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Les Contes d’Hoffmann
(Hoffmanns Erzählungen)


Opéra fantastique in fünf Akten Libretto von Jules Barbier nach dem gleichnamigen Drama von Jules Barbier und Michel Carré
Musik von Jacques Offenbach herausgegeben von Michael Kaye und Jean Christophe Keck

in deutscher Sprache mit verschiedensprachigen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere an der Komischen Oper Berlin am 2. Oktober 2015


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Komische Oper Berlin
(Homepage)
Die Liebe und der Suff

Von Joachim Lange / Fotos von Monika Rittershaus

Berlin präsentiert sich wenigstens zum Auftakt der aktuellen Spielzeit wirklich einmal als Hauptstadt, auch der Opernrepublik: Die immer noch in ihre Ausweichspielstätte Schillertheater gebannte Staatsoper unter den Linden hat sich zur sozusagen staatstragenden Performance mit Daniel Barenboims und Andrea Moses’ Sicht auf Wagners Meistersinger entschlossen. Und die - warum auch immer - auf zwei Tage verteilt. Die Deutsche Oper ließ es sich nicht nehmen ebenso großformatig mit Giacomo Meyerbeers Vasco da Gama zu eröffnen. Die beiden Großen Opernhäuser in Berlin ließen der etwas kleineren Komischen Oper mit Les Contes d’Hoffmann zum großen Eröffnungsmarathon am Oktoberfeiertags-Wochenende den Vortritt. Und es wurde, was in diesem Haus wegen seiner Tradition eine besondere Erwähnung wert ist, tatsächlich französisch gesungen.

Vergrößerung Hoffmann als alter Mann erinnert sich

Für Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach braucht man normalerweise drei Frauen und einen Hoffmann. Bei Barrie Koksy ist es umgekehrt. Hier erinnern, singen, kämpfen sich drei (Hoff-)Männer durch die phantastische Geschichte, bei der es um die eine, nicht erreichbare Frau geht. Eigentlich um jene Sängerin Stella, die der Dichter Hoffmann anhimmelt. Und deren Aufspaltung er sich mit Hilfe seiner Muse (prägnant an Hoffmanns Seite hier immer in barocken Gewand als La Muse: Karolina Gumos) herbei fantasiert. Nicole Chevalier hat das stimmliche und darstellerische Format für alle: Zunächst als die Puppe Olympia, die aus lauter Einzelteilen zusammengebastelt ist, die sich auch schon mal verselbständigen und nur in Hoffmanns Fantasie wie ein verführerisches Ganzes aussieht. Dann als die Sängerin Antonia, die sich zu Tode singt. Schließlich als Kurtisane Giulietta, die den Männern nicht nur den Verstand, sondern auch noch ihren Schatten, sprich: ihre Seele, raubt. Am Desaster in dem jede dieser Kurzzeitbeziehungen endet, hat natürlich der Bassfinsterling im Stück seinen Anteil. Dmitry Ivashchenko hat auch ohne Spiegelarie als Lindorf, Coppelius, Doktor Miracle und Dapertutto genug Raum, sein finsteres Werk zu verrichten und macht Eindruck damit.

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Olympia in der Kiste

In Berlin sucht zunächst ein alter Hoffmann die Erinnerung an seine Affären offenbar in hunderten leeren Flaschen, in deren Mitte er sitzt. Der Schauspieler Uwe Schönbeck sieht aus wie eine Mischung aus Denis Scheck und Kosky selbst. Sein deutsch gesprochener respektive gelallter Text stammt von E.T.A. Hoffmann (1776-1822) und imaginiert die Donna Anna einer Don Giovanni-Aufführung. Mit der hier zu Opernehren kommenden Erzählung Don Juan und nicht zuletzt mit der Verwandlung seines dritten Taufnamens Wilhelm in Amadeus erwies Hoffmann dem verehrten Mozart seine persönliche Referenz. Es macht daher Sinn, wenn das das Orchester der Komischen Oper unter Leitung von Stefan Blunier wuchtig mit der Don Giovanni-Ouvertüre beginnt. Der Abend endet auch mit Mozart-Noten. Die entweichen dem dahingeschiedenen Mozart- und Frauen-Liebhaber aus dem vom teuflischen Bass vernagelten Sarg.


Vergrößerung Der junge Hoffmann sieht hier mehr als nur eine Puppe

Eine teuflisch düstere Note hat diese Frauenbildbeschwörung insgesamt, die Kosky hier in Karin Lea Tags abstrakten Raum der Phantasie zelebriert. Und doch ist es ein opulenter Alptraum. Auf einer quadratischen Wunderspielfläche, die sich wohl jeder ambitionierte Regisseur von seinem Intendanten wünscht. Sie lässt sich 'rauf und 'runter und in alle Richtungen bewegen. Hier kommt der gerade zum „Opernchor des Jahres“ gekürte Chor des Hauses nicht ins Rutschen, sondern auf Hochtouren. Nicht nur spiel-, sondern auch äußerst verwandlungsfreudig machen die Herren auch im schulterfreien Donna-Anna-Kostüm bella figura und ihrem Ruf alle Ehre.

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Sing Antonia, sing ... (Dr. Miracle)

Doch das gilt für die vokale und musikalische Qualität des Abends durchweg. Vor allem der smarte Hoffmann-Bariton Dominik Köninger lässt Offenbachs ursprüngliche, nach 130 Jahren Aufführungsgeschichte das erste Mal verwirklichte Intention, seinem Titelhelden diese Stimmlage zuzuordnen, in den ersten beiden Akten einleuchtend erscheinen. Edgars Montvidas ist dann der dritte, klassisch als Tenor singende Hoffmann im Bunde.


FAZIT

Kosky hat diesen Offenbach erstaunlich ernst genommen. Und das war auch gut so.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Stefan Blunier

Inszenierung
Barrie Kosky

Bühne und Kostüme
Katrin Lea Tag

Licht
Diego Leetz

Chor
David Cavelius

Dramaturgie
Ulrich Lenz



Chorsolisten und Komparsen
der Komischen Oper Berlin

Orchester der Komischen Oper


Solisten

Hoffmann I (Schauspieler)
Uwe Schönbeck

Hoffmann II (Bariton)
Dominik Köninger

Hoffmann III (Tenor)
Edgaras Motvidas

Stella/Olympia/Antonia/Giulietta
Nicole Chevalier

Lindorf/Coppélius/Miracle/Dapertutto
Dimitry Ivashchenko

La Muse
Karolina Gumos

La mère d’Antonia
Karolina Gumos

Andrès/ Spalanzani/ Pitichinaccio
Peer Benz

Nathanael
Dean Power

Hermann
Tim Kuypers

Cochenille/Crespel/Peter Schlémil
Philipp Meierhöfer



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Komischen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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