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Das Rheingold

Vorabend des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen
Text und Musik von Richard Wagner

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (keine Pause)

Premiere in der Oper Kiel am 26. September 2015




Theater Kiel
(Homepage)
Großartiger Ring-Auftakt im hohen Norden

Von Thomas Molke / Fotos von Olaf Struck

Eine Inszenierung von Richard Wagners Ring-Tetralogie ist für jedes Opernhaus ein aufwändiges Unterfangen. Dennoch stellen sich auch immer wieder kleinere Bühnen dieser Herausforderung, und nachdem gerade im Stadttheater Minden durch den unermüdlichen Einsatz des dort ansässigen Richard Wagner Verbandes mit zahlreichen Sponsoren und Kontakten zu Künstlerkreisen der Auftakt mit einem beeindruckenden Rheingold gemacht worden ist (siehe auch unsere Rezension), hat man nun auch in Kiel mit dem Schmieden eines neuen Ringes begonnen. In beiden Fällen soll der Zyklus bis 2018 vollendet werden. Bei einem so großen Projekt in Kiel zeichnet der Hausherr, Intendant Daniel Karasek, höchstpersönlich für die Realisierung verantwortlich, und selbstverständlich liegt die musikalische Leitung in den Händen des GMD Georg Fritzsch. Um auch überregionales Interesse für diesen Ring zu wecken, hat Karasek sich entschieden, bei seiner Umsetzung auf modernes Regietheater zu verzichten und  - ebenso wie in Minden - zahlreichen Wagner-Anhängern eine Interpretation zu bieten, die von diesen als Werktreue verstanden wird und am Premierenabend mit frenetischem Jubel für das Regie-Team bedacht wird.

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Die Rheintöchter: von links: Woglinde (Hye-Jung Lee), Floßhilde (Tatia Jibladze) und Wellgunde (Heike Wittlieb)

Schon für das Vorspiel hat Konrad Kästner eine Videoprojektion entworfen, die in beeindruckenden Bildern zum Es-Dur-Klang einen Kosmos entstehen lässt, in dem sich die folgende Geschichte abspielen wird. Georg Fritzsch zelebriert mit dem Philharmonischen Orchester Kiel die ersten Töne in einer selten erlebten Länge, bevor die Musik langsam in die wellenförmigen Bewegungen des Rheins übergeht. Dass diese Wellen besonders beim Blech nicht ganz gleichmäßig verlaufen, nimmt man bei den beeindruckenden Bildern in Kauf. Wenn sich der Vorhang dann hebt, hat Norbert Ziermann ein wunderschönes Rheinbild entworfen. Die Wasserprojektion im Hintergrund lässt den Eindruck erwecken, dass man sich in den Tiefen des Flusses befindet. Die Rheintöchter sitzen auf drei Bühnenstangen und werden auf diesen emporgezogen und wieder herabgelassen, so dass der Eindruck verstärkt wird, dass sie wirklich schwimmen. Martin Witzel taucht die Bühne in bläuliches Licht, um den Eindruck einer Unterwasserwelt perfekt zu machen. Hye-Jung Lee, Heike Wittlieb und Tatia Jibladze sind als Rheintöchter in ihren fließenden Gewändern schön anzusehen, so dass es nicht verwundert, dass sie das Interesse Alberichs auf sich ziehen. Jörg Sabrowski ist als Nachtalbe sehr hässlich zurechtgemacht, was die Abneigung der Rheintöchter mehr als nachvollziehbar macht. Der vordere Bühnenboden lässt sich leicht anschrägen, so dass Alberich wirklich versuchen kann, zu den Rheintöchtern emporzuklettern, dabei aber selbstverständlich abrutscht. Beim Spiel der Wassernixen mit dem Alben sind die Rheintöchter durch die Stangen natürlich ein wenig eingeschränkt, da sie ja nicht ihren Halt verlieren dürfen. Beeindruckend gelingt Witzels Lichtregie, wenn die Sonne das Rheingold erstrahlen lässt.

