Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Un ballo in maschera (Ein Maskenball)

Oper in drei Akten
Text von Antonio Somma nach Eugène Scribes Drama Gustav III. ou le bal masqué
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Uraufführung am 6. März 2016 an der Bayerischen Staatsoper München




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Die Schatten an der Wand

Von Roberto Becker / Fotos von Wilfried Hösl

Musikalisch ist dieser neue Münchner Maskenball ein Fest. Was vor allem an der glänzenden vokalen Ausstattung liegt, die sich die Bayerische Staatsoper gönnt, wenn denn schon mal Zubin Mehta in den Graben und zu seinem einstigen Orchester zurückkehrt. Der lässt denn auch die Musik lustvoll aufleuchten, bricht den großen Bogen immer wieder gekonnt mit den verspielten Einlagen, in denen es leicht operettig wird.

Vergrößerung in neuem Fenster

Riccardo inmitten lauter Bittsteller

Für dieses Changieren zwischen auflodernder Leidenschaft und leichtem Spiel hat er das richtige Ensemble und einen fabelhaften Chor zur Verfügung. Das beginnt mit der eindrucksvoll orakelnden Okka von der Damerau als einer Ulrica, die durchweg stimmliche Präsenz mit darstellerischem Charisma verbindet. Es geht weiter mit dem für Simon Keenlyside eingesprungenen, mit eleganter Eloquenz aufwartenden George Petean als Renato und einer wunderbar koloraturleichten Sofia Fomina als Page Oscar. Bis hin zu der sorgfältigen Besetzung der Verschwörer Silvano und Samuel mit Andrea Borghini und Anatoli Sivko sowie aller anderen kleinen Nebenrollen. Die Krönung aber ist das tragische Liebespaar, das nicht zueinander finden kann. Als Amelia übertrifft sich Anja Harteros selbst. Sicher in der Höhe, mit der Fähigkeit, ihre Stimme perfekt aufleuchten zu lassen, gestaltet sie die innere Zerrissenheit einer Frau zwischen zwei Männern höchst glaubwürdig. Und Piotr Beczala ist dafür der dosiert schmachtende und sicher schmetternde, vor seiner eigenen Skrupellosigkeit erschreckende und doch gerne mit dem Feuer spielende Riccardo. Kurzum: Die musikalische Seite des Abends ist beglückend und wurde vom Premierenpublikum entsprechend quittiert.

Foto

Das Orakel und die Schatten an der Wand

Die verditypische Melange aus Polit- und Psychothriller verschieben Regisseur Johannes Earth und sein Ausstatterduo Heike Scheele und Gesine Völlm deutlich in das Private der Dreiecksbeziehung Riccardo - Amelia - Renato. Ein quasi metaphorisches Riesenbett steht (unabhängig vom im Libretto vorgesehenen Ort) nicht nur im Zentrum der ambitioniert opulenten Bühne, sondern findet sich spielgelbildlich noch einmal an der Decke. Was wohl auf projizierte Obsessionen oder Ängste verweisen soll. Ist Riccardo allein auf der Bühne bzw. in diesem Bett, dann sieht man oben an der Decke die von ihm ersehnte Amelia auf dem Bett sitzen. Wenn die Attentäter ihr Komplott schmieden, dann sieht man Riccardo wie ein Mordopfer über dem Bettrand hängend an der Decke.

Erath zieht sich überhaupt auf das Spiel mit sichtbaren Doppelgängern zurück. So kann Riccardo sein Schlusswort aufrecht und auf der großen Treppe ins Publikum singen, während ein Double auf dem Bett sein Leben aushaucht und sich der Vorhang schließt. Hier dominieren überhaupt Frack, Zylinder auf der geschwungenen Freitreppe und der seidene Morgenmantel des mächtigen Hausherren. Politik findet eher draußen statt. Wir bekommen es nur mit der Verschwörung zu tun, bei der offen bleibt, wer da nun eigentlich im Recht ist.

Vergrößerung in neuem Fenster

Ulrica über den Köpfen

Vom politisch explosiven Bezug der Geschichte, die sich auf ein reales Attentat auf den Schwedenkönig Gustav III. 1792 bezog, musste schon Verdi selbst bekanntlich abrücken, weil ein Königsmord auf der Bühne nicht sein durfte. Insofern ist Erath mit seinem Schritt in die private Menage a trois konsequent. Doch die szenische Lösung beginnt so schwungvoll selbstverliebt wie die schicke Freitreppe und verhakt sich dann so inkonsequent in der Idee der Spiegelung des Obsessiven wie die Treppe in der Decke endet. Ohne dass die im oberen Teil wirklich zum Spiegelbild wird.

Foto

Amelia - die Frau zwischen zwei Männern

Der Chor wird zwar durch eine gekonnte Choreographie und gelegentliches Einfrieren der Bewegung konsequent als Außenwelt stilisiert. Überzeugender wäre er allerdings als Rahmen für eine konkret erzählte Geschichte und nicht nur als Zugabe für die Projektionen der Innenwelt an die wehenden Vorhänge. So wird aber auch die Opulenz der Kostüme von Gesine Völlm zur bloßen Maskerade.

Ein gespiegeltes Treppenhaus allein ist halt noch keine Alptraumdeutung. Auch im Detail bleibt manche Frage offen. Dass diese Amelia schon das Kissen in der Hand hat, um ihren Ehemann zu ersticken, ist weder physisch noch psychologisch irgendwie einleuchtend. Und dass die Sängerin des Oscar ihre Hosenrollenidentität aufgibt, sich Renato gegenüber als Frau zu erkennen gibt und ihn küsst, schießt wie ein plötzlicher willkürlicher Einfall ohne weitere Folgen in die Szene.

FAZIT

Der neue Münchner Maskenball ist musikalisch ein Glanzstück dessen szenische Opulenz freilich so diffus bleibt wie die wehenden Vorhänge, die sie umspielen.



Die Neuproduktion von Un ballo in maschera wird am 18. März 2016 ab 22.10 Uhr kostenlos und in voller Länge auf STAATSOPER.TV übertragen - darüber hinaus ist die Übertragung eine Woche lang on demand verfügbar.



Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Zubin Mehta

Inszenierung
Johannes Erath

Bühne
Heike Scheele

Kostüme
Gesine Völlm

Licht
Joachim Klein

Video
Lea Heutelbeck

Chor
Sören Eckhoff

Dramaturgie
Malte Krasting



Chor der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Riccardo
Piotr Beczala

Renato
George Petean

Amelia
Anja Harteros

Ulrica
Okka von der Damerau

Oscar
Sofia Fomina

Silvano
Andrea Borghini

Samuel
Anatoli Sivko

Tom
Scott Conner

Oberster Richter
Ulrich Reß

Diener Amelias
Joshua Owen Mills


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2016 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -