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Wenn die Welle wogt und die Wolken zieht
Von Roberto Becker / Fotos von Donata Wenders
Als Daniel Barenboim mit Doris Dörrie Cosi fan tutte auf die Bühne der Lindenoper brachte, gab es dafür nicht nur Lob. Die Filmfrau hatte sich wohl zu freimütig über ihr gerade erst erwachendes Verhältnis zu Oper geäußert. Aber eine kurzweilige Inszenierung war es allemal (und bislang sogar ihre beste). Dass Barenboim nach neuen Regietalenten sucht und sein Intendant Jürgen Flimm ihn machen lässt, spricht für die Offenheit der beiden alten Opern-Hasen. Es hätte ja auch gut gehen können mit Wim Wenders. Das Risiko wurde durch den Medienrummel im Vorfeld ausgeglichen. Außerdem: wer wenn nicht Berlin mit seinen drei großen Opernhäusern sollte sich so ein Experiment leisten? Wenn Wenders inszeniert und erzählt, wie er ausgerechnet auf Georges Bizets Opernerstling aus dem Jahre 1863 gekommen ist, dann schafft es Oper sogar mal wieder in die Kultursendungen des Fernsehens. Zwei Freunde treffen sich wieder - und noch ist alles in Ordnung.
Falls sich ein Kinogänger so zu einem Opernbesuch verführen lässt, wäre das ein Gewinn. Nur müsste man ihm sagen: Das, was Du da zu sehen bekommst (wenn du nicht unterwegs sanft entschlummerst), hat mit dem multimedialen Gesamtkunstwerk Oper, wie es auch in Berlin die Leute mitunter provoziert oder beglückt, rein gar nichts zu tun. Wenn die Sopranistin, die die Rolle einer auf Keuschheit eingeschworenen Priesterin auf einer Südseeinsel zu singen hat, dabei mit großem Abendkleid auf leerer Bühne ein Pathos der Gesten zelebriert, die Hände ringt, die Arme in die Luft wirft und mit ihrem Kleid herumwirbelt, wie man es von den Aufnahmen der Callas kennt, dann läuft das nur bei Wenders unter Oper. Dass er (wie viele andere) auch als Filmemacher auf die Idee kommt, einen Vorspann und dann Orientierungshilfen wie die Nummer des jeweiligen Aktes und der Tableaus auf einem Zwischenvorhang zu projizieren, liegt auf der Hand. Wenn es denn nur wirklich die so versprochenen eindrucksvollen Bilder gäbe! Gerne auch opulent illustrierend. Oder gegen den Strich. Ganz egal. Nur irgendwas, was mehr als Rumstehen und mal Hin- und Herlaufen ist. Die Unbekannte Schönheit unter dem Schleier ist gar nicht so unbekannt.
Im Schillertheater gibt es diesmal nichts dergleichen. Und da (zu) viele Leerstellen bleiben, fängt man an, sich darüber zu wundern, wieso der Chor gebannt aufs Meer blickt und die Ankunft der Wunderpriesterin erwartet, und die dann an der Seite eines alten Herrn mit Bart und im Pilgerlook (es ist Wolfgang Schöne als Nourabad) von hinten kommt. Und man fragt sich, was das wohl für eine Insel sein muss, auf der meisten Bewohner rothaarig sind. Und man staunt über die Vehemenz, mit der sie die fremde, verschleierte Frau erschlagen wollen, als sie das Keuschheitsgelübde bricht. Zumindest singen sie davon und heben vielsagend die Arme. Bei einem solchen Ausbremsen wenigstens noch finstre Miene zum (kaum vorhandenen) bösen Spiel zu machen und sich dabei im Laufe des Abends mit dem Gesang bemerkenswert zu steigern, ist die Leistung des von Martin Wright einstudierten Staatsopernchores, die Beifall verdient. Wie natürlich auch die Staatskapelle und Barenboim für seine ersten Perlenfischer. Er sorgt im Graben dafür, dass Francesco Demuro (als Nadir) und Olga Peretyatko-Mariotti (fabelhaft sicher als Leila) sich am Ende doch noch kriegen. Nicht ohne dass die beiden bei einem heimlichen Rendezvous erwischt und beinahe vom ganze Dorf erschlagen werden. Was nur dadurch verhindert wird, weil der Chef des Ganzen (und Jugendfreund Nadirs) Zurga (nobel kernig: Gyula Orendt) im letzten Moment jene Perlenkette Leilas erkennt, die er einst seiner Lebensretterin umgehängt hat, und das Dorf zur Ablenkung ansteckt. Beim Filmemacher Wenders gibts natürlich auch Filmsequenzen.
Vielleicht war der Abend aber gar nicht die große Opernschlaftablette? Sondern eine Parodie, die gegen eine Konvention gerichtet war? Und sollte damit einer glaubwürdigen Menschendarstellung auf der Bühne ein Tor geöffnet werden? Das hatte einst schon Walter Felsenstein gemacht. Es ist immer noch der Haupteingang, begreift man die Oper als Gesamtkunstwerk! An diesem weit geöffneten Tor ist Wenders irgendwie vorbeigelaufen. Er hat stattdessen die Pforte zum Archiv mit den erledigten Vorgängen genommen. FAZITKino-Ikone Wim Wenders versucht sich im Schillertheater mit seinem Operndebüt an Georges Bizets Perlenfischern und überhebt sich dabei gründlich. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Video
Licht
Chor
Dramaturgie
Solisten
Leila
Nadir
Zurga
Nourabad
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