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Die acht Frauen

Kriminalkomödie mit Musik
Buch von Robert Thomas, Übersetzung von Franz Martin

in deutscher Sprache (Lieder teilweise in englischer Sprache)

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Wiederaufnahme im Theater Hagen am 17. September 2014
(rezensierte Aufführung: 26.09.2014)


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Allein unter Frauen

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre

Robert Thomas' Kriminalkomödie Die acht Frauen führte nach der erfolgreichen Uraufführung 1961 in Paris lange Zeit ein Schattendasein, bis François Ozon die Geschichte mit der Crème de la Crème des französischen Films 2002 auf die Leinwand brachte und diese Fassung zahlreiche Auszeichnungen bekam. Ozon nahm dabei nicht nur leichte Änderungen in den Figurenkonstellationen vor, sondern widmete auch jeder Darstellerin ein eigenes Chanson, was dem Film eine ganz besondere Note gab. Seit dieser Zeit ist das Stück auch wieder für die Theaterbühnen interessanter geworden, und so widmet sich auch das Theater Hagen, das selbst über keine eigene Schauspielsparte verfügt, seit einigen Jahren allerdings jeweils eine eigene Schauspielproduktion mit musikalischen Elementen herausbringt, der Geschichte um die acht Frauen. Im Gegensatz zu den Vorjahren greift man in Hagen dabei allerdings nicht auf Ensemble-Mitglieder zurück, sondern besetzt die Produktion mit acht Gastdarstellerinnen.

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Wer hat das Telefonkabel durchgeschnitten? Mamy (Katrin Schönermark), Augustine (Christina Dorn), Catherine (Karla Hennersdorf), Chanel (Kristina Günther-Vieweg) und Louise (Neda Rahmanian) (von links nach rechts) rätseln.

Die Geschichte spielt in einer abgelegenen Villa zur Weihnachtszeit. wo der Hausherr Marcel mit seiner Frau Gaby, seiner Tochter Catherine, seiner geizigen Schwiegermutter Mamy und der skurrilen Schwägerin Augustine lebt. Als seine ältere Tochter Susanne zum Weihnachtsfest nach Hause kommt, findet das Dienstmädchen Louise den Hausherrn tot in seinem Zimmer. Der Versuch, die Polizei zu rufen, scheitert, da irgendjemand das Telefonkabel durchtrennt hat. Die Hunde, die normalerweise das Haus bewachen, sind mit einem Schlafmittel betäubt und Gabys Wagen ist manipuliert worden, so dass es durch den Schnee unmöglich ist, das Haus zu verlassen. Als dann auch noch Marcels verstoßene Schwester Pierrette auftaucht, weil sie einen ominösen Anruf bekommen habe, dass ihr Bruder tot sei, wird sehr bald klar, dass der Mörder einer von den acht Frauen sein muss. Im Verlauf des Stückes stellt sich auch nach und nach heraus, dass jede der Frauen ihre Geheimnisse und damit auch ein Motiv hat. Gaby wollte ihren Mann in der Mordnacht heimlich verlassen, weil sie ein Verhältnis mit seinem Geschäftspartner hat. Pierrette lieh sich von ihrem Bruder 200.000 Francs, um sie genau diesem Geschäftspartner zu geben. Mamy war nicht bereit, dem bankrotten Marcel mit ihren Aktien finanziell unter die Arme zu greifen. Susanne kam schon früher zurück und unterbreitete ihrem Vater, dass sie schwanger ist. Augustine stellte ihrem Schwager erfolglos nach. Louise hatte seit Jahren mit Marcel ein Verhältnis und überforderte ihn mit ihren Wünschen. Chanel, die Köchin spielte seit Jahren Poker mit ihm und hatte mittlerweile Unsummen verloren. Es verbietet sich an dieser Stelle natürlich, genau wie bei Agatha Christies The Mouse Trap, die Auflösung der Geschichte zu verraten.

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Nachdenkliche Gaby (Andrea Wolf): Wer hat ihren Mann getötet?

Thomas Weber-Schallauer greift in seiner Inszenierung auf die Originalfassung zurück, wobei er von der Verfilmung die Idee der Lieder übernimmt. Mit Andres Reukauf am Piano werden auch einzelne Aktionen der Frauen mit dramatischen musikalischen Einwürfen wie im Film unterstrichen. Warum zu Beginn des Abends ein Video von Volker Köster auf einer Leinwand vor der Bühne gezeigt wird, in dem zahlreiche Krimi- und Thriller-Heroinen der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in kurzen Sequenzen auftreten, durch irgendwelche Türen schreiten oder durch irgendwelche Schlüssellöcher spähen, wird nicht ganz klar. Diese Bilder sind zwar ästhetisch schön, stehen allerdings in keinem Zusammenhang zum folgenden Stück. Vielleicht sollen die gezeigten Frauen eine Hommage an die im Anschluss auftretenden acht Frauen sein, wobei der Vergleich etwas hinkt, da es sich in den Sequenzen stets um die Heldinnen oder die Opfer handelt, die keineswegs so dunkle Geheimnisse wie die Protagonistinnen des Stückes haben.

