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Ausflug ins Traumland der Operette
Die Auflösung des kompletten Opern-Ensembles hat den
Opernintendanten Toshiyuki Kamioka nicht nur in Wuppertal zahlreiche Sympathien
gekostet. Der Verein "Art but fair" hat die Wuppertaler Bühnen für diese Aktion
sogar für die goldene Stechpalme nominiert, eine "Auszeichnung", die für die
besonders unfaire Behandlung von Künstlern verliehen wird. Diese und weitere
Querelen haben dazu geführt, dass Kamioka sein Amt als Opernintendant und
Generalmusikdirektor vorzeitig zum Ende der Spielzeit 2015/2016 abgibt, so dass
derzeit in der Stadt auf Hochtouren nach einer Neubesetzung für seine beiden Ämter
gesucht wird. Ob damit alles besser wird, bleibt abzuwarten. Einen
Hoffnungsschimmer auf eine Rückkehr zum Ensemble-Betrieb gab nun ein Konzert, in
dem sich Mitglieder des neu gegründeten Opernstudios einem leider nur
sehr kleinen Besucherkreis im Kronleuchterfoyer vorstellten. Dabei hatte Kamioka bereits bei der Spielplanpräsentation im
letzten Jahr versprochen, dass in Wuppertal ein Opernstudio eingerichtet werde,
in dem junge Sängerinnen und Sänger die komplette Spielzeit in kleineren Rollen
begleiten würden, um Bühnenerfahrung zu sammeln. Während andere Opernhäuser wie
beispielsweise die Deutsche Oper am Rhein oder das Musiktheater im Revier in
Gelsenkirchen ein derartiges Opernstudio - in Gelsenkirchen heißt es "Junges
Ensemble" - gewissermaßen als Aushängeschild für die Nachwuchsförderung auf der
Internetseite separat ausweisen, muss man in Wuppertal lange suchen,
bis man überhaupt Informationen über diesen Nachwuchs findet. Auf der
Internetseite werden die Mitglieder des Opernstudios nämlich alphabetisch
zwischen den restlichen Sängerinnen und Sängern ausgewiesen, die nur für eine
einzige Produktion in Wuppertal verpflichtet worden sind. Nun endlich durften
sich sieben der neun Mitglieder dieses neuen Opernstudios in einem Konzert am
Nachmittag vorstellen und damit dem Haus wieder ein Profil geben. Die Mitglieder des Opernstudios von links:
von links: Während der Moderatorin Corinna Jarosch der Auftakt nicht
ganz so glücklich gelingt, da Jarosch hierbei die Kunst als "Wein" für die
Zuschauer und als "Brot" für die Künstler bezeichnet, was mit Blick auf die
Nachwuchstalente beinahe schon etwas zynisch anmutet, da ein Engagement in einem
Opernstudio für den "Broterwerb" sicherlich keine allzu lukrative Geldquelle
sein dürfte, gelingt es Jarosch hingegen dem weiteren Verlauf des Konzertes eine
persönliche Note zu geben und die jungen Künstlerinnen und Künstler dem Publikum
nahe zu bringen. Im ersten Teil bis zur Pause stellen sich die Sängerinnen und
Sänger mit einem Stück vor, das entweder für ihre Heimat steht oder
eine besondere Bedeutung für ihre Entscheidung gespielt hat, sich dem Gesang zu
widmen. Hervorzuheben sind in diesem Teil vor allem Mine Yücel, Ralitsa Ralinova
und Andreas Beinhauer. Yücel, die in Wuppertal bereits in der Titelpartie in
Tarkmanns Alice im Wunderland und im Parsifal als Knappe und als
Blumenmädchen zu erleben war, begeistert mit der Abschiedsarie der Mimi
aus dem dritten Akt von Puccinis Oper La Bohème. Mit leidenschaftlicher
Dramatik und kräftigem Sopran wirft sie bei den Zuhörern die Frage auf, wieso
sie überhaupt noch in einem Opernstudio singt und nicht bereits ein
Festengagement angenommen hat. Ralinova, die in Wuppertal bereits als Zerlina in
Don Giovanni auf sich aufmerksam machte und alternierend mit Yücel die
Alice interpretierte, begeistert mit warmem, fülligem Sopran bei einem
bulgarischen Schlaflied. Beinhauer, der in Alice im Wunderland als
verrückter Hutmacher zu erleben war, präsentiert mit profundem Bariton Schuberts
"Forelle". Dabei verwundert es nicht, dass er für seinen Liedgesang bei einem
Wettbewerb in Graz ausgezeichnet worden ist. Nach der Pause geht es dann ins Traumland der Operette, auch
wenn die "Barcarole", die von Ralinova und der Mezzosopranistin Sandra Borgarts
in betörender Innigkeit präsentiert wird, aus Offenbachs Oper Hoffmanns
Erzählungen stammt. Erneut setzen Yücel und Ralinova besondere
Akzente. Yücel glänzt als stimmgewaltige Sylva Varescu mit "Heia, heia, in den
Bergen ist mein Heimatland" aus Kálmáns Die Csárdásfürstin, nachdem
sie zuvor aus der gleichen Operette mit Markus Murke das berühmte Duett "Tanzen
möcht' ich, jauchzen möcht' ich" interpretiert hat. Ralinova
begeistert mit der berühmten Arie "Meine Lippen, die küssen so heiß" aus Lehárs
Giuditta. Große Komik entwickeln die jungen Solisten, wenn sie das
berühmte Duett "Lippen schweigen" aus Lehárs Die lustige Witwe kurzerhand
in ein Quartett umwandeln. Beinhauer singt dabei als Danilo neben Yücel und
Ralinova auch noch Laura Demjan als dritte Hanna Glawari an, wobei zwischen den
drei Frauen ein regelrechter Kampf um den begehrten Bariton entsteht, bis dieser
sich schließlich nur noch durch eine Flucht unter den Flügel zu helfen weiß.
Bevor dann im
Finale alle sieben gemeinsam mit "Im Feuerstrom der Reben" aus dem 2.
Akt der Fledermaus den Nachmittag ausklingen lassen, lockt Beinhauer als
Falke noch den Tenor Johannes Grau als Eisenstein mit "Komm mit mir zum Souper"
zum rauschenden Fest beim Prinzen Orlofsky, mit dessen berühmtem Couplet "Ich
lade gern mir Gäste ein" Borgarts das Konzert begonnen hat. Ralf Soiron begleitet die
Solisten einfühlsam am Piano, so dass es am Ende großen Beifall für alle
Beteiligten gibt. Schade ist nur, dass dieses wirklich schöne Konzert nicht mehr
Besucher angelockt hat.
FAZIT
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Produktionsteam
Musikalische Leitung und Klavier
Moderation SolistenAndreas Beinhauer
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- Fine -