Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Die Zauberflöte

Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 26. September 2015
(rezensierte Aufführung: 30.09.2015)


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Nachts im Museum

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre (Rechte Theater Hagen)

Um die verhältnismäßig große Anzahl von Opernhäusern in Deutschland zu beschreiben, wird häufig Mozarts Zauberflöte herangezogen. So heißt es, dass man sich in Deutschland, nicht fragen müsse, ob diese Oper gespielt werde, sondern eher, wie weit man fahren müsse, um eine Aufführung dieses Stückes zu erleben. Diese Aussage traf zumindest am vergangenen Samstag für alle Bewohner zwischen Hagen und Bielefeld zu, da sowohl das Theater Hagen als auch das Theater Bielefeld eine Neuproduktion von Mozarts wohl beliebtestem Werk zeitgleich auf den Spielplan gestellt hatten. Die Gefahr, dass sich das ständig vom Sparzwang bedrohte Theater Hagen und das Dreispartenhaus in Bielefeld gegenseitig die Zuschauer abwerben, dürfte allerdings aufgrund der Popularität des Stückes als gering erachtet werden.

Viel ist über die unterschiedlichen Lesarten dieser letzten Mozart-Oper in der Literatur diskutiert worden, so dass Regisseure für Neudeutungen aus einer Vielzahl von Interpretationsansätzen schöpfen können. Doch Annette Wolf interessiert sich in Hagen nicht für die Frage, ob Mozart und sein Librettist Schikaneder ihre Erfahrungen aus der Freimaurerloge in die Gestaltung der Oper haben einfließen lassen oder ob es dramaturgische Widersprüche bei der Königin der Nacht und ihrem Todfeind Sarastro gibt. Stattdessen präsentiert sie ein knallbuntes peppiges Märchen, das durch eindrucksvolle Videoprojektionen von Lieve Vanderschaeve unterstützt wird. Dabei erschließt sich zwar nicht jeder Regie-Einfall, aber im Großen und Ganzen geht Wolfs Ansatz auf.

Bild zum Vergrößern

Tamino (Kejia Xiong, links) und Papageno (Kenneth Mattice, rechts) mit den drei Damen der Königin der Nacht (von links: Veronika Haller, Kristine Larissa Funkhauser und Gudrun Pelker)

Die Handlung des Stückes wird kurzerhand in ein Museum verlegt. Hier fungieren die drei Damen der Königin der Nacht als Museumswärterinnen in froschgrünen Kostümen, die, erst wenn die Bilder im Museum zum Leben erwachen, auch selbst Teil des Stückes werden. So wird Tamino am Ende der Ouvertüre, nachdem die anderen Besucher den Raum bereits verlassen haben, von einem Bild angezogen, das die Königin der Nacht zeigt, die sich auf dem Bild dann in eine Riesenkobra verwandelt. Auch die drei Damen setzen nun einen Kobrakopf auf und kreisen den Prinzen ein, so dass er in Ohnmacht fällt. Folglich sind es zwar nicht die drei Damen, die Tamino vor der Schlange retten, aber wenn man davon ausgeht, dass die Schlange sowieso nur dazu dient, Tamino zum Handlanger der Königin zu machen, lässt sich diese Abwandlung durchaus nachvollziehen. Welche Rolle hingegen Papageno in diesem Museum zuteil wird, erschließt sich hingegen nicht genau. Ist er eine Art Straßenkünstler, der seine Bilder ebenfalls im Museum ausstellen will? Vögel fängt er jedenfalls nicht. Das Schloss vor dem Mund, mit dem die Damen ihn bestrafen, ist eines seiner Bilder, welches ihm die Damen kurzerhand über den Kopf ziehen.

Bild zum Vergrößern

Tamino (Kejia Xiong) mit der "Zauberflöte" im Wald

Die Flöte und das Glockenspiel sind keine Instrumente im eigentlichen Sinne. Während sich die Flöte, die in einem Rahmen aus dem Schnürboden herabhängt, als zweiteilige Stange entpuppt, die durch ein schmales weißes Band zusammengehalten wird, mit dem Tamino Kunststücke vollbringt, die die Tierwelt verzaubern, ist Papagenos Glockenspiel eine Art Disco-Kugel, mit der Papageno Pamina vor Monostatos und seinen Handlangern rettet. Monostatos ist auch nicht von Anfang an ein Mohr, sondern wird erst von Papageno schwarz angesprüht. Sarastro und seine Eingeweihten wirken in ihren feinen Anzügen und den hohen Hüten wie amerikanische Politiker aus dem 18. Jahrhundert. Papagena tritt zunächst als beleibte Köchin auf, die eher durch ihre quakende Stimme als durch ihr Äußeres wie ein unattraktives altes Weib wirkt. Unter diesem Kochkostüm verbirgt sich dann aber ein weibliches Pendant zu Papageno, das ebenfalls mit Sprühdosen unterwegs ist.

Bild zum Vergrößern

Sarastro (Ilkka Vihavainen) hat Pamina (Dorothea Brandt) entführt (im Hintergrund: Herrenchor).

