsch entstehen lässt, aufzustehen und selbst mitzutanzen. Das mag vielleicht auch der Grund sein, wieso der Ballettdirektor am Ende des Abends nicht nur zur obligatorischen Premierenfeier einlädt, sondern diese auf der Bühne gestaltet, so dass das Publikum eben nicht nur die Gelegenheit hat, mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen, sondern auch die Möglichkeit bekommt, nach diesem unterhaltsamen Abend selbst das Tanzbein zu schwingen.

So gibt es stehende Ovationen für einen Ballettabend, der mit einer herrlichen Musikauswahl pure Lebensfreude vermittelt.

FAZIT

Dieser Ballettabend dürfte nicht zuletzt wegen der musikalischen Auswahl auch zahlreiche jüngere Leute ins Theater locken und für den Tanz begeistern.



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Produktionsteam

Licht
Ernst Schießl

Dramaturgie
Maria Hilchenbach

 

Heroes - H

Choreographie und Konzept
Marguerite Donlon

Bühne
Cecile Boucher

Kostüme
Benjamin Tyrrell

Tänzerinnen und Tänzer

*Premierenbesetzung

Sofia Romano /
*Eunji Yang
Marco Barbieri
Bobby Briscoe
Brendon Feeney
Shinsaku Hashiguchi

 

Drift

Choreographie
James Wilton

Kostüme
Rosa Ana Chanzá

Tänzerinnen und Tänzer

*Premierenbesetzung

*Tiana Lara Hogan /
Eunji Yang
*Brendon Feeney /
Péter Matkaicsek

 

Club 27

Choreographie und Inszenierung
Ricardo Fernando

Bühne
Peer Palmowski

Kostüme
Rosa Ana Chanzá

Tänzerinnen und Tänzer

*Premierenbesetzung

End of the Night
Ensemble

Tears Dry on Their Own
*Ana Rocha Nené /
Tiana Lara Hogan
*Brendon Feeney /
Péter Matkaicsek

Hey Joe
*Bobby Briscoe /
Marco Barbieri

Love is a Losing Game
*Tiana Lara Hogan /
Melanie Lopez Lopez /
Ana Rocha Nené

Women is Losers
Damen-Ensemble

People are Strange
Ensemble

Love Me Two Times
*Brendon Feeney /
Bobby Briscoe /
Shinsaku Hashiguchi

Smells Like Teen Spirit
Ensemble

Wake up Alone
Debora Buhatem
Yoko Furihata
Melanie Lopez Lopez
Ana Rocha Nené

May Be
*Sofia Romano /
Eunji Yang
*Bobby Briscoe /
Brendon Feeney

Come as You are
Herren-Ensemble

Whiskey, Mystics & Men
*Shinsaku Hashiguchi /
Péter Matkaicsek
*Yoko Furihata /
Tiana Lara Hogan
Ensemble

Tears Dry on Their Own
Ensemble

Summertime
Ensemble

Mercedes Benz
Ana Rocha Nené

Mercedes Benz
Ensemble

Bird of Prey
Ensemble
 

Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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