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Musiktheater
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Così fan tutte

Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Lorenzo Da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 15'  (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Theater Münster am 19. Dezember 2015

Logo: Theater Münster

Theater Münster
(Homepage)
Liebe in Zeiten der Aufklärung

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Oliver Berg

Wann ist eine Partnerschaft eigentlich glücklich? Für den aufgeklärten, Mozart und Da Ponte sponsernden Kaiser Joseph II. gehörte die arrangierte Ehe wahrscheinlich nicht dazu. Er beendete in seiner Regentschaft Folter und Leibeigenschaft. Er stärkte Gleichheit, Toleranz, Religionsfreiheit und löste auch die Institution Ehe aus den Bindungen der Kirche, machte Scheidung möglich. 1790, im Todesjahr des Kaisers, wird die letzte der Mozart-Da Ponte-Opern Così fan tutte uraufgeführt. Passend zum weihnachtlichen Familienfest zeigt das Theater Münster eine stimmige, abwechslungsreiche Inszenierung, die sich in detaillierter Personenregie mit dem Thema auseinandersetzt. Zwei Männer verkleiden sich und prüfen die Treue ihrer jungen Verlobten. Liebe, Erotik und Lust, Partnerschaft und Treue – Themen wie diese, aber auch andere, für manch einen ganz private Versuchungen, Ängste, Ansichten und Fragen werden in diesem Dramma giocoso neu und nicht nur für die damalige Zeit ungewöhnlich offen beleuchtet.

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1. Akt: der Abschied (Youn-Seong Shim, Lisa Wedekind, Birger Radde, Sara Rossi Daldoss)

Regisseur Andreas Rosar zeigt die künstliche Treueprobe aus der Perspektive einer zeitlosen Gesellschaft, die Individualität nicht kennt. Fiordiligi und Dorabella werden im Duett der zweiten Szene wie wandelnde Barbiepuppen im Schlafzimmer eingeführt. Sie schmachten das Porträt des Verlobten an und träumen von einer baldigen Hochzeit. Geschickt nutzt Rosar einen Gardinenvorhang, der passend zur Musik zunächst den Blick auf Bett und Schlafzimmer geheimnisvoll verdeckt, um anschließend zum geschwisterlich neckisch konkurrierenden Spiel umfunktioniert zu werden, jugendliche  Verspieltheit vor Augen zu führen und seelischer Anker während des gesamten Dramas zu sein.

Eingefasst von einem barocken, goldenen Bilderrahmen hat Martin Warth, der auch für die anspielungsreichen Kostüme verantwortlich zeichnet, eine neutral gehaltene, erhöhte  Theaterbühne konstruiert, die sich je nach Szene in verschiedene Spielwiesen wie Schlafzimmer, Sandkasten oder Pool verwandelt. Eine Rampe vor dem Orchestergraben sorgt für weitere, spielfreudige Darbietungsmöglichkeiten. Sie wird vor allem von Eva Bauchmüller in der Rolle der spritzigen Despina genutzt, um mit  klangvollem, beweglichen Sopran und Anschauungsbeispielen aus dem Publikum für die vergnüglichen, sinnlichen Seiten der Liebe zu werben und nicht nur die Schwestern Dorabella und Fiordiligi zum Flirten zu animieren.

Rosar konzentriert das Drama auf kammerspielartige Begegnungen, in denen heiteres  Spiel und ernste Wirklichkeit aufeinander prallen. Die Chorszene „Bella vita militar“ bleibt instrumental. Auch sie spielt im Schlafzimmer. Passend zum Inhalt des Liedes werden die selbstzufrieden Abschied nehmenden Guglielmo und Ferrando mit wechselnden Partnerinnen im Bett gezeigt, während Fiordiligi und Dorabella aufgewühlt und verwirrt erstarren, weil ihre Liebsten eingezogen werden sollen.

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2. Akt: Despina und Don Alfonso laden zur Reise ins Liebesparadies (Eva Bauchmüller, Youn-Seong Shim, Gregor Dalal, Birger Radde)

Verstellung, Parodie, wahr und falsch. Immer wieder zeigt Rosar in detaillierter Personenregie die fließenden Grenzen auf. Lebendig und wirklichkeitsnah erklingen die Rezitative und Zwiegespräche, meisterlich unterstützt von Daniel Klein am Hammerklavier. Welch individuelles, seelisches Drama das Spiel am Ende mit sich bringen kann, wird im Fiordiligi-Rondò „Per pietà, ben mio, perdona“ musikalisch anschaulich vor Augen geführt. Sara Rossi Daldoss bittet anrührend - erst im Liegen, sich dann langsam aufrichtend und im Da Capo mit zahlreichen Koloraturen bestärkt - ihren abwesenden Verlobten um Verzeihung. Passend besetzt auch die übrigen Gesangspartien. Bariton Gregor Dalal gibt den wissenden, mit Geld um sich werfenden Don Alfonso. Befremdlich und tiefgründig zugleich will Bariton Birger Radde es ihm gleichtun, wirft weiße Rosen ins Publikum, wenn er in seiner Arie “Donne mie, la fate a tanti“ klangschön und kraftvoll die Frauen anklagt, statt sich mit seinem Freund Ferrando auseinanderzusetzen. Mit kopfstimmig gefärbtem Stimmklang weiß Tenor Young-Seong Shim als Ferrando die Frauen zu verführen. Ebenso überzeugt Lisa Wedekind als Dorabella. Duette, Terzette, Sextette und spritzige Rezitative – nahtlos und kontrastierend in der Tempogestaltung fließen die unterschiedlichen Nummern ineinander. Hier und da kam es während der Premiere zu kleinen Abstimmungsproblemen zwischen Bühne und Orchester, die jedoch durch große Spielfreude und Ausdrucksgestaltung von Gesangssolisten und Orchester wettgemacht wurden.

FAZIT

Mit einer in Besetzung, Bühne, Kostüme, Regie und musikalischer Gestaltung ansprechenden Inszenierung gelingt dem Theater Münster endlich wieder eine überzeugende  Operndarbietung.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Fabrizio Ventura

Inszenierung
Andreas Rosar

Bühne & Kostüme
Martin Warth

Dramaturgie
Margit Poremba
/
Jens Ponath

 

Statisterie des Theater Münster

Sinfonieorchester Münster

Hammerflügel
Daniel Klein/ Elda Laro

 

Solisten

Fiordiligi
Sara Rossi Daldoss

Dorabella
Lisa Wedekind

Guglielmo
Birger Radde

Ferrando
Youn-Seong Shim

Despina
Eva Bauchmüller

Don Alfonso
Gregor Dalal


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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