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Schwanensee

Ballett in vier Akten von Marius Petipa, Lew Iwanow und J. Grigorovitsch
Libretto von Vladimir Begitschev und Vasily Geltser
Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky

Aufführungsdauer: ca. 2h 25' (eine Pause)

Aufführung des Russischen Nationalballetts im Ruhrcongress Bochum am 20. Februar 2017

 



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Traditioneller Klassiker mit Happy End

Von Thomas Molke / Fotos: © agenda production

Das klassische Handlungsballett mit perfektioniertem Spitzentanz hat auch heute noch eine große Fangemeinde, die von den zahlreichen Ballettcompagnien in Nordrhein-Westfalen leider eher selten bedacht wird. Entweder sind die Compagnien zu klein und würden auch gar nicht über die finanziellen Mittel verfügen, ein klassisches Handlungsballett in seiner ganzen Pracht auf die Bühne zu bringen, oder sie haben stilistisch eine ganz andere Ausprägung. Von daher ist es gut, dass tourende Ballett-Compagnien vornehmlich aus dem osteuropäischen Raum mit Aufführungen an wechselnden Orten ermöglichen, die Klassiker in traditioneller Form auch einmal live zu erleben. Natürlich muss man hierbei Zugeständnisse machen. So verfügen die Compagnien nicht über ein Orchester, und man muss mit Musik vom Band vorlieb nehmen, was in der besuchten Aufführung im Ruhrcongress Bochum durch den scheppernden Klang der Einspielung den tänzerischen Genuss ein wenig trübt. Auch die Bühne wirkt etwas lieblos in den Raum geworfen und scheint für die Compagnie in ihren Ausmaßen ein bisschen ungewohnt zu sein. Der begeisterte Applaus des Publikums, das zwar für einen Montag zahlreich erschienen ist, aber bei weitem nicht alle Plätze in der großen Halle füllt, verebbt ein wenig in den Tiefen des Raumes.

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Odette und der Prinz beim traumhaften Pas de deux am See

Sieht man von diesen Einschränkungen ab, kann man mit dem in den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts von Maris Liepa gegründeten Russischen Nationalballett traumhaft schönen Spitzentanz der Extraklasse erleben. In märchenhaften Kostümen präsentieren die Tänzerinnen und Tänzer Tschaikowskys Schwanensee, das Ballett aller Ballette, in einer Fassung, die selbstbewusst zum Kitsch der Vorlage steht und moderne Umdeutungen der Handlung vermeidet. Da die Bühne keine Umbauten ermöglicht, wird für alle vier Akte ein Bühnenprospekt als Hintergrund verwendet, der eine Meeresbucht mit mehreren Felsen zeigt. Auf der rechten und linken Seite rahmen grüne Blätterranken die Bühne ein. Das passt natürlich optisch besser zum zweiten und vierten Akt am See und wirkt im Palast des Prinzen ein wenig befremdlich, wird allerdings durch eine geschickte Lichtregie ausgeglichen. So erscheint im zweiten und vierten Akt ein riesig leuchtender Mond am Prospekt, der mit jeder Menge Bühnennebel den Prinzen Siegfried in die geheimnisvolle Welt der Schwäne eintauchen lässt. Die Tänzerinnen begeistern in ihren weißen Tutus als grazile Schwäne mit fließenden, homogenen Bewegungen.

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Die vier kleinen Schwäne

Beim Fest zur Feier von Prinz Siegfrieds Volljährigkeit im ersten Akt ist vor allem Sergei Fedorkov als Narr hervorzuheben. Mit expressiver Körpersprache animiert er das Publikum zum Mitklatschen und sorgt bei den ansonsten recht steifen Feierlichkeiten für große Komik. So himmelt er eine Tänzerin beim Pas de trois an und versucht, sie ihrem Begleiter auszuspannen. Dabei entzieht sich die Dame jedoch immer geschickt seinen Avancen. Kirill Sofronov legt den Prinzen Siegfried melancholisch und nachdenklich an. So verwundert es nicht, dass es ihn zum Schwanensee zieht. Dort begegnet er dann auch Veronika Zemlyakova, die als Odette auf Spitze regelrecht durch den Raum schwebt. Ihre Bewegungen wirken beinahe schwerelos, und so überzeugt sie im ersten großen Pas de deux mit Sofronov durch atemberaubende Grazilität. Es folgt die neben dem Hauptthema wohl berühmteste Szene mit den vier kleinen Schwänen, die mit präzisen und absolut homogenen Bewegungen über die Bühne tänzeln. So erntet die berühmte Nummer frenetischen Beifall. Auch die folgende Tanznummer der drei großen Schwäne begeistert durch feinen Spitzentanz.

