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Ernani

Oper in vier Akten
Libretto von Francesco Maria Piave nach dem gleichnamigen Drama von Victor Hugo
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache mit französischen, niederländischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 50' (eine Pause)

Koproduktion mit der Opéra de Monte-Carlo

Premiere  im Théâtre Royal de Liège am 24. September 2015

 



Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)

Operndrama in pompöser Ausstattung

Von Thomas Molke / Fotos von © Opéra de Wallonie - Lorraine Wauters


Acht Jahre ist es her, dass Jean-Louis Grinda sich mit einer großartigen Inszenierung von Arrigo Boitos Mefistofele als Intendant der Opéra Royal de Wallonie aus Liège verabschiedete, um den gleichen Posten an der Opéra de Monte-Carlo zu übernehmen. Nun kehrt er zurück, zwar nicht als Intendant, sondern als Regisseur einer Verdi-Oper, die heutzutage eher selten auf den Spielplänen zu erleben ist: Ernani, Verdis fünfte Oper, die mit einem sensationellen Erfolg bei der Uraufführung 1844 in Venedig nach dem mit großer Begeisterung aufgenommenen Nabucco zwei Jahre zuvor endgültig Verdis Durchbruch als international gefeierten Opernkomponisten markierte. Aufgrund der zahlreichen musikalischen Höhepunkte kennt man Auszüge aus diesem Stück größtenteils aus diversen Gala-Konzerten, da Regisseure vor dem Stück mit seinem relativ konventionellen musikdramaturgischen Muster und den kaum nachvollziehbaren Figuren eher zurückschrecken, wenn sie das Stück nicht der Lächerlichkeit preisgeben wollen. Aber Grinda, der kein Freund des modernen Regietheaters ist, scheut sich nicht, eine absolut abstruse Handlung auf die Bühne zu stellen, ohne sie dabei zu entfremden, und erntet vom Premierenpublikum dafür frenetischen Beifall.

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Elvira (Elaine Alvarez, vorne rechts) träumt von einer glücklichen Zukunft mit Ernani (in der Mitte: Giovanna (Alexise Yerna) und links: Damen des Chors).

Das Libretto von Francesco Maria Piave basiert - wie Verdis sieben Jahre später uraufgeführte Oper Rigoletto - auf einem Drama von Victor Hugo: Hernani ou L'Honneur castillan. Hier lieben gleich drei Männer dieselbe Frau, Elvira. Da ist zunächst ihr Onkel, der spanische Grande Don Ruy Gomez de Silva, der aufgrund seines Alters und Titels einen Anspruch auf die Nichte erhebt. Doch Elvira liebt den jungen Ernani, der als Bandit in den Bergen von Aragon eine Räuberbande anführt, nachdem sein Vater, der Herzog von Aragon, vom König entmachtet und getötet worden ist. Ernani will Rache für den Tod seines Vaters an dem neuen König Don Carlo, dem späteren Kaiser Karl V., nehmen, der ebenfalls Elvira begehrt. Die Pläne der drei Rivalen, sich gegenseitig zu duellieren, werden mehrere Male durchkreuzt, bis schließlich Carlo Elvira als Geisel nimmt, da Silva sich weigert, Ernani an den König auszuliefern. Obwohl Silva eigentlich plant, Ernani zu töten, verbündet er sich nun mit seinem Widersacher gegen den König, wobei Ernani Silva ein Jagdhorn mit dem Schwur übergibt, dass er, Ernani, sofort Selbstmord begehen werden, wenn Silva das Horn blase. Inzwischen wird Carlo zum Kaiser gekrönt. Als er einen Anschlag unter der Leitung von Silva und Ernani vereiteln kann, will er Ernani töten lassen. Doch Elvira fleht um Gnade für den Geliebten. Daraufhin lässt Carlo diesen nicht nur frei, sondern rehabilitiert den entmachteten Herzog von Aragon als erste Amtshandlung eines gnädigen Kaisers und gewährt ihm Elviras Hand. Einer glücklichen Heirat würde nun nichts mehr im Wege stehen, hätte Ernani nicht Silva den Schwur gegeben. Kurz nach der Hochzeit lässt Silva das Horn ertönen und zwingt Ernani damit zum Selbstmord.

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Don Ruy Gomez de Silva (Orlin Anastassov) will seine Nichte Elvira (Elaine Alvarez) heiraten.

Das Regie-Team um Jean-Louis Grinda setzt dieses Drama in einem pompösen Bühnenbild und traditionellen Kostümen um, was Anhänger des modernen Regietheaters sicherlich als "museal" kritisieren würden. Isabelle Partiot-Pieri kreiert mit einem schräg über der Bühne angebrachten großen Spiegel beeindruckende Bilder. Dies gilt sowohl für den ersten Akt, wenn Elvira von einer glücklichen Zukunft mit Ernani träumt und sich das grünliche Muster des Bodens und die zahlreichen Dienerinnen an der Bühnendecke spiegeln, als auch im dritten Akt, wenn Don Carlo am Grab Karls des Großen auf das Urteil der Kurfürsten wartet, die den neuen Kaiser wählen. In großen Lettern wird in einem Halbrund der Name Karls des Großen im Spiegel über dem Eingang zur Gruft reflektiert. Wenn Don Carlo dann zum neuen Kaiser ausgerufen wird, erscheint wie von Zauberhand auch sein Name an der Bühnendecke. Silvas Palast im zweiten Akt ist mit großen Säulen ausgestattet, auf denen unterschiedliche Büsten angebracht sind. Im letzten Akt gaukelt ein geschwungenes helles Tuch mit goldenen Sternen einen strahlenden Himmel über dem Liebesglück vor. Doch wenn Silva das Horn ertönen lässt und Ernani sich ersticht, stürzt das Tuch die Figuren in rabenschwarze Nacht, und über der Szene thront nur noch Don Carlo als neu gekrönter Kaiser. Die Kostüme von Teresa Acone sind ebenfalls aufwändig gestaltet und unterstreichen diesen konventionellen Ansatz.

