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Der Wildschütz

Komische Oper in drei Aufzügen
Text vom Komponisten nach dem Lustspiel Der Rehbock oder Die schuldlosen Schuldbewussten von August Friedrich Ferdinand von Kotzebue
Musik von Albert Lortzing


In deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere an der Sächsische Staatsoper Dresden am 10. Oktober 2015
(rezensierte Aufführung: 13. Oktober 2015)


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Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Ein großes Jagen ohne richtigen Treffer

Von Joachim Lange / Fotos von Matthias Creutziger

So ein richtiger Wildschütz ist er ja nicht, dieser Schulmeister Baculus. Eher ein schrulliger Alter. Im günstigsten Fall. Der hat nicht mal wirklich den Rehbock des Grafen geschossen, der seine Hochzeitstafel ausstatten, ihn aber nun die Stelle kosten soll. Am Ende stellt sich heraus, dass es nur der sprichwörtliche Bock war, den halt jeder mal schießt. Auf der Strecke geblieben war sein eigener Esel, was ihm den kollektiven Spott von Dorf- und Schlossgesellschaft einbringt. Dass dieser Baculus ein Bedrängter ist (so eine Art biedermeierliche Ausgabe von Webers Max aus dem Freischütz) deutet Regisseur Jens Daniel Herzog in seiner gemütlich schmerzfreien Inszenierung mit einem running gag an. In der Ouvertüre wird nämlich der vermeintliche Wildschütz als Wilddieb gejagt und geht angeschossen zu Boden.

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Im Billardzimmer auf dem Schloss geht es zur Sache

Dieses Alptraumbild wiederholt sich auch dann noch einmal, als die Intrigen- und Verkleidungsfäden alle entwirrt sind, die diese komische Oper von Albert Lortzing über drei Akte hin am Laufen gehalten haben. So einigermaßen jedenfalls. Kann gut sein, dass das zu Uraufführungszeiten 1842 ein Schenkelklopfer war, zumal da der Komponist selbst den Schulmeister gab. Heute langt das bestenfalls zum Schmunzeln. Die Musik hat ihren Charme und klingt manchmal sogar dosiert gewagt, erinnert in den Chören an Zar und Zimmermann und hat einige einprägsame Hits. Aber die gesprochenen Passagen kommen auch unter Aufbietung aller schauspielerischen Talente, die vor allem Sabine Brohm als die mit Inbrunst als Schauspielerin dilettierende Gräfin und Carolina Ullrich als nervige Schulmeistersbraut Gretchen aufbieten, und die Schauspieler Oliver Breite als Faktotum Pankratius mit einer Überdosis seiner Fernsehprominenz bereichert, nicht wirklich auf Touren. Detlef Roth als Graf Eberbach (bzw. notorischer Schürzenjäger) und Steve Davislim als Baron und die für ihn vorgesehene, als Mann verkleidet anreisende Braut Emily Dorn setzten auf den Schmelz ihrer Stimmen und den Schmalz ihrer Rollen.

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Der Schulmeister, die Gräfin und das Theater der alten Griechen

Zum Sympathieträger taugt der Schulmeister jedenfalls nicht so recht. Und das nicht, weil er offenbar noch nie etwas von Sophokles und griechischem Theater gehört hat (der Gräfin gegenüber aber so tut), sondern vor allem, weil er ohne viel Skrupel seine junge Braut für 5000 Thaler an einen reichen Interessenten verhökert. Damit hat er zwar den Wiedererkennungs-Hit der Oper, in dem sich Georg Zeppenfeld dann auch stimmgewaltig ausmalt, was man damit alles machen kann. Kapitalist werden zum Beispiel. Aber aus der Selbstenthüllungsnummer kommt er nicht wieder raus.

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Tumult in der Dorfschule

Mathis Neidhardts Bühne bietet einen bedrückend niedrigen Schulraum, auf dessen Tafel sich unter all den Kritzeleien so ungefähr die Schlagworte der französischen Revolution ausmachen lassen. Das Billardzimmer im Grafenschloss ist im Gegensatz dazu nobel holzgetäfelt. Vormärz halt. Soll das wohl heißen. Die Tabledance-Verrenkungen des gräflichen Personals freilich kitzeln nichts Subversives aus dem hübschen Quartett. Und erst recht nicht aus der biedermeierlichen Gemütlichkeit.

Womöglich bis in die Gegenwart. Unter Alfred Eschwé leistet die Staatskapelle ihren Beitrag auf einem Feld, das noch im Bereich ihrer Kernkompetenz liegt. Wenn auch am Rand. Der grundsätzliche Zweifel, ob der Wildschütz das richtige Stück zur richtigen Zeit ist, befällt einen in der Pause beim Blick aus dem Fenster auf den schönsten Opernvorplatz der Welt. Wenn man daran denkt, dass dort jetzt montags Galgen für die Politelite der Republik rumgetragen werden, dann verdirbt einem dieses Draußen-Pegida-drinnen-Biedermeier sogar das gelegentlich Schmunzeln.


FAZIT

Jens Daniel Herzog kommt mit Lortzings Wildschütz an der Semperoper nicht so recht auf Touren.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alfred Eschwé

Inszenierung
Jens-Daniel Herzog

Bühne
Mathis Neidhardt

Kostüme
Sibylle Gädeke

Licht
Stefan Bolliger

Chor
Jörn Hinnerk Andresen

Choreographie
Michael Schmieder

Dramaturgie
Anna Melcher



Sächsischer Staatsopernchor

Kinderchor der
Sächsischen Staatsoper Dresden

Sächsische Staatskapelle Dresden


Solisten

Graf von Eberbach
Detlef Roth

Die Gräfin
Sabine Brohm

Baron Kronthal
Steve Davislim

Baronin Freimann
Emily Dorn

Nanette
Reinhild Buchmayer

Baculus
Georg Zeppenfeld

Gretchen
Carolina Ullrich

Pankratius
Oliver Breite

Ein Gast
Alexander Födisch



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

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