Das Bühnenbild von Jan Bammes besteht aus zahlreichen hohen Bühnenelementen, die einerseits schnell zu neuen Räumen zusammengesetzt werden können, andererseits eine geeignete Projektionsfläche für Vanderschaeves Animationen bieten. Beeindruckend gelingt dabei der Zauberwald, in dem Tamino mit der Flöte - hier eher dem weißen Band - die wilden Tiere zähmt. Hier dürfen in der Projektion weder Elefant noch Affen oder Panther fehlen. Eine großartige Animation gelingt Vanderschaeve auch beim ersten Auftritt der Königin der Nacht. So wandert sie aus dem Bild über die Wand bis zur Tür, durch die sie dann leibhaftig auftritt. Ob man hingegen die pinkfarbenen Plüschfernseher mag, auf denen Tamino Paminas bezauberndes Bildnis gezeigt wird, ist Geschmacksache. Schöne Bilder findet Vanderschaeve auch für die Feuer- und die Wasserprobe. Hier werden zwei Bühnenelemente schräg nebeneinander geschoben, wobei sich Pamina und Tamino währenddessen hinter diesen Elementen, also im Feuer oder Wasser, befinden. Szenisch hätte man diesen Moment vielleicht eindrucksvoller gestalten können, wenn Tamino und Pamina durch die Türen dieser Elemente in die jeweilige Projektion hinein- und wieder herausgetreten wären.

Bild zum Vergrößern

Die Königin der Nacht (Cristina Piccardi, Mitte) verlangt, dass Pamina (Dorothea Brandt, rechts) Sarastro tötet (links: 1. Dame (Veronika Haller)).

Musikalisch dominieren an diesem Abend die Frauen. Cristina Piccardi präsentiert eine großartige Königin der Nacht mit sauber gesetzten Koloraturen, was sowohl ihre erste Arie "Zum Leiden bin ich auserkoren" als auch die noch berühmtere Nummer "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" betrifft. Yvonne Forster hat Piccardi dafür mit einem leuchtend grünen aufwändigen Kleid ausgestattet. Dorothea Brandt begeistert als ihre Tochter Pamina mit warmem Sopran. Innig gelingt ihr die melancholische Arie "Ach, ich fühl's" im zweiten Akt. Warum sie zum Schlafen auf einer riesigen unbequem wirkenden Nana-Figur liegen muss, ist fraglich. Aber wir befinden uns ja im Museum. Veronika Haller, Kristine Larissa Funkhauser und Gudrun Pelker gefallen als Damen der Königin der Nacht mit komödiantischem Spiel, vor allem wenn sie um die Gunst Taminos buhlen. Da kann schon einmal eine Perücke heruntergerissen werden. Die Textverständlichkeit könnte allerdings bisweilen ein bisschen ausgefeilter sein, da in der Produktion ja auf Übertitelung verzichtet wird. Amelie Petrich überzeugt als quirlige Papagena.

Bild zum Vergrößern

Papagena (Amelie Petrich) und Papageno (Kenneth Mattice)

Darstellerisch ist Kenneth Mattice für den Papageno sicherlich eine Idealbesetzung. Sein Bariton hat allerdings stellenweise Schwierigkeiten, sich gegen das Orchester durchzusetzen. So wird er stimmlich seiner Glanznummer direkt zu Beginn, "Der Vogelfänger bin ich ja", nicht ganz gerecht. Kejia Xiong hat als Tamino an diesem Abend leichte Anlaufschwierigkeiten. Sein Tenor wirkt gerade zu Beginn noch etwas belegt, bevor er im zweiten Teil doch ein wenig tenoralen Glanz verströmen lassen kann. Ilkka Vihavainen fehlt es als Sarastro an Tiefe. Während sein Bass in der Mittellage markant strömt, ist er bei den tiefen Tönen auch dann kaum zu vernehmen, wenn Florian Ludwig das Philharmonische Orchester Hagen sehr zurücknimmt. Rainer Zaun legt im Gegensatz zu Philipp Werner Sarastros Gefolgsmann als leicht reizbar und unbeherrscht an, wobei man sich sicherlich die Frage stellt, wie er bei seinem Temperament die Weihen überhaupt erhalten haben kann. Beim Orchester sind leichte Abstriche beim Blech zu machen.

FAZIT

Annette Wolf gelingt eine solide Inszenierung, die den märchenhaften Charakter des Werkes mit beeindruckenden Animationen beibehält. Als Einstiegsoper ist diese Produktion sicherlich geeignet.



Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Florian Ludwig

Inszenierung
Annette Wolf

Bühnenbild
Jan Bammes

Kostüme
Yvonne Forster

Video / Animation
Lieve Vanderschaeve

Licht
Ulrich Schneider

Chor
Wolfgang Müller-Salow

Dramaturgie
Dorothee Hannappel

 

Opernchor und Extrachor
des Theater Hagen

Philharmonisches Orchester
Hagen

Statisterie des Theater Hagen


Solisten

*rezensierte Aufführung

Sarastro
Ilkka Vihavainen

Tamino
Kejia Xiong

Sprecher, 2. Priester, 2. geharnischter Mann
Rainer Zaun

1. Priester, 1. geharnischter Mann
Philipp Werner

Königin
Maria Klier /
*Cristina Piccardi

Pamina, ihre Tochter
Dorothea Brandt

1. Dame
Veronika Haller

2. Dame
Kristine Larissa Funkhauser

3. Dame
Gudrun Pelker

1. Knabe
Neele Jacobsen /
*Nicole Naughton /
Caroline Petrich

2. Knabe
*Celina Igelhorst /
Alicia Susanna Nsukami
Milena Petrich

3. Knabe
*Fiona Feiertag /
Samra Arapi /
Ann-Kathrin Niemczyk

Papagena
*Amelie Petrich /
Maria Klier

Papageno
Kenneth Mattice

Monostatos
Richard van Gemert


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2015 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -