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Azucenas TraumaVon Roberto Becker / Fotos von Claudia Heysel
Unter den Opern von Giuseppe Verdi nimmt der Troubadour ungefähr den Platz ein, den Titus Andronicus unter den Dramen Shakespeares hat. Blutrünstiger geht es kaum. Im Falle von Giuseppe Verdis Oper geistert eine Frau durch das Stück, die man heute politisch korrekt Roma oder Sinti nennen würde, deren Mutter bei lebendigem Leibe verbrannt wurde, weil sie ein aufgeputschter Mob für eine Hexe hielt. Sie muss damit leben, dass sie in blinder Wut ihr eigenes Kind ins Feuer warf, das sie für den Sohn des Obersten der Mörder hielt. Immerhin zog sie dessen Sohn dann an Stelle des eigenen Kindes auf Azucena erzählt ihre Geschichte
Verglichen damit ist das, was dann auf der Bühne passiert, fast schon harmlos. Da kloppen sich nämlich, wie so oft in der Oper, der Bariton (Graf Luna) und der Tenor (der titelgebende Troubadour Manrico) um den Sopran (Leonora). Das ist in diesem Falle mit erheblichem Waffenlärm verbunden, weil der Krieg der Normalzustand ist. Der Mezzo (Azucena) steuert die Vorgeschichte der Zigeunerin bei. Leonora wiederum gibt eine Beinahe-Flucht ins Nonnendasein und schließlich so etwas wie einen Ehren-Selbstmord hinzu. Sie will sich dem Fiesling Luna hingeben, damit der ihren Liebsten Manrico am Leben und laufen lässt, bringt sich aber lieber selbst um. Punktgenau nachdem Luna Manrico schließlich umgebracht hat, lässt Azucena die Katze aus dem Sack, dass die beiden eigentlich Brüder sind. Eine Schlusspointe, die allen klar macht, wie absurd das Ganze ist. Gespannt wie ein Flitzebogen und immer schön symmetrisch
Musikalisch zündet Verdi dabei trotzt der nicht immer logischen Story dennoch (oder auch deswegen) einen Knaller nach dem anderen. Was bei Wolfgang Kluge und der Anhaltischen Philharmonie in bewährten Händen liegt. So wie der Kapellmeister des verdiaffinen Orchesters zur Sache geht, ist das ein mitreißender Verdi. Dazu bietet das Haus das erstklassige Quartett auf, dass man für diesen Reißer mindestens braucht. Ulf Paulsen verkörpert mit vollem Einsatz den finsteren Grafen Luna und lässt vor allem nach der Pause jede Angestrengtheit des Anfangs hinter sich. Iordanka Derilova ist mit Emphase jene hochdramatisch dosierte Leonora, um deren Gunst Luna mit Manrico konkurriert. Dieser Troubadour ist in der sicher strahlenden Kehle des italienischen Tenor-Gastes Leonardo Gramegna bestens aufgehoben. Der eigentliche Clou der Besetzung ist aber die Azucena von Rita Kapfhammer. Auf diesem vokalen und gestalterischen Niveau ist diese Rolle auch an größeren Häusern selten zu erleben. In Dessau sind auch die Nebenrollen, wie die Inez von Cornelia Marschall und der Ferrando von André Eckert, sorgfältig besetzt und der Chor samt Zusatzkräften von Sebastian Kennerknecht bestens einstudiert. Der muss außerdem noch eine Zusatzeinlage vor dem ohnehin schon martialisch auftrumpfenden Chor bewältigen. Worauf sich das Dessauer Publikum tolerant und willig einlässt. Ein dramatisches Finale
Die Personenregie von Rebekka Stanzel ist ein Manko dieser Inszenierung. Wirklich überzeugend greift sie nur im Falle von Azucea, weil sie ihr erlaubt, das Trauma ihrer Lebensgeschichte tatsächlich zu spielen. So gut haben es die anderen nicht. Die kommen nur selten einmal über eine konventionelle Operngeste und Herumstehen raus. Was schade ist, denn man hat vom Ring-Zyklus noch gut in Erinnerung, welches schauspielerische Potenzial gerade Ulf Paulsen und Iordanka Derilova zur Verfügung steht. Der Chor touchiert gelegentlich sogar die Parodie des Militärischen. Wenn die losmarschieren oder den Bogen spannen, sieht das eher nach Robin-Hood-Veralberung aus. Das Beste am szenischen Konzept ist noch das Bühnenbild von Ausstatter von Markus Psyall. Es ist ein düsterer Raum mit wuchtigen, aber verschiebbaren Wänden. Dazwischen deutet ein Haufen Autoreifen einen Scheiterhaufen oder bei Bedarf auch den Klosteraltar an, wenn der für die Szene gebraucht wird. Am Ende steht Leonora ganz in Weiß und als entrückte Utopie im Hintergrund, während zu ihren Füssen Graf Luna seinem Bruder Manrico die Kehle durchschneidet und Azucena über diesen Brudermord triumphiert. Als ob sie davon wirklich etwas hätte. Aber so kaputt ist halt die Welt. Im Falle Verdi darf man da sogar am Ende jubeln.
Das Anhaltische Theater hat mit diesem Troubadour auf hohem musikalischen Niveau überzeugend an ihre Verdi-Traditon angeknüpft. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Chor
Dramaturgie
Solisten
Leonora, Gräfin von Sargasto
Inez, deren Vertraute
Graf Luna
Ferrando, Hauptmann im Heer Lunas
Azucena, eine Zigeunerin
Manrico, Offizier
Ruiz, Manricos Vertrauter/
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- Fine -