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Elvira (Elaine Alvarez) und Ernani (Gustavo Porta) wollen entfliehen.

Musikalisch hat der Abend Licht- und Schattenseiten, wobei stimmlich zumindest am Anfang die Schatten überwiegen. Der Herrenchor der Opéra Royal de Wallonie und Gustavo Porta haben als Räuberbande und Ernani nach einer fulminant von Paolo Arrivabeni am Pult des Orchesters der Opéra Royal de Wallonie dirigierten Ouvertüre keinen allzu guten Start. Der Chor, der hinter einem durchscheinenden Prospekt aufgestellt ist, durch den während der Ouvertüre Elvira als Vision wandelt, wirkt im Vergleich zum Orchester zu leise. Porta, der die Titelpartie leicht baritonal gefärbt anlegt, hat gerade zu Beginn mit den Höhen enorme Probleme, so dass seine Stimme stark wackelt. Tenoralen Glanz sucht man in seiner Auftrittskavatine "Come rugiada al cespite", in der er den Räubern seinen Plan kundtut, die geliebte Elvira entführen und sie so aus den Klauen des alten Onkels entreißen zu wollen, vergeblich. Auch Elaine Alvarez als Elvira hat leichte Anlaufschwierigkeiten. In der berühmten Kavatine "Ernani! involami", in der sie sich wünscht, von Ernani befreit zu werden, überwiegt noch ein zu starkes Vibrato, das allerdings im weiteren Verlauf des Abends nachlässt. Orlin Anastassov stattet ihren Onkel Don Ruy Gomez de Silva mit schwarzem Bass aus, der vor allem in den Tiefen über eine abgrundtiefe böse Schwärze verfügt. In der höheren Lage fängt Anastassovs Stimme allerdings leicht zu flackern an.

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Vorläufiges glückliches Ende für Ernani (Gustavo Porta, links) und Elvira (Elaine Alvarez), während Don Carlo (Lionel Lhote, Mitte rechts) zum neuen Kaiser aufsteigt

Zum Publikumsliebling avanciert an diesem Abend Lionel Lhote als Don Carlo. Wenn er in seiner großen Kavatine im dritten Akt, "Oh de! Verd'anni miei" kurz vor seiner Krönung zum Kaiser nahezu wehmütig an seine Jugend zurückdenkt und plant, als neuer Kaiser mit einer gerechten Herrschaft in die Geschichtsbücher einzugehen, geht Lhotes Interpretation unter die Haut und führt dazu, dass das Publikum dem Orchester den leisen Ausklang der Kavatine vergönnt und schon bei Lhotes Abgang in frenetischen Jubel verfällt. Auch das Schlussterzett des dritten Aktes mit Alvarez und Porta lässt die anfänglichen Mängel vergessen. Hier scheint Porta zu einer besseren Form gefunden zu haben, so dass auch sein bewegendes Gebet kurz vor seinem Selbstmord zu einem Höhepunkt des Abends avanciert. Alexise Yerna gefällt in der Partie der Amme Giovanna ebenso wie Carmelo de Giosa und Alexei Gorbatchev als Schildknappen Riccardo und Jago. Auch der Chor beweist im dritten Akt mit dem patriotischen Aufruf "Si ridesti il leon di Castiglia" kurz vor dem geplanten Anschlag auf Don Carlo, dass er stimmgewaltig mit dem Orchester mithalten kann. So gibt es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten.

FAZIT

Jean-Louis Grinda beweist den Mut, diese absolut abstruse Geschichte konventionell in einer pompösen Ausstattung auf die Bühne zu bringen und wird dafür vom Publikum mit großem Jubel bedacht.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Paolo Arrivabeni

Inszenierung,
Jean-Louis Grinda

Bühnenbild
Isabelle Partiot-Pieri

Kostüme
Teresa Acone

Licht
Laurent Castaingt

Chorleitung
Pierre Iodice

 

Chor der
Opéra Royal de Wallonie

Orchester der
Opéra Royal de Wallonie


Solisten

Ernani oder Jean d'Aragon, Bandit
Gustavo Porta

Elvira, Nichte und Verlobte von de Silva
Elaine Alvarez

Don Ruy Gomez de Silva, spanischer Grande
Orlin Anastassov

Don Carlo, König von Spanien
Lionel Lhote

Giovanna, Elviras Amme
Alexise Yerna

Riccardo, Schildknappe des Königs
Carmelo de Giosa

Jago, Schildknappe bei de Silva
Alexei Gorbatchev

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

(Homepage)



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