Nachdem Siegfried seiner Odette ewige Treue geschworen hat, geht es zurück ins Schloss. Es folgt der Aufmarsch der potenziellen Bräute im vierten Akt. Auch hier kündigt Fedorkov die ankommenden Bewerberinnen vor ihrem jeweiligen Tanz mit komödiantischen Einlagen an und persifliert dabei auch nationale Eigenheiten. So wirken die folgenden fünf Tänze, bei denen die Compagnie durch große Eleganz überzeugt, nicht so zusammenhanglos im Ablauf der Geschichte. Im Anschluss erscheint dann Rotbart mit seiner Tochter Odile. Zemlyakova gelingt es, den düsteren Charakter des schwarzen Schwans ebenso überzeugend herauszuarbeiten wie die Reinheit Odettes. Sergei Skvortsov legt den Zauberer Rotbart mit diabolischen Zügen an. Während seine Tochter im Pas de deux Siegfried verzaubert, flirtet er mit dessen Mutter (Liubov Lysak), so dass sie dem Wunsch ihres Sohnes, der dunklen Odile sein Herz zu schenken, nur zu gerne nachkommt. Erst jetzt erscheint in einer kurzen Sequenz Odette im Hintergrund und klagt Siegfried wegen des gebrochenen Schwurs an.

Völlig verzweifelt eilt er zurück zum See, doch die übrigen Schwäne verhindern seine Zusammenkunft mit der enttäuschten Odette. In seinen Sprüngen wirkt Sofronov ein wenig unsicher und angestrengt, was allerdings auch mit den Bühnenverhältnissen in Bochum zusammenhängen kann. Der finale Kampf zwischen Siegfried und Rotbart (Skvortsov hier mit großartigen Sprüngen) wird dann sehr schnell abgehandelt, wobei gar nicht richtig klar wird, wieso es Siegfried eigentlich gelingt, den bösen Zauberer zu besiegen und dessen Bann zu brechen. In der Aufführung entscheidet man sich für das Happy End der Geschichte. Dabei befreit Siegfried nicht nur Odette von ihrem Schwanendasein, sondern auch die anderen weißen Schwäne verwandeln sich am Ende in Menschen zurück. So gibt es am Ende großen Applaus für knapp zweieinhalb Stunden bezaubernden Spitzentanz.

 

FAZIT

Die märchenhafte traditionelle Umsetzung trifft den Kern von Tschaikowskys traumhafter Musik. Wenn diese jetzt noch live zu hören wäre, wäre der Abend perfekt.


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Produktionsteam

Eine Produktion des
Russischen Nationalballetts

 

 

Tänzerinnen und Tänzer

*rezensierte Aufführung

Odette / Odile
Olga Pavlova /
Olha Doronina /
Tatiana Kainova /
*Veronika Zemlyakova

Rotbart, Zauberer
Sergey Smirnov /
*Sergei Skvortsov /
Voldymyr Bezin /
Kirill Sofronov

Siegfried
Sergei Skovortsov /
Sergey Smirnov /
*Kirill Sofronov

Zeremonienmeister
Maxim Pavlov /
*Stas Vidloha

Pas de trois
Vladyslava Vasylieva /
*Olga Pavlova
Olha Doronina /
*Evgeniia Tcyrenova
Varvara Garagulya /
Elena Ershova /
*Ekaterina Razgovorova

Siegfrieds Mutter
Liubov Lysak

Der Narr
*Sergei Fedorkov /
Oleksandr Pokotilov

Vier Schwäne
*Ekaterina Razgovorova
* Evgeniia Tcyrenova
*Vladyslava Vasylieva
*Varvara Garagulya
Yu Yokono

Drei Schwäne
*Galina Salimova
*Olha Doronina
Olga Pavlova
Mariia Chernova
*Elena Ershova

Ungarische Braut
*Galina Salimova /
Olha Doronina

Neapolitanische Braut
Ekaterina Razgovorova

Polnische Braut
Vladylslava Vasylievai

Russische Braut
*Olga Pavlova /
Elena Ershova

Spanischer Tanz
Varvara Garagulia
Albert Salimov
Mariia Chernova
Volodymyr Bezin
Maxim Pavlov

Corps de Ballet des
Russischen Nationalballetts
 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



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