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Loge (Michael Müller, vorne rechts) berichtet vom geschmiedeten Ring (im Hintergrund: Fasolt (Timo Riihonen)).

Beim Übergang zum zweiten Bild fällt kurz der Vorhang, und eine Videoprojektion zeigt weiße Wolken als Zeichen dafür, dass man nun von den Tiefen des Rheins zu luftigen Höhen emporsteigt. Wenn der Vorhang sich dann wieder hebt, sitzen Wotan und Fricka an einem Tisch, auf dem ein Modell der Burg Walhall zu stehen scheint. Im Hintergrund befindet sich als durchscheinender Vorhang eine Art schwarzer Maschendraht. Für die Riesen hat Marc Schnittger zwei riesige Figuren entworfen, die von den beiden Sängern und weiteren Figurenspielern über die Bühne bewegt werden. Ausgeprägt sind dabei allerdings nur die durchaus markanten großen Köpfe, die starken Arme mit riesigen Pranken und die Füße. Der Rest der Figur ist nur durch ein Gerüst angedeutet, so dass die Spieler die Riesen auch bewegen können. Bemerkenswert ist, dass man schon in den Gesichtern der beiden Riesen die unterschiedlichen Charaktere ablesen kann. So wirkt Fafner, der am Ende seinen Bruder erschlägt, schon in der Mimik wesentlich kälter und berechnender als Fasolt, der nur schweren Herzens bereit ist, für das Gold auf Freia zu verzichten. Timo Riihonen und Marek Wojciechowski statten die beiden Riesen mit markantem Bass aus, wobei Wojciechowski Fafners Charakter entsprechend noch schwärzer klingt als Riihonen in der Partie seines Bruders Fasolt. Thomas Hall begeistert als Wotan mit profundem Bariton und sauber angesetzten Höhen. Cristina Melis und Agnieszka Hauzer überzeugen als Wotans Gattin Fricka und deren Schwester Freia. Michael Müller gefällt als Loge mit hervorragender Textverständlichkeit und spielt die List des Feuergottes wunderbar aus. Schön ist auch sein schwarzes Kostüm, unter dem ein rotes Gewand wie loderndes Feuer leuchtet.

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Alberich (Jörg Sabrowski, Mitte) knechtet die Nibelungen (Statisterie).

Der Abstieg nach Nibelheim im dritten Bild erfolgt nicht nur allein durch eine beeindruckende Videoprojektion, die einen an mehreren Schächten vorbei in die Tiefe hinabstürzen lässt. Wotan und Loge werden auch in einer Art Aufzug aus dem Schnürboden herabgelassen. Dann wird der Bühnenboden emporgefahren und gibt einen Blick auf den finsteren Ort frei, an dem Mime gemeinsam mit den Nibelungen für seinen grausamen Bruder schuftet. Fred Hoffmann stattet den Zwerg mit leichter Boshaftigkeit aus, so dass sich das Mitleid mit Alberichs Bruder durchaus in Grenzen hält. Alberichs Verwandlungen werden nun sehr märchenhaft inszeniert. Wenn er sich zunächst in den Riesenwurm verwandelt, wird die Bühne in Nebel getaucht, und man sieht einen riesigen Schweif, der immer wieder auf die Bühne peitscht. In der Mitte der Bühne krabbeln zwei Echsenfüße aus der Tiefe, und inmitten des Nebels schimmern bedrohliche Flügel eines Drachen. Dass Wotan und Loge dieses Schauspiel mit ausgelassenem Lachen kommentieren, verwundert ein wenig, da es durchaus glaubhaft umgesetzt wird. Regelrecht komisch wird dann die Verwandlung in die Kröte. Passend zum Takt hüpft das kleine Tier wie von Geisterhand geführt über die Bühne, bis Loge und Wotan sie ergreifen und mit ihr wieder aus Nibelheim emporklettern.