Auch bei der Figurenzeichnung wäre Weber-Schallauer an einigen Stellen vielleicht doch besser der Filmvorlage als der Originalfassung von 1961 gefolgt. Im Film sitzt Mamy zunächst in einem Rollstuhl, um ihre Hilflosigkeit zu unterstreichen, vergisst sich aber plötzlich und springt auf, wobei sie ihre plötzliche Fähigkeit zu laufen als ein "Weihnachtswunder" beschreibt. In Weber-Schallauers Inszenierung ist Katrin Schönermark als Mamy hingegen von Anfang an sehr agil, so dass man ihr die Hilflosigkeit der alten Dame auch zu Beginn nicht wirklich abnimmt. Christina Dorn zeichnet Augustine wunderbar zickig und skurril, auch wenn man sich vielleicht am Ende doch ihre Verwandlung in eine begehrenswerte Frau gewünscht hätte, wie Isabelle Huppert es im Film vorführt. Die homoerotischen Andeutungen, die im Film wesentlich deutlicher zu Tage treten, werden in Weber-Schallauers Inszenierung ebenfalls zurückgefahren. Das Verhältnis zwischen Madame Chanel und Pierrette wird eigentlich gar nicht richtig deutlich, und der Kampf zwischen Sylvia Rentmeister als Pierrette und Andrea Wolf als Gaby gipfelt nicht wie im Film in einem leidenschaftlichen Kuss sondern in einem Lachkrampf. Großartig hingegen setzen die Darstellerinnen die Szene um, in der sie alle fürchten, vergifteten Kaffee getrunken zu haben und das Gift mit Milch "löschen" wollen, wobei sie anschließend mit weißen Mündern Pierrette und Louise zwingen, ebenfalls von diesem Kaffee zu trinken, um zu beweisen, dass sie den Kaffee nicht vergiftet haben.

Von den Liedern aus dem Film übernimmt Weber-Schallauer die beiden Chansons von Madame Chanel und Gaby. Kristina Günther-Vieweg singt als Madame Chanel "Um nicht allein zu sein" ("Pour ne pas vivre seul"), wobei sie ihre Einsamkeit zum Ausdruck bringt, und Andrea Wolf gibt in ihrem Lied "Du niemals" ("Toi jamais") Einblick in ihre Beziehung zu ihrem Mann Marcel. Als weitere Lieder wählt Weber-Schallauer Gershwins Song "The Man I Love" für Susanne aus, mit dem Annika Firley als Susanne ihrer Schwester Catherine verträumt ihren Traumprinzen beschreibt, der sie geschwängert hat. Karla Hennersdorf beschreibt Catherines Liebe zu ihrem Vater mit "My Heart Belongs to Daddy" von Cole Porter, einem Song, dem Marilyn Monroe zu unsterblichem Ruhm verholfen hat. Für Augustine und Pierrette greift Weber-Schallauer auf zwei Lieder von Zarah Leander, "Der Wind hat mir ein Lied erzählt" und "Yes, Sir", zurück, während Louise mit "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre" Erinnerungen an Marlene Dietrich aufkommen lässt. Andres Reukauf begleitet die Darstellerinnen bei ihrem Gesang sorgsam am Klavier, so dass sie für die Lieder nicht durch Mikrophone verstärkt werden müssen, auch wenn der Text nicht immer komplett verständlich ist. Für Katrin Schönermark als Mamy hat Reukauf ein eigenes Lied getextet und komponiert, mit dem der Abend endet.

FAZIT

Weber-Schallauer gelingt eine alles in allem überzeugende Umsetzung dieser Kriminalkomödie, wobei die Lieder den Abend gekonnt auflockern. Schade ist nur, dass bei der Wiederaufnahme zahlreiche Plätze im Zuschauerraum frei bleiben. Das spielfreudige Ensemble hätte mehr Publikum verdient.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Piano
Andres Reukauf

Inszenierung
Thomas Weber-Schallauer

Ausstattung
Peer Palmowski

Video
Volker Köster

Dramaturgie
Maria Hilchenbach

 

Solisten

Gaby, die Frau des Hauses
Andrea Wolf

Susanne, ihre ältere Tochter
Annika Firley

Catherine, die jüngere Tochter
Karla Hennersdorf

Mamy, Gabys Mutter
Katrin Schönermark

Augustine, Gabys Schwester
Christina Dorn

Madame Chanel, Köchin des Hauses
Kristina Günther-Vieweg

Louise, Zimmermädchen
Neda Rahmanian

Pierrette, eine beachtliche Frauensperson
Sylvia Rentmeister

Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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