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Erda (Rena Kleifeld, Mitte links) warnt vor dem Ring (auf der linken Seite von links: Donner (Tomohiro Takada), Froh (Yoonki Baek), Fricka (Cristina Melis), Wotan (Thomas Hall), auf der rechten Seite von links: Freia (Agnieszka Hauzer), Fasolt (Timo Riihonen) und Fafner (Marek Wojciechowski)).

Schweren Herzens muss Alberich nun seinen Schatz den Göttern überlassen und belastet den Ring mit dem Fluch, der ihn bis zur Götterdämmerung verfolgen wird. Sabrowski gefällt dabei stimmlich mit kräftigem Bariton. Aus Goldbarren wird dann anschließend ein Turm vor Freia errichtet, um die Göttin der Jugend auszulösen. Bei Erdas Auftritt wird die Bühne in rotes Licht getaucht. Rena Kleifeld stattet die Urwala mit sattem Mezzo und hervorragender Textverständlichkeit aus. Auch optisch zeigt sie einige Reize, die verständlich machen, dass Wotan später nicht nur Wissen von ihr erlangen will, sondern auch noch mit ihr die Walküre Brünnhilde zeugt. Widerwillig übergibt Wotan den Riesen mit dem Hort auch den Ring, und der Fluch beginnt. Fafner erschlägt seinen Bruder Fasolt, was von den Figurenspielern mit den riesigen Händen beeindruckend umgesetzt wird. Es folgt Donners großer Auftritt. Mit kräftigem Bariton zerschlägt Tomohiro Takada die Nebel und gibt den Blick auf die Burg Walhall frei. Der löchrige schwarze Vorhang im Hintergrund wird emporgezogen und gibt den Blick auf mehrere Walhall-Modelle frei, die auf quaderförmigen Podesten stehen. Dann lässt eine erneute Videoprojektion die Burg auf der Rückwand in leuchtenden Farben entstehen. Fritzsch setzt mit dem Philharmonischen Orchester Kiel alles daran, diesen Einzug der Götter bombastisch und pompös zu untermalen. So endet der Abend genauso atemberaubend, wie er begonnen hat, und das Publikum überhäuft das komplette Ensemble mit zahlreichen,  verdienten Bravorufen.

FAZIT

Wer klassische Produktionen liebt, sollte sich dieses Rheingold im hohen Norden keinesfalls entgehen lassen. Für Wagner-Anhänger und "Ring"-Touristen ist diese Inszenierung ein Muss und lässt schon sehnsüchtig die Fortsetzung mit der Walküre im März 2016 erwarten.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Georg Fritzsch

Regie
Daniel Karasek

Bühne
Norbert Ziermann

Kostüme
Claudia Spielmann

Lichtgestaltung
Martin Witzel

Video
Konrad Kästner

Großfiguren und Choreographie
Figurenspieler
Marc Schnittger

Dramaturgie
Cordula Engelbert


Philharmonisches
Orchester Kiel

Statisterie des Theaters Kiel


Solisten

Wotan
Thomas Hall

Donner
Tomohiro Takada

Froh
Yoonki Baek

Loge
Michael Müller

Alberich
Ks. Jörg Sabrowski

Mime
Fred Hoffmann

Fasolt
Timo Riihonen

Fafner

Marek Wojciechowski

Fricka
Cristina Melis

Freia

Agnieszka Hauzer

Erda
Rena Kleifeld

Woglinde

Hye-Jung Lee

Wellgunde
Ks. Heike Wittlieb

Floßhilde
Tatja Jibladze

Spielerinnen und Spieler der
Riesen- und Lindwurm-Figuren
Denis Adutwum
Werner Frerichs
Raphaela Kühl
Andrey Rudnev
Christoph Schedler
Karen Schiricke
Isaak Thiesen

 


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Kiel
(Homepage)




Da capo al